Finsterau. Was in einem Bayerwald-Dorf keinesfalls fehlen darf, ist freilich ein Wirtshaus. Ein Ort des Zusammentreffens, der Geselligkeit, der Kommunikation, des Feierns, des Essens und Trinkens. Das war immer schon so – und ist auch heute noch so. Im zweiten Teil unserer Hog’n-Serie über die Höfe und Häuser im Freilichtmuseum Finsterau stellen wir das Wirtshaus „Ehrn“ vor, das in der Nähe von Dörfl bei Kollnburg im Regen stand.
Erbaut wurde das Gebäude im Jahr 1840 an einer Straßenkreuzung in der Gemeinde Kollnburg als zweigeschossiges Wohnstallstadelhaus: das Erdgeschoss gemauert, das Obergeschoss samt Giebl in Holzblockbauweise und der Stadel als verbretterter Ständerbau; am Giebelschrot ist eine ornamentale Zimmermannsmalerei zu finden.
Ein Ort der Geselligkeit und Herberge für Reisende
Abgebaut wurde das Wirtshaus 1976 – und drei Jahr später wieder in Finsterau aufgebaut. Die Einrichtung der Wirtsstube stammt aus Wirtshäusern in Oberösterreich sowie dem Landkreis Freyung-Grafenau. „D’Ehrn“ erfreut heute jedoch nicht nur die Museumsgänger, sondern auch all diejenigen, die den kulinarischen Köstlichkeiten des Bayerischen Waldes zugetan sind: In der gemütlichen Tafernwirtschaft, seit vielen Jahren betrieben von Familie Kröber, werden den Gästen im rustikal-modernem Ambiente allerlei boarische Schmankerl kredenzt. Im Obergeschoss wurde 2007 die „Außergefilder Stube“ mit Kleinbühne sowie eine Schänke eingerichtet. Im Stadelbereich gibt es für die Buben und Mädchen sogar einen Schlechtwetterspielplatz.
Zu den einstigen Besuchern des Wirtshauses zählten Bauern und Handwerker aus der Umgebung genauso wie Fuhrleute, die auf der Straße unterwegs waren. Die dazugehörige Landwirtschaft diente der Selbstversorgung der Wirtsleute, die Schweine wurden nachhaltigerweise mit Küchenabfällen gefüttert. Die Ehrn war ein Ort der Geselligkeit und Herberge für Reisende – und ist nach wie vor ein Ort für Familienfeste und Feiern.
Zum Wirtshaus gehörte nur wenig Grund und Boden. Und es heißt, dass die Ehrn ständig bei ihrem Bierbrauer verschuldet war. Trotzdem ist anzunehmen, dass die Gastwirtschaft immer ein recht ertragreiches Geschäft ergab. Denn gerade die Bauweise des Hauses mit seinen dicken Mauern, den großen Fenstern und der mit Zierarkaden verbretterten Brüstung des Schrots zeugen vom Selbstbewusstsein und dem Repräsentationswillen der Eigentümer.
Die Musikkapelle als gern gesehener Gast
Über der Wirtshausstube befindet sich im Obergeschoss ein Tanzsaal mit einigen Tischen, einer umlaufenden Bank und einem Musikpodium. In der Wirtsstube ist ein gemütlicher Kachelofen mit reich „gemodeltem“ Aufsatz und Wandkästchen in neogotischem Dekor verbaut. Daneben wurde ein Stüberl eingerichtet, wie es vor der Übertragung 1992 bestanden hatte.
Am alten Standort gehörten auch einige Nebengebäude zur Wirtschaft, die nicht mit übertragen werden konnten: ein Schlachthaus zum Schlachten der hauseigenen Schweine, ein Eiskeller zur Lagerung von Eisblöcken während des Sommers und auf der anderen Seite der Straße eine Kegelbahn mit einem Salettl, in dem sich die Schützen zu ihrer Gesellschaft zusammenfanden. Häufig zu Gast in der Ehrn war auch die Musikkapelle aus dem nahen Kirchaitach.
da Hog’n
Die Informationen stammen aus dem Buch „Freilichtmuseum Finsterau – Die Bauernhäuser und ihre Geschichte“ von Martin Ortmeier; Dietmar Klinger Verlag, Passau, 2009. ISBN 978-3-932949-87-6