Haidmühle. Für viele überraschend ist Anfang September Haidmühles Bürgermeister Heinz Scheibenzuber von seinem Amt zurückgetreten (da Hog’n berichtete). Und weil es ihm sein Stellvertreter Martin Herbst gleichtat, sitzt seit einigen Wochen Roland Schraml am Rathaus-Schreibtisch. Der Gemeinderat hat ihn zum Zweiten Bürgermeister und damit zum aktuellen Chef der Gemeinde gewählt. Nun sollen bald die Bürger entscheiden und die Frage klären: Wird Roland Schraml auch Erster Bürgermeister?
Am 3. Dezember tritt der 51-jährige IT-Unternehmer als einziger Kandidat zur Neuwahl in Haidmühle an. Der gebürtige Bischofsreuter gilt als bekanntes Gesicht, ist Mitglied des Gemeinderates, engagiert sich bei der Feuerwehr, spielt Tuba bei der „Bischofsreuter Blemusi“ und ist vielen in der Region durch sein IT-Geschäft in Freyung bekannt. Im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n berichtet Roland Schraml, wie er die Gemeindepolitik in den nächsten zweieinhalb Jahren gestalten möchte, wenn er zum Rathaus-Chef gewählt wird.
„Ich persönlich hatte nie ein Problem mit Heinz Scheibenzuber“
Herr Schraml: Was qualifiziert Sie für das Amt des Bürgermeisters?
Ich bringe eine gewisse Ruhe mit aufgrund meiner Erfahrung in der Führung von Mitarbeitern in meinem Unternehmen – und inzwischen auch durch ein gewisses Alter. Ich habe mich vor einigen Jahren ja schon mal zur Wahl gestellt. Wenn ich zurückblicke: Da war ich nicht so ruhig gewesen wie jetzt, sondern aufgeregter. Ich hatte mir damals immer wieder die Frage gestellt: Mache ich alles richtig? Aber wenn man älter wird, weiß man: Man wird einen Weg und eine Lösung finden.
Was waren aus Ihrer Sicht gänzlich neue Aufgaben, als Sie vor ein paar Wochen die Leitung der Gemeindeverwaltung übernommen haben?
Kommune ist eine andere Welt, wenn man sie mit der freien Wirtschaft vergleicht. Ich komme aus einem IT-Unternehmen, wir sind nahezu komplett digitalisiert. Davon ist die Kommune ein Stück weit entfernt.
Ich will die Gemeinde aber auch nicht zu einem Unternehmen umbauen. Die Abläufe in der Verwaltung sind einfach anders. Weil wir z.B. für viele Projekte Förderungen beantragen müssen; weil vieles in Abstimmung mit dem Gemeinderat passiert. Dieser ist für mich das entscheidende Gremium. Der Bürgermeister ist die ausführende Kraft. Der Gemeinderat sollte alle Informationen haben und alles mittragen, was der Bürgermeister macht.
Der Rücktritt von Heinz Scheibenzuber kam für viele sehr überraschend. Für Sie auch?
Ja, es war auch für mich ein sehr überraschender Zeitpunkt. Ich habe es im ersten Moment nicht verstanden, warum Heinz zurückgetreten ist. Ich habe versucht ihn zu überreden, dass er weitermacht – und da war ich nicht der Einzige. Wenn man so ein Amt übernimmt, dann ist man für einen gewissen Zeitraum gewählt worden, die Leute haben Vertrauen in einen gesetzt. Das habe ich ihm auch gesagt. Ich persönlich hatte nie ein Problem mit ihm. Wir hatten Meinungsverschiedenheiten, aber das ist im Gemeinderat ja völlig legitim.
„Wollten diese Streitereien nicht mehr haben“
War für Sie danach gleich klar, dass Sie sich zur Wahl stellen möchten?
In den Wochen danach war nicht geplant, dass ich das Amt des Zweiten Bürgermeisters übernehme – oder für das Amt des Ersten Bürgermeisters kandidiere. Man hat einfach in vielen Gesprächen in den Vereinen und mit den Gemeindebürgern überlegt: Wer hat denn bei den letzten Wahlen kandidiert? So kam ich ins Gespräch, vorerst das Amt des Zweiten Bürgermeisters zu übernehmen. In dieser Situation war für mich auch eine klare Entscheidung gefallen: Ich kandidiere ebenso für das Amt des Ersten Bürgermeisters.
Momentan sitzen Sie im Gemeinderat für die Junge Liste, kandidieren aber für die CSU als Erster Bürgermeister. Wieso?
Man ist an mich herangetreten und hat gefragt, ob ich mich als CSU-Kandidat zur Wahl stellen würde. Und ich sagte: Warum nicht! Die Kontakte sind da. Ich bin seit zehn Jahren Mitglied der CSU. Ich kenne u.a. Olaf Heinrich und Sebastian Gruber gut – und komme sehr gut mit ihnen aus.
Ich möchte ein Stück weit auch verbinden. Wir haben innerhalb der Gemeinde-Ortsteile immer wieder kleinere Querelen. Das konnte ich nie so recht verstehen. Die Junge Liste ist ein unabhängiger Zusammenschluss, den wir vor drei Wahlperioden gegründet haben, da wir diese Streitereien nicht mehr haben wollten. Dass ich jetzt als Bischofsreuter für die CSU kandidiere, wird dem ein oder anderen nicht gefallen, aber ich fände es gut, wenn ein ganz normales Verhältnis untereinander in der gesamten Gemeinde entsteht.
Aus den Reihen der amtierenden CSU-Gemeinderäte gab es niemanden, der kandidieren wollte?
Es gab jemanden, der bereit gewesen wäre, das Amt des Zweiten Bürgermeisters zu übernehmen. Für ihn kam aber nicht in Frage, als Erster Bürgermeister zu kandidieren. Ich konnte mir das sehr wohl vorstellen. Ich hätte aber kein Problem damit gehabt, wenn es einen anderen Kandidaten gegeben hätte. Für die Gemeinde engagiere ich mich schon lange – ob mit oder ohne Amt.
Kindergarten und Kläranlage: Endlich vorankommen
Sie sind der einzige Kandidat für die Wahl am 3. Dezember. Die anderen Fraktionen haben keine Kandidaten aufgestellt. Hätten Sie sich Konkurrenz gewünscht?
In der aktuellen Situation nicht. Wir reden von zweieinhalb Jahren, dann wird ohnehin wieder gewählt. Hauptaufgabe ist jetzt erstmal, sich einzuarbeiten und die bestehenden Projekte ordentlich weiter abzuwickeln. Jetzt zusätzlich große Projekte in den nächsten zweieinhalb Jahren aufs Tableau zu bringen, finde ich nicht gut. Wir sollten diejenigen Vorhaben, die schon angestoßen wurden, weiter durchführen. Stichwort Kindergartenanbau: Damit waren bereits zwei Bürgermeister vor mir beschäftigt. Stichwort Kläranlage: Das zieht sich schon seit Jahrzehnten hin. Diese Dinge gehören nun endlich abgeschlossen bzw. energisch angegangen.
Am Ende hängt es immer am Geld und den Fördermitteln. Mein Job ist, dass wir in dieser Hinsicht weiterkommen. Der Bürgermeister ist nicht nur der Leiter der Verwaltung, sondern muss vor allem versuchen, Gelder für die einzelnen Maßnahmen herbeizubringen.
Das größte Projekt, das Heinz Scheibenzuber in seiner Amtszeit angestoßen hatte, ist die Kneippgemeinde. Wie geht es hier jetzt weiter? Ist etwas geplant?
Nein, es ist nichts geplant. Ich bin Mitglied im Gemeinderat und habe das Projekt mitgetragen. Ich finde, wenn ein Mensch eine Vision hat, die er umsetzen will, dann sollte man das unterstützen. Aber die Kneippanlagen sind nicht meine Vision. Ich trage das gerne mit, wir werden die Anlagen natürlich weiter unterhalten. Ich persönlich werde aber nicht derjenige sein, der sich darum kümmert.
Digitalisierung der Verwaltung als Ziel
Das heißt: Ein Bürgermeister, der überall in der Gemeinde selbst mitanpackt – wie es bei Heinz Scheibenzuber der Fall war – sind Sie eher nicht?
Nein. Weil ich das nicht als meine Aufgabe ansehe. So, wie es den Metzger gibt, der für die Wurst zuständig ist, einen Bäcker, der für das Brot zuständig ist, so gibt es in der Gemeinde Verwaltungs- und Bauhofmitarbeiter für bestimmte Tätigkeiten. Heinz ist ein sehr fleißiger und engagierter Mensch. Aus meiner Sicht hat er sieben Tage die Woche 24 Stunden gearbeitet. Nur: Wenn man sieben Tage die Woche 24 Stunden arbeitet, dann wird’s schwierig…
Was sind Ihre Schwerpunkte?
Eine Vision für die Zukunft habe ich: Ich will mehr Digitalisierung in die Verwaltung einbringen, will sie effektiver machen und den Service erhöhen. Ich werde definitiv eher der Verwalter sein. Das hört sich inzwischen irgendwie negativ an. Aber aus meiner Sicht will der Bürger, dass die alltäglichen Aufgaben der Gemeinde erledigt werden. Für mich ist der „Rahmen“ wichtig: die Straße, der Gehweg, die Verwaltung, der Bauhof. Das alles muss laufen und funktionieren.
Ich möchte Nahwärme ins Rathaus bringen, also dass wir über Fernwärmeleitungen von einem zentralen Heizgebäude aus versorgt werden. Die Breitbandversorgung werden wir weiter ausbauen. Die Ortsdurchfahrt Haidmühle erneuern. Es läuft bereits viel im Hintergrund. Der Durchbruch am Adalbert-Stifter-Radweg in Frauenberg muss endlich wieder befahrbar gemacht werden. Es ist ein großer Stapel, der abgearbeitet werden muss, bevor komplett neue Dinge angegangen werden können.
Sein Wunsch: kein weiterer Rechtsruck
Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, welche wären dies?
Dass wir für die Themen Kläranlage, Kindergarten und Radwege hohe Fördergelder, so genannte Bedarfszuwendungen, bekommen, damit die Belastung für die Gemeinde und für die Bürger nicht so hoch wird. Dass kein Krieg zu uns kommt und dass wir als Gesellschaft nicht noch weiter nach rechts rutschen.
Da hoffen wir mit ihnen. Vielen Dank fürs Gespräch und alles Gute.
Interview: Sabine Simon