Hinterschmiding. Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es – auch in der Gemeinde Hinterschmiding. Mit Hubert Blöchl, Andreas Breit und Fritz Raab waren drei Kandidaten zur Kommunalwahl angetreten, um die Nachfolge von Heinrich Lenz unter sich auszumachen. Vor der Stichwahl zwischen Blöchl und Raab loderte ein kleineres bis größeres Feuer innerhalb der Gemeinde – vor allem der Graben zwischen den Ortsteilen Hinterschmiding und Herzogsreut schien damals unüberwindbar. Doch mittlerweile haben sich die Wogen geglättet, wie es scheint. Fritz Raab (52), vorher stellvertretender Geschäftsleiter der Stadt Freyung, sitzt nun auf dem Rathaus-Sessel – und seine früheren Wahlkampf-Kontrahenten sind inzwischen seine Stellvertreter. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der Neu-Bürgermeister über die hektische Zeit vor den Wahlen, über das Verhältnis der einzelnen Ortsteilbürger und über das immer noch „heiße Pflaster“ Philippsreut…
„Die Stadt Freyung habe ich mit etwas Wehmut verlassen“
Herr Raab: Wie geht’s Ihnen als frisch gebackener Bürgermeister der Gemeinde Hinterschmiding?
Offen gesagt: Es ist schon eine Umstellung für mich. Als Rathaus-Chef habe ich – im Gegensatz zu meiner vorherigen Aufgabe als Verwaltungsbeamter der Stadt Freyung – die volle Verantwortung für alles.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem früheren Arbeitgeber?
Freilich. Ich habe es meiner Nachfolgerin Carolina Fesl angeboten, dass sie mich bei Fragen immer anrufen kann. Die Stadt Freyung war für mich ein sehr guter Arbeitgeber – weshalb ich die dortige Verwaltung auch mit etwas Wehmut verlassen habe. Meine ehemaligen Kollegen werde ich daher nicht im Stich lassen, wenn es Fragen zu verschiedenen Themen, für die ich bisher verantwortlich war, gibt. Auch deshalb nicht, weil die Einarbeitungszeit für meine Nachfolgerin mit einer Woche ein bisschen arg kurz war…
Kommen wir zur jüngsten politischen Vergangenheit: Heiß her ging’s in der Gemeinde Hinterschmiding während des Bürgermeister-Wahlkampfes. Wie beurteilen Sie diese Zeit aus heutiger Sicht?
Wir drei Bürgermeister-Kandidaten, also Hubert Blöchl, Andreas Breit und ich, hatten ein gutes, offenes Verhältnis – und haben’s auch immer noch. Wie es aber während eines Wahlkampfes durchaus üblich ist, sind von Seiten verschiedener Anhänger der einzelnen Lager gewisse Zwistigkeiten in die Welt gesetzt worden.
Vor allem Ihr Vorgänger Heinrich Lenz soll sich nicht unbedingt als Ihr größter Fan geoutet haben…
Wir haben ein normales Verhältnis. Bedingt durch seinen Urlaub war aber der Übergang nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Die Einweisung dauerte gerade mal drei Minuten – da hätte ich mir doch ein bisschen mehr erwartet… (kurze Pause) Bei bestimmten Vorgängen, um die sich in der Vergangenheit ausschließlich der Bürgermeister gekümmert hat, fehlt mir momentan noch das Hintergrundwissen – das muss ich mir nun selber erarbeiten.
„Es war mein Wunsch, dass Hubert Blöchl mein Stellvertreter wird“
Was hat das zur Folge? Wendet man sich dann bei speziellen, verwaltungstechnischen Fragen etwa an andere Bürgermeister-Kollegen?
Auch, ja… Zu meinem früheren Chef, Dr. Olaf Heinrich, hatte ich bisher aber keinen Kontakt. Ich treffe mich zurzeit hingegen mit vielen Ingenieuren und Fachleuten, die mich zum Beispiel in Sachen Breitband sowie Abwasser- und Wasserversorgung auf den neuesten Stand bringen können.
Sie fangen also bei „Null“ an?
So kann man es sagen, ja.
Mit Hubert Blöchl aus Herzogsreut und Andreas Breit aus Vorderschmiding sind ja nun ausgerechnet Ihre Gegenkandidaten zu Ihren Stellvertretern bestellt worden. War das Absicht?
Das war mein Wunsch, ja. Schon in der Wahlnacht habe ich die Aussage getroffen, dass sowohl Hubert als auch Andreas meine Vertreter werden sollen. Diesbezüglich führte ich mit den beiden Gespräche und habe sie gefragt, ob sie diese Posten übernehmen möchten. Vor allem Hubert war ja unmittelbar nach der Wahl noch unschlüssig, ob er sein Mandat antreten will. Ich habe ihn dann eindringlichst gebeten, er soll in den Gemeinderat gehen – der Bürger erwartet das so.
Welcher Bürger erwartet das? Der Herzogsreuter – oder der Hinterschmidinger Bürger?
… (mit Nachdruck) die komplette Gemeinde. Hubert hatte sowohl in Hinterschmiding als logischerweise lokalbedingt auch in Herzogsreut viele Stimmen erhalten. Deshalb war es mir ein großes Anliegen, dass er mein Stellvertreter wird.
„Manche haben schlichtweg ein bisschen übertrieben“
Aber zweifelsohne ist zwischen den beiden Ortsteilen Herzogsreut und Hinterschmiding während des Wahlkampfs „böses Blut“ geflossen – oder sehen Sie das anders?
(beschwichtigend) Böses Blut ist nicht geflossen, nein. So schlimm war es dann doch nicht… Manche Befürworter der jeweiligen Kandidaten haben es schlichtweg ein bisschen übertrieben. Bestimmte Gruppierungen oder Einzelpersonen kann man da nicht hervorheben. Aber wie gesagt: Während des Wahlkampfs sind solche Scharmützel vollkommen normal, wie ich finde.
Wie versuchen Sie die Gegenpole Herzogsreut und Hinterschmiding nun wieder zusammenzuführen?
Da gibt es keine Gegenpole. Herzogsreut gehört zur Gemeinde Hinterschmiding so wie jeder andere Ortsteil auch. Und jeder Ortsteil wird gleich behandelt – egal ob Sonndorf, Kaining oder eben Hinterschmiding und Herzogsreut. Ich bin Bürgermeister der Gemeinde Hinterschmiding – und nicht des Ortsteils Hinterschmiding alleine. Eines meiner großen Anliegen wird sein, auf die Leute zuzugehen und direkt mit ihnen zu sprechen – was bisher ausschließlich auf positive Ressonanz gestoßen ist. Dass ein Herzogsreuter mit Hubert Blöchl einen Einheimischen wählt, ist vollkommen normal – so würde es doch jeder machen. Ich habe deshalb jetzt aber nicht das ganze Dorf gegen mich…
Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen den Herzogsreutern und Hinterschmidingern?
Eigentlich gibt es hier keine Unterschiede. In den nächsten Wochen und Monaten möchte ich das Miteinander weiter stärken – vor allem hinsichtlich der Vereinsarbeit der beiden Dörfer. Das wäre ein erster Anfang.
Zwist in Philippsreut: „Das hat einen faden Beigeschmack“
Ein „heißes Pflaster“ ist derzeit die Gemeinde Philippsreut, die ja mit Hinterschmiding eine Verwaltungsgemeinschaft bildet. Nach wie vor gibt es dort Streitigkeiten zwischen den Lagern Knaus und Weishäupl. Ihre Meinung dazu?
Ehrlich gesagt: Ich kann das alles nicht verstehen. Der Wähler hat so entschieden – und das muss man nun auch mal akzeptieren. Deshalb unterstütze ich den neuen Bürgermeister Helmut Knaus, wo es nur geht.
Seine Wahl zum Bürgermeister kam dann aber auch für Sie überraschend, nicht?
Durchaus, ja. Im Vorfeld der Kommunalwahlen habe ich mir aus zeitlichen Gründen darüber jedoch keine Gedanken gemacht. Irgendwie hatte ich dennoch damit gerechnet, dass Christian Weishäupl als bisheriger Stellvertreter neuer erster Bürgermeister von Philippsreut werden wird. Sein Verhalten nach der Wahl finde ich nicht richtig – das hat einen faden Beigeschmack und sieht nach verletzter CSU-Eitelkeit aus. Aber: Es geht nun nicht mehr um das Persönliche, sondern um was Wohl der Gemeinde – und da muss man an einem Strang ziehen. Klar ist nämlich auch: Läuft es in Philippsreut nicht gut, hat das auch direkte Auswirkungen auf die Gemeinde und Verwaltungsgemeinschaft Hinterschmiding.
Wann beruhigt sich die Situation an der Grenze wieder?
(überlegt) …da ich ein paar Internas weiß und einige Gerüchte im Umlauf sind, kann und will ich dazu nichts sagen. Ich hoffe nur, dass sich das Thema bald erledigt hat.
„Wir haben zu wenig eigenes Wasser – Fernwasser ist zu teuer“
Zurück zur Gemeinde Hinterschmiding: Was haben Sie in den nächsten Jahren alles geplant? Welche Ziele verfolgen Sie?
Wir haben Arbeit en masse. Großes Thema ist und bleibt weiterhin der Breitbandausbau – ein wichtiger Faktor, sowohl für das Gewerbe als auch für die Privathaushalte. Zudem muss vor allem die Abwasser- und Wasserversorgung teilweise erneuert werden. In diesem Zusammenhang müssen auch einige Quellen saniert werden, denn: Wir haben zu wenig eigenes Wasser – und Fernwasser ist einfach zu teuer.
Kanal, Straße, Breitband – das gehört ja zum „täglich Brot“ eines jeden Bürgermeisters. Welche Projekte haben Sie sonst noch in Aussicht?
Touristisch wird es keine großen Neuerungen geben, die Gemeinde ist dafür einfach zu klein. Und größere Freizeit-Attraktionen lässt die Kasse nicht zu. Da wir eine sehr beliebte Wohngemeinde sind, gilt es, die Grundversorgung – sprich: Wasser, Abwasser und Internet – zu sichern. Ein großer Pluspunkt wird die unmittelbare Nähe zur B12 sein. Zusammen mit den Bürgermeistern der angrenzenden Gemeinden möchte ich dort ein gemeinsames Gewerbegebiet errichten. Deshalb möchte ich auch der ILE Wolfsteiner Waldheimat beitreten, um so die Zusammenarbeit weiter zu forcieren.
Wie würden Sie sich selbst einschätzen: Sehen Sie sich eher als innovativer Bürgermeister oder als Verwalter?
Ich denke, ich bin eine Mischform. Mehr als 20 Jahre in der Verwaltung kann man nicht einfach so ablegen – das möchte ich auch gar nicht. Aufgrund meiner Erfahrung im Landratsamt und insbesondere die der Stadt Freyung kann ich für die Gemeinde und auch für die Verwaltungsgemeinschaft viel Geld einsparen, weil ich meine Vorkenntnisse nahezu in gesamten Verwaltungsbereich einsetzen kann.
„Manchmal wird dann eben am Esstisch diskutiert“
Abschließende Frage: Ihr Sohn Andreas ist Bauhofleiter, Sie sind ihr Vorgesetzter. Wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen beiden?
Ich bin seit jeher ein Mensch, der auf Teamarbeit setzt. Wir treffen uns mindestens dreimal am Tag, bisher und sicherlich auch weiterhin funktioniert unsere Zusammenarbeit sehr gut. Es ist auch nicht unüblich, dass Vater und Sohn in einem Unternehmen tätig sind – ich sehe diese Konstellation nicht vom Nachteil an. Freilich hatten wir alles schon im Voraus besprochen – und manchmal wird dann eben am Esstisch diskutiert und eine sogenannte Dienstbesprechung abgehalten.
Herr Raab: Wir wünschen Ihnen das berühmt-berüchtigte „glückliche Händchen“ für Ihre Arbeit als Bürgermeister. Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer