Viechtach/Daxstein. Christian „ChriSch“ Schmidt, Gerhard Lutz, Alexandra Geyermann und Hermann Ritterswürden – so heißen die Protagonisten der ersten drei Bände mit dem Titel „Künstlerinnen & Künstler in Ostbayern„, die im lichtung verlag erschienen sind und von Dieter Oehms herausgegeben wurden. Der 82-Jährige und seine Frau Ellen haben im Laufe der Jahrzehnte eine beachtliche Anzahl an Kunstgegenständen im heimischen Daxstein am Fuße des Brotjacklriegels gesammelt. Diese werden nun auch der Öffentlichkeit in Form der Bücher zugänglich gemacht.
„Für mich als Kunstbegeisterten geht es nicht darum, beliebig Stücke zusammenzutragen. Vielmehr sehe ich in der Sammlung Oehms eine persönliche Herzensangelegenheit“, sagt Dieter Oehms, dessen berufliches Leben weitgehend von Musik und der Liebe zur Kunst geprägt war. Von 1965 bis 1989 war er in der Musikbranche tätig, unter anderem als Geschäftsführer des Klassiklabels „Deutsche Grammophon“ und des Medienkonzerns „Polygram„.
„Ein Zustand, der bis heute anhält“
Seitdem der 1941 in Manderscheid in der Eifel geborene Kunstliebhaber vor vier Jahren in den (Un-)Ruhestand getreten ist, hat er sich intensiv dem weiteren Ausbau der privaten Sammlung gewidmet. Darunter befinden sich zahlreiche Werke von Kunstschaffenden aus der Region Ostbayern, was insbesondere der großen Zuneigung des Ehepaars Oehms zu diesem Landstrich geschuldet ist. Das bisherige Gästehaus in Daxstein wurde dafür eigens zum Galeriehaus umgestaltet. Darin beherbergt sind diverse Stücke, die teils von Ohems selbst in Auftrag gegeben wurden und im privaten Rahmen für Künstler, Partner und Freunde des Hauses zugänglich sind.
Um auch die Allgemeinheit daran teilhaben zu lassen, ist die Idee zur Buchreihe „Künstlerinnen & Künstler in Ostbayern“ entstanden, die mit Glaskünstler „ChriSch“ aus Rabenstein bei Zwiesel (da Hog’n berichtete bereits über ihn) im vergangenen Jahr ihren Anfang nahm. Christian Schmidt ist vor allem durch seine garvierten Gläser und Vasen bekannt geworden, aber auch einige seiner Zeichnungen und Gemälde werden in dem Band gezeigt. ChriSch ist international anerkannt, mit unzähligen Preisen bedacht und in Museen und Galerien auf der ganzen Welt vertreten. „Die Phantasiegestalten im Klarglasbecher, ein wahres Markenzeichen von ChriSch, haben uns sofort fasziniert – ein Zustand, der bis heute anhält“, gerät Dieter Oehms ins Schwärmen.
Der zweite Band befasst sich mit dem Niederalteicher Keramikkünstler Gerhard Lutz, der die perforierte Kugel zu seinem Lebensthema gemacht hat. Lutz‘ Werke sind geometrischen Körpern oder Objekten aus der Natur nachempfunden, erinnern an Früchte oder Pilze. Oehms Begeisterung für die Arbeiten von Alexandra Geyermann und Hermann Ritterswürden, die Hauptakteure des dritten Bandes, begann im Herbst 2020.
Maritime Objekte sind ein Markenzeichen von Ritterswürdens Schaffen. „Einige seiner Werke aus diesem Genre sind heute Bestandteil unserer Sammlung“, schildert Dieter Oehms, den mit Alexandra Geyermann ihr ausgeprägtes Engagement für historische Frauenschicksale verbindet.
„Das passt wie die Faust aufs Auge“
Der lichtung verlag, der die Kunstsammlung Oehms zu Papier gebracht hat, war schnell als Kooperationspartner gefunden. Wir haben uns mit Geschäftsführerin Kristina Pöschl über das Projekt unterhalten:
Wie bedeutsam ist die Kunstreihe „Künstlerinnen & Künstler“ in Ostbayern für den lichtung verlag?
Für uns ist es großartig, dass mit der Reihe „Künstlerinnen & Künstler in Ostbayern“ aus der Sammlung Oehms die Kunst in unserem Buchprogramm eine neue Plattform bekommen hat. Durch unser magazin lichtung waren wir ja immer schon gut vernetzt mit Künstlerinnen und Künstlern, mit Museen und Galerien. Nun haben wir die Möglichkeit, zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler in der Region und ganz aktuelle Werke auch in Buchform vorzustellen.
Wie ist es überhaupt zu diesem Projekt gekommen?
Wir kennen Herrn Oehms schon länger, er ist auf uns zugekommen mit seiner Idee für diese Kunstbuchreihe, für die er gerne mit einem regionalen Verlag zusammenarbeiten wollte. Aktuelle Kunst in der Region Ostbayern – das passt wie die Faust aufs Auge zu uns. Daher ist die Zusammenarbeit ein Glücksfall. Herr Oehms betreibt mit seiner Sammlung und der Kunstbuchreihe wichtige Kunstförderung in der Region: Mit dem Buch macht er die Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke sichtbar für ein breiteres Publikum.
Den Auftakt hatte Glaskünstler ChriSch gemacht. Wie künstlerisch wertvoll ist sein Schaffen? Warum sollte jeder einen ChriSch im Regal stehen haben?
Wer einmal ein Glas, eine Vase oder auch eine Zeichnung von ChriSch gesehen hat, der wird fasziniert sein von seinen fantasievollen, verspielten, detailreichen Figuren, die scheinbar aus einer anderen Welt durch seine Hände auf Glas oder Papier entstehen. Das ist wirklich einzigartig! Er hat seinen Weg gefunden, einen traditionellen Beruf in der Glasbranche, das Gravieren, in die moderne Kunstwelt zu überführen.
Tonkünstler Gerhard Lutz folgte als Zweiter. Seine Kunst beschäftigt sich mit dem Material Ton. Worin bestand die Herausforderung bei der Erstellung dieses zweiten Bandes?
Eigentlich bei allen Bänden hat die Fotografin Diana Maria Baumgartner die schwierigste Aufgabe: Sie muss die Kunstwerke so abbilden, dass ihre Besonderheiten auch auf den Fotos spürbar sind. Und das gelingt ihr sehr gut, die Fotos sind Kunstwerke für sich! Die Gläser von ChriSch mussten zum Beispiel gut ausgeleuchtet sein, damit die gravierten Figuren zur Geltung kommen. Gerhard Lutz fertigt filigrane Tonkugeln, oft sind mehrere ineinander gesetzt. Diana Maria Baumgartner hat diese atemberaubenden Konstruktionen perfekt abgebildet.
Als nächstes: „Männerhaut“ im Herbst
Als drittes erschien jüngst ein Band über das Künstlerehepaar Alexandra Geyermann und Hermann Ritterswürden. Worauf dürfen sich die Leser dieses Buches konkret freuen?
Der dritte Band ist richtig umfangreich, zum einen geht es um zwei Künstler, zum anderen ist richtig viel Material zusammengekommen. Alexandra Geyermann beschäftigt sich in ihren Werken oft mit historischen Frauenfiguren wie Emerenz Meier oder Agnes Bernauer, deswegen gibt es zu den Werken auch Texte mit historischen Hintergründen und Kommentaren der Künstlerin. Ebenso bei Hermann Ritterswürden, er hat für Dieter Oehms seine bisher umfangreichste Arbeit geschaffen: Die Seeschlacht von Lepanto um den in Regensburg geborenen Don Juan de Austria. Man kann dieses Werk kaum fassen: Aus unzähligen kleinen Glasteilchen ist es zusammengesetzt. Im Buch gibt es einige ausklappbare Seiten für die Fotografien.
Was darf man von der Kunstreihe sonst noch alles erwarten?
Es gibt noch viele Ideen, die Reihe wird also auf jeden Fall fortgesetzt! Als nächstes ist das Künstlerkollektiv „Männerhaut“ dran, das Buch erscheint im Herbst. Und im Frühjahr geht es dann um weibliche Künstlerinnen in Ostbayern.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer
Fotografin Diana Maria Baumgartner aus Zwiesel zu…
…ChriSch: Fotografisch möchten wir bei Überfang-Werken die Farben strahlen lassen. Bei der Gravur ist es Christian wichtig, dass diese griffig und konturiert dargestellt wird. Hier arbeiten wir inzwischen mit hartem Licht um den gewünschten Effekt zu erzielen. Der schwarze Hintergrund fördert bei beiden Techniken die Bildwirkung.
…Gerhard Lutz:
Mich faszinierten bei seinen Werken die unterschiedlichen Oberflächen von samtig, matt bis porzellanartig, glänzend. So kommt eine weiche bzw. harte Lichtführung ins Spiel. Bei den durchbrochenen Stücken wollten wir von Anfang die löchrigen Schatten als Gestaltungselement aufnehmen. Das neutrale Greige (Mischung aus Grau und Beige) des Bild-Hintergrunds wurde gewählt, um den organischen Formen und dem Material Ton einen passendes Umfeld zu bieten.
… Alexandra Geyermann:
Gravur braucht ein anderes Licht als farbiges Glas. Bei Alexandra kommt manchmal beides zusammen. So entstehen oft mystische Ansichten ihrer Werke, die beides gleich stark präsentieren. Die Vielfältigkeit ihrer Arbeiten und das dafür verwendete Glas fordern oftmals fotografisch heraus. Sich geeignete Techniken einfallen zu lassen macht meine Arbeit spannend.
… Hermann Ritterswürden:
Die filigranen, mit feinem Silberdraht verbundenen Glasteilchen benötigen für eine brillante Darstellung viel Schärfe. Ebenso gehen wir fotografisch mit Gegenlicht auf die Transparenz und mit Reflexionen auf die Opazität des Materials ein. Dabei achten wir darauf, dass die Farbigkeit des Glases lebendig dargestellt wird.
da Hog’n
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