Bayerischer Wald. Allein die Tatsache, dass der Nationalpark Bayerischer Wald in früheren Jahren organisierte Gruppen brauchte, die ihn unterstützten, macht deutlich, wie kritisch das Schutzgebiet einst gesehen wurde. Auch heute gibt es noch einige Contra-Stimmen. Diese sind aber deutlich weniger – und leiser – geworden. Einen großen Teil dazu beigetragen hat der Verein „Pro Nationalpark Freyung-Grafenau e.V.„, der 1998 gegründet worden ist – und folglich 2023 sein 25-jähriges Bestehen feiert. Dieses Jubiläum hat da Hog’n zum Anlass genommen, um sich mit den „Pro“-Führungskräften Max Greiner und Heinrich Vierlinger über ihren Verein und den Nationalpark zu unterhalten.

Mitunter durch Führungen will der Verein „Pro Nationalpark Freyung-Grafenau“ über das Schutzgebiet aufklären – und somit für Identität sorgen. Fotos: Pro Nationalpark FRG
Wie steht der Nationalpark Bayerischer Wald im 53. Jahr seines Bestehens aus Sicht von „Pro Nationalpark“ FRG da?
Der Nationalpark ist nach neuesten Umfragen in der Region sehr akzeptiert. Mit seinen vielfältigen Veranstaltungen zu Natur, Kultur und vielen anderen Themen spielt das Schutzgebiet im öffentlichen Leben der Region eine wichtige Rolle. Seit 2022 besteht der Nationalpark zu 75 Prozent aus Naturzonen, in denen sich die Natur nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln kann. Wir sehen darin einen wichtigen Meilenstein für den Arten- und Naturschutz. Auf unseren Fahrten zu anderen Nationalparks und Naturschutzgebieten im In – und Ausland stellen wir immer wieder fest, dass der Nationalpark Bayerischer Wald ein sehr hohes Ansehen genießt.
Wie würden Sie die jüngst durchgeführte Erweiterung im Bereich Finsterau einordnen? Ein Meilenstein – oder nur eine „Randnotiz“?
Wir sehen in der Erweiterung um zirka 600 Hektar eine gelungene Abrundung des bestehenden Parks. Vor allem gibt es in diesem Areal einige sehr schützenswerte Gebiete. Die Gemeinde Mauth wird sicherlich von der Erweiterung profitieren.
Artenschwund: „Nationalparks alleine können das nicht schaffen“
Müsste aus Ihrer Sicht der Nationalpark (noch) weiter wachsen?
Als Pro Nationalpark hätten wir uns sicherlich nicht gegen eine größere Erweiterung gewehrt. Wichtiger als die Quantität erscheint uns aber die Qualität unseres Schutzgebietes. Nationalparks sind u.a. Rückzugsgebiete für gefährdete Arten und Hotspots an Biodiversität. Um den Artenschwund zu begrenzen, bedarf es einer gesamt-gesellschaftlichen Kraftanstrengung, um die Artenvielfalt auf breiter Fläche zu erhalten. Nationalparks allein können das nicht schaffen.
Nicht alle haben zu Zeiten der Gründung des Schutzgebietes dieses begrüßt. Damals gab es eine Kontroverse rund um den Nationalpark. Auch die Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Waldes ist als Contra-Stimme wohl bekannt. Mitte der 90er, rund um die Erweiterung im Landkreis Regen, wurde es noch einmal hitzig. Wie hat sich die Akzeptanz des Parks Ihrer Meinung nach in den vergangenen Jahren entwickelt?

Die engere Vorstandschaft des Pro-Vereins – darunter Heinrich Vierlinger (ab 2.v.l.) und Max Greiner.
„In der Region unverzichtbar“
Die Akzeptanz des Nationalpark hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr erhöht. Viele Menschen erkennen die Notwendigkeit von Gebieten, die der Natur überlassen werden, um daraus auch zu lernen. Mit seinen vielen Veranstaltung trägt der Nationalpark viel zum öffentlichen Leben bei. Als Alleinstellungsmerkmal ist das Schutzgebiet für den Tourismus in der Region unverzichtbar.
Und welche Rolle spielte dabei der Verein „Pro Nationalpark FRG“?
Neben der Nationalparkverwaltung, dem kommunalen Nationalparkausschuss und vielen anderen Pro-Gruppen hat Pro Nationalpark sicherlich einen Teil zur Akzeptanzverbesserung beigetragen.
„Einen Etikettenschwindel sehen wir nicht“
Hat der Verein realistisch betrachtet in seiner 25-jährigen Geschichte die Aufgaben erfüllt, die man sich selbst bei der Gründung gestellt hatte?
Ja. Die Mitgliederentwicklung von 30 auf über 400 Personen ist ein eindeutiges Zeichen dafür.
Hat sich „Pro Nationalpark“ insgesamt besser oder schlechter entwickelt als erwartet?
Eindeutig besser.

„Natürlich zieht das Schutzgebiet sehr viele Menschen an, die durch ein Besuchermanagement gelenkt werden müssen.“
Ist der Nationalpark weiter ein Schutzgebiet – und kein Etikettenschwindel?
Über 75 Prozent der Nationalparkfläche sind Naturzonen ohne menschlichen Eingriff in die natürlichen Abläufe. Das war immer eine zentrale Forderung von Pro Nationalpark. Wie bereits erwähnt, genießt der Park im In – und Ausland hohes Ansehen. Natürlich zieht das Schutzgebiet sehr viele Menschen an, die durch ein Besuchermanagement gelenkt werden müssen. Der Nationalpark war auch immer eine Infrastruktureinrichtung für die Region. Einen Etikettenschwindel sehen wir darin nicht.
„Kritik gehört zu einer freiheitlichen Gesellschaft“
Ist die Borkenkäfer-Plage weiterhin eine Plage – oder nur ein partiell auftauchendes Problem?
Die Berichterstattung der jüngsten Vergangenheit zeigt, dass Borkenkäfer in ganz Deutschland, ja Europa auftauchen. Die Gründe hierfür sind vielseitig, der Klimawandel trägt sicherlich dazu bei. In Schutzgebieten sind die Borkenkäfer keine Plage, sondern Teil des natürlichen Werden und Vergehens. Die Borkenkäfer ersetzen die Motorsäge oder den Harvester.
Inwiefern schafft man es, zu den Kritikern des Schutzgebietes vorzudringen?

„Der Nationalpark ist als Werbeträger und als das Alleinstellungsmerkmal für die Region unschätzbar wertvoll.“
Kritik und Diskussion gehören in einer freiheitlichen Gesellschaft dazu und führen oftmals zu besseren Lösungen. Bei unseren mehr als 2.500 Führungen im Jahr werden unsere Waldführer auch mit kritischen Argumenten konfrontiert. Ein vernünftiger Austausch von Argumenten gehört zum Stil der Führungen. Wir wollen nicht bekehren, sondern die Menschen überzeugen. Zu Leuten, die den Nationalpark aus Prinzip ablehnen, suchen wir keinen Zugang.
Eine der Kernaufgaben des Vereines ist es, Führungen im Nationalpark durchzuführen. Sie kommen also viel mit Urlaubern in Berührung. Deshalb: Wie ist es um den Tourismus im Bayerischen Wald bestellt – und welche Rolle spielt dabei der Nationalpark?
Die Menschen, die den Urlaub oder freie Tage bei uns verbringen, sind häufig sehr begeistert von der Region und auch vom Nationalpark. Die Tourismusbranche hat sich in den vergangenen Jahren gut aufgestellt. Es gibt sicherlich noch Potenzial. Die hervorragend ausgeschilderten und gut unterhaltenen Wander– und Radwege im Park werden von den Gästen gerne genutzt. In den vergangenen Jahren kommen auch vermehrt Besucher aus dem Raum München und Nürnberg. Der Nationalpark ist als Werbeträger und als das Alleinstellungsmerkmal für die Region unschätzbar wertvoll.
Ziel für die Zukunft: Die 500-Mitlieger-Marke knacken
Abschließend der Blick in die Zukunft: Wie werden sich der Verein und der Nationalpark in Zukunft präsentieren?
Pro Nationalpark ist ein Verein, der sehr stark in der Region verwurzelt ist. Projekte wie der Planetenweg, das Buch zum Wimmerkanal, der Grunderwerb für die Renaturierung uvm. zeigen das. Unsere Mitglieder aus den Landkreisen Freyung-Grafenau, Regen, Passau und darüber hinaus haben alle eine enge Beziehung zu unserem Gebiet. Mit neuen Projekten wollen wir auch in der Zukunft interessant für die Menschen bleiben – und unseren Mitgliederstand in den nächsten Jahren auf 500 erhöhen.
Mit unseren Waldführern werden wir auch in Zukunft möglichst viele Menschen für die Natur in unserem Nationalpark und seine Umgebung begeistern. Der Nationalparkführungsservice, der von Pro Nationalpark betrieben wird, soll verstetigt und evtl. ausgebaut werden. Wir wünschen uns, dass sich unser ‚Wilder Wald‘ weiterentwickelt und nachfolgende Generationen einen echten Urwald bestaunen können.
Vielen Dank für das Gespräch – und alles Gute für die nächsten 25 Jahre.
die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer