Hengersberg. Die im Juli bekannt gewordene illegale Entsorgung von belastetem Bauschutt in einer Kiesgrube in Jederschwing (bei Eging am See) durch die Firma Karl Bau GmbH sei „nur die Spitze des Eisbergs“. Davon sind die beiden grünen niederbayerischen Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger und Toni Schuberl nach einer Anfrage im Bayerischen Landtag überzeugt. Sie wollten nach der Großrazzia bei der Karl Bau GmbH im Juli (da Hog’n berichtete) von der Staatsregierung unter anderem wissen, welche weiteren Unregelmäßigkeiten den Behörden im Zusammenhang mit der Firma bekannt sind. „Die Liste ist lang“, teilen die Abgeordneten gegenüber der Presse nun mit.
„Der Fall Karl Bau GmbH bestätigt leider eindrucksvoll, was schon lange offenkundig ist: Teer gehört nicht in private Hände“, fordert Rosi Steinberger, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt- und Verbraucherschutz im Bayerischen Landtag. Die Abgeordnete war bereits im Zuge des Teerskandals von Hutthurm (da Hog’n berichtete) intensiv mit der Thematik befasst. „Auch im Fall Karl Bau GmbH geht es u.a. um belasteten Teer aus einer Straßensanierung. Wird dieses Material nicht sachgemäß entsorgt, können die Schadstoffe ausgewaschen werden und die Umgebung schädigen“, teilt Steinberger weiter mit. „Genau das ist in der Kiesgrube in Jederschwing bereits der Fall: Das Grundwasser ist nachgewiesenermaßen erheblich verunreinigt.“
„Bayern macht es Betrügern zu einfach. Das praktizierte System der Eigenkontrolle reicht bei krimineller Energie nicht aus“, erklärt dazu der Abgeordnete Toni Schuberl und fügt hinzu: „Es braucht engmaschige Kontrollen, um schwarzen Schafen Steine in den Weg zu legen.“ Doch genau die gebe es für Kiesgruben bisher nicht. „Und die Rechnung zahlt am Ende die Allgemeinheit“, resümiert Steinberger. Das gesamte Ausmaß der „Causa Karl Bau GmbH“ bleibe weiter im Dunkeln, heißt es in der Pressemitteilung. Sie werde die beiden Abgeordneten wohl noch länger beschäftigen – eine neuerliche Anfrage an die Staatsregierung, die sich mit weiteren Vorfällen u.a. in Oberbayern befassen soll, sei bereits in Arbeit.
Bis zu 1,2 Millionen Tonnen Material
Der Beantwortung der Anfrage seitens des Staatsministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz ist unter anderem zu entnehmen, dass in Jederschwing Material über mehrere Jahre abgelagert und wohl mit unbelastetem Material vermengt wurde. Ein vom Landratsamt Passau in Auftrag gegebenes Gutachten geht von einer Gesamtverfüllmenge (belastetes und unbelastetes Material) von bis zu 1,2 Millionen Tonnen aus.
Zudem teilt das Ministerium mit, dass seit den Dursuchungen im Juli dieses Jahres bei den Staatsanwaltschaften Passau und Deggendorf insgesamt acht weitere Hinweise von Privatpersonen und anonymen Hinweisgebern erfasst worden sind, die insbesondere Erkenntnisse zu verschiedenen angeblichen weiteren Delikten wie Abriss- und Entsorgungsmaßnahmen, Bauschutt- und Erdaushubablagerungen, Einbau von kontaminiertem Bauschutt und belastetem Material etc. „durch die Karl Bau GmbH bzw. auf Veranlassung des ehemaligen Geschäftsführers der Karl Bau GmbH zum Gegenstand hatten“. Die Prüfungen in diesen Vorgängen dauern laut Behörde jeweils an.
Hinsichtlich der festgestellten Grundwasser-Verunreinigung am Standort Jederschwing heißt es, dass „mehrfach Auslöseschwellen und sogar Stufe-1-Werte des für die Beurteilung von Schadensfällen relevanten LfU-Merkblatts 3.8/1 (Schutz von Grundwasser und Boden) überschritten wurden“. Gemeindliche Wasserversorgungsanlagen seien nach derzeitigem Kenntnisstand des Wasserwirtschaftsamts Deggendorf nicht betroffen. Zudem seien Auswirkungen auf Gewässer dritter Ordnung und Wildbäche nicht bekannt. Das Landratsamt Passau beabsichtige die Beseitigung der illegalen Ablagerung anzuordnen.
31-jähriger Landshuter mit Geschäftsbeziehungen zu Karl-Bau
Indes nimmt die Karl Gruppe zu einer in der vergangenen Woche von Staatsanwaltschaft Passau und Polizeipräsidium Niederbayern gemeinsam veröffentlichten Pressemitteilung Stellung. Darin ist eingangs zu lesen: „Wie bereits berichtet, leitet die Staatsanwaltschaft Passau seit längerer Zeit mehrere Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Betrugs- und Umweltstraftaten gegen die Firma Karl-Bau GmbH mit Firmensitz in Hengersberg (Lkr. Deggendorf), insbesondere wegen des Betreibens nicht genehmigter Anlagen zur Entsorgung von Abbruchmaterial.“
Weiter heißt es: „Im Rahmen der bisher durchgeführten Ermittlungen ergab sich nun gegen einen 31-jährigen Mann aus Landshut, der in Geschäftsbeziehungen zur Firma Karl-Bau GmbH stand, der Verdacht, ebenfalls eine nicht genehmigte Anlage zur Ab- und Endlagerung von Abbruchmaterial zu betreiben. Insbesondere zur Feststellung diesbezüglicher Beweismittel erließ das Amtsgericht Passau einen Durchsuchungsbeschluss gegen den 31-jährigen Landshuter.“ Die Behörden hatten im Zuge der Ermittlungen bei dem Mann Datenmaterial mit kinderpornografischem Inhalt entdeckt: Er soll ein entsprechendes Bild an sechs weitere Personen aus seinem Bekanntenkreis versandt haben. Diverse Beweismittel hinsichtlich der vorliegenden Tatvorwürfe seien sichergestellt worden.
Zudem konnte in einem Naherholungsgebiet bei Landshut eine nicht genehmigte Lagerstätte mit rund 500 Tonnen Abbruchmaterial festgestellt werden. „Der 31-jährige Landshuter steht dringend im Verdacht, Betreiber dieser Anlage zu sein“, teilen Staatsanwaltschaft und Polizei mit. Zur Beprobung des dortigen Abbruchmaterials sei das Umweltamt der Stadt Landshut hinzugezogen worden. Die diesbezüglichen weiteren Ermittlungen habe ebenfalls die Kriminalpolizeiinspektion Niederbayern übernommen.
„Karl Bau GmbH distanziert sich ausdrücklich“
„In verschiedenen Artikeln wird der fälschliche Eindruck erweckt, diese Handlungen würden in einem direkten Zusammenhang mit der Karl Bau GmbH stehen“, teilt nun die PR-Abteilung der Hengersberger Unternehmensgruppe mit und ergänzt: „Stattdessen handelt es sich in den aktuellen Berichten um Vorwürfe gegen einen 31-jährigen Landshuter, dem vorgeworfen wird, eine nicht genehmigte Anlage zur Ab- und Endlagerung von Abbruchmaterial zu betreiben. Gegen die Verbreitung dieses Vorwurfs treten wir entschieden entgegen und widersprechen diesem mit Nachdruck.“
Es gebe keinen Anlass, dass die Karl Bau GmbH in Verbindung mit den Vorwürfen gegenüber dem 31-Jährigen gebracht wird, ist der Pressemitteilung weiter zu entnehmen. Das Bau-Unternehmen habe lediglich Flächen vom Beschuldigten angemietet, diese jedoch bis dato nicht genutzt, da noch keine entsprechende Genehmigung vorliege. Der Beschuldigte habe ohne Kenntnis der Karl Bau GmbH die von ihm an die Baufirma vermieteten Flächen genutzt. Die dort abgelagerten Haufwerke stünden in keinem Zusammenhang mit dem Tun des Hengersberger Betriebs.
Alle Geschäftsbeziehungen mit dem Beschuldigten seien nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe umgehend beendet worden. Für die Baufirma seien die Vorwürfe, insbesondere auch Verbreitung von Kinderpornografie, nicht tolerierbar. „Die Karl Bau GmbH distanziert sich von solchen Geschäftspartnern ausdrücklich.“ Aufgrund der Vorwürfe gegenüber dem Beschuldigten habe das Unternehmen auch den Mietvertrag fristlos gekündigt.
Stephan Hörhammer