Finsterau. Jedes Wirtshaus vor den Toren einer Stadt, das auf sich hielt, hatte in früherer Zeit bei seinem Biergarten eine Laube, noch besser aber eine Kegelbahn oder gar einen Sommer-Tanzsaal mit großen Fenstern. Diese Bauten waren aus Holz errichtet, meist farbig gefasst, mit Schnitzwerk und Sägeornament ausgestattet. Trink- oder Bierhalle, Sommerhalle, Tanzsaal oder Salettl wurden diese genannt. Bis 1914/15 wurden viele dieser Bauten errichtet und spiegelten dabei die bürgerliche Freizeitkultur nach 1848 wider, die während des Ersten Weltkrieges ein Ende fand. Nur wenige Hallen dieser Art sind erhalten geblieben. Im dritten Teil unserer Hog’n-Serie über die Höfe und Häuser im Freilichtmuseum Finsterau stellen wir das Salettl vor, das einst als freistehender Tanzsaal im Passauer Ortsteil Beiderwies stand.
Errichtet wurde das Salettl, ein Holzständerbau mit reichlich Fenstern, Laubengang und Zeltdach, im Jahr 1881. Eine Trinkhalle bei der Gastwirtschaft des Mathias Späth in der Gemeinde Beiderwies bei Passau ist erstmals 1884 aktenkundig. 1899 heißt es in der Bauakte, das Wirtsanwesen verfüge „ganz besonders über ein den Anforderungen der Neuzeit entsprechendes geräumiges Glashaus, in welchem, da dieselbe heizbar ist, auch im Winter alle Art von Vergnügungen wie Bälle, Hochzeiten etc. abgehalten werden können“.
„… auf eine Wirtschaft unbedingt angewiesen“
Weiter steht geschrieben: Die Konzession für den Betrieb der Gastwirtschaft wird erteilt, weil „Die Ortschaft Mariahilf – der Hauptstraße Passau-Schärding entlang von sehr vielen Bewohnern der Stadt Passau als Ausflugsort besucht und in Folge dessen die Späth’sche Wirtschaft zur Labung sehr in Anspruch genommen wird, auch in den Sommermonaten die genannte Ortschaft von Fremden zum Sommeraufenthalte bezogen wird und diese sowie die Bewohner Mariahilfs auf eine Wirtschaft unbedingt angewiesen sind.“
1909 kaufte das Wirtsehepaar Franz und Anna Bachl das Gasthaus samt Landwirtschaft und Tanzhalle. Bereits im Jahr 1924 wurde das Salettl zu einer Werkstatt umgebaut, da mit Beginn des Ersten Weltkrieges Tanz- und Festveranstaltungen nicht mehr recht gefragt waren. Daher wurde ein Lackierbetrieb mit Schreinerei eingerichtet sowie ein kleiner Brandlackierungsraum angebaut.
1938 übernahm dann Ludwig Bachl, Sohn von Franz und Anna, das Anwesen. 1971 wurde die Nutzung des Salettls eingestellt und der einst prächtige Holzbau verfiel langsam. 1976 wurde das „Gasthaus Ludwig Bachl“ für immer geschlossen.
Zum Straßenwirthaus-Ensemble gehörig
Im Zuge des Wiederaufbaus in Finsterau wurde die Farbfassung und das Schablonendekor nach Befund restauriert. Die Möblierung des Salettls folgt Originalbefunden (Bänke), Textquellen (Ofen, Tische und Stühle) und Vergleichsbeispielen (Schankmöbel). Im Freilichtmuseum steht das Salettl nicht weit weg von da „Ehrn“ und zählt somit zum Straßenwirthaus-Ensemble.
da Hog’n
Die Informationen stammen aus dem Buch „Freilichtmuseum Finsterau – Die Bauernhäuser und ihre Geschichte“ von Martin Ortmeier; Dietmar Klinger Verlag, Passau, 2009. ISBN 978-3-932949-87-6