Zwiesel. Der Tag des Offenen Ateliers in Niederbayern musste vor einem Jahr aufgrund der gestiegenen Corona-Infektionen im Landkreis Regen abgesagt werden. Einer der Leidtragenden war Glaskünstler Franz-Xaver Höller aus Zwiesel. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich holte den damals geplanten Besuch in Höllers Atelier nun nach.
Es sind die neuesten Werke von Höller, einige davon sind bereits in diversen Galerien ausgestellt. Und an ihnen lässt sich die handwerklich-künstlerische Vorgehensweise ihres Erschaffers am besten erklären. „Ich arbeite bedächtig, mit spontanem Draufschlagen geht hier gar nichts.“ Die Rohlinge, die in Form eines Tropfens bei ihm ankommen, muss der Künstler zunächst mithilfe eines Glasschneiders zur Kugel umwandeln. Nicht immer gelingt dieser Eingriff. „Man sieht hier noch die Spuren der Gewalt.“
„Kein Ei gleicht dem anderen“
Mit Gewalt meint er die Spannungen, die sich im Glas selbst entladen – und genau diese Spuren will er auch herausarbeiten. „Ich stehe immer im Dialog mit dem Glas, überlege genau, was von Belang ist und was nicht. Ich arbeite mich am Essenziellen entlang.“ In den Kugeln ist das gut abzulesen. Die Falten des Glases hat er so fein herausgearbeitet, dass sich die kleinen Linien von der hauchdünnen Haut, die teils auf zwei Millimeter abgeschliffen wurde, deutlich abheben.
Für Begeisterung sorgt der Blick in die Glaskugeln. Denn je nach Lichteinfall wirkt der Innenraum immer ein wenig anders. Mal sieht man einen Ring als Spiegelung der oberen Bruchkante, mal zieht sich ein Schleier durch, den man so plastisch wahrnimmt, dass man hindurchgreifen möchte. „All das ist ja gar nicht da, es wird nur vom Licht erzeugt“, erklärt Höller. So wie er selbst während der Arbeit im Dialog mit dem Werkstoff Glas steht, so ist auch die Betrachtung ein Dialog. „Es gibt immer verschiedene Ansichten, verschiedene Stimmungen, kein Ei gleicht dem anderen.“ Wenn es ihm gelingt, in einem Werk mehrere Facetten zu erschaffen, ist er glücklich damit.
Bis 2015 hat er an der Glasfachschule in Zwiesel unterrichtet und noch heute spricht er voller Begeisterung von dieser Zeit. Für den gebürtigen Obernzeller, der 1964 eine Ausbildung als Glasschleifer begann und der von 1978 bis 1981 an der Akademie der Bildenden Künste in München studierte, war es ein Glücksfall, danach an die Glasfachschule zu kommen. „Es hätte mir nichts Besseres passieren können.“ Von dem fruchtbaren Austausch mit den jungen Menschen profitierte er auch selbst – genauso wie seine Kunst. Dementsprechend schwer fiel ihm dann auch der Abschied. Zu einigen Schülern hat er aber Kontakt gehalten und auch am Bildwerk in Frauenau gab er seither mehrere Kurse.
„Es ist wichtig für unsere Identität“
Er selbst sieht sich als Handwerker und Künstler zugleich. Dank seiner umfassenden Ausbildung kann er auch alles, was er sich künstlerisch in den Kopf gesetzt hat, umsetzen. Das wird auch von der Fachwelt geschätzt, weshalb viele Sammler bei ihm vorbeikommen und er bei Ausstellungen und Galerien gerne mit aufgenommen wird.
Für Olaf Heinrich ist es ein weiteres Beispiel für die Vielfalt an glaskünstlerischem Schaffen in der Region. „Es ist wichtig für unsere Identität und eine Nische, die wir nicht verlieren dürfen.“ Auch wenn Franz-Xaver Höller weiß, dass nicht jeder Absolvent der Glasfachschule eine erfolgreiche Laufbahn in dieser Branche einschlägt, so hält er doch wenig von Kulturpessimismus: „Es ist nur kontraproduktiv. Dieses Metier ist ein Abenteuer und es hängt viel vom individuellen Talent ab.“ Heinrich stimmte ihm zu, dass Menschen, die mit Leidenschaft ihrem Beruf nachgehen, auch Erfolg haben.
Und vielleicht ist es bei der Glastradition der Region genauso wie bei den Schleifsteinen, die der Künstler verwendet. „Sehen Sie den feinen Glasstaub, der sich hier über die Jahrzehnte abgesetzt hat? Je älter die Schleifsteine sind, desto besser werden sie.“
da Hog’n