Freyung-Grafenau. Dass geistreicher Witz und hintergründiger Humor nicht gerade zu den Kernkompetenzen der CDU/CSU zählen, dürfte spätestens seit den Social-Media-Auswüchsen eines Philipp Amthor allgemein bekannt sein. Anscheinend nicht so beim Kreisverband Freyung-Grafenau, dessen Facebookauftritt-Verantwortliche sich jüngst in Zeiten des Wahlkampfes und Mitbewerber-Bashings dachten, sie könnten auf Kosten von SPD-Direktkandidatin Rita Hagl-Kehl ein bisschen für Stimmung in den eigenen Reihen sorgen. Ein Schuss, der dann wohl nach hinten los ging…
„Witzischkeit kennt keine Grenzen, Witzischkeit kennt kein Pardon“, trällerte einst Hape Kerkeling in der 1993 erschienen Fernsehsatire „Kein Pardon“ in die Kamera. Ein Motto, das sich am Wochenende augenscheinlich auch die Freyung-Grafenauer Christsozialen auf ihre Fahnen geschrieben haben, als sie in froher Erwartung ob der humorvoll gemeinten Einlage ein Bild vom SPD-Wahlkampf-Bus mit dem Konterfei der Parlamentarischen Staatssekretärin im Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte. Das schwarze Fahrzeug steht dabei vor einem blauen Parkplatz-Schild mit weißem Pfeil nach rechts, darunter ein Schild mit einem Rollstuhlfahrer, wiederum darunter ein Schild mit der Aufschrift „Parkscheinautomat“. Der dazugehörige Text: „Was will uns Frau Rita Hagl-Kehl, MdB mit diesem Parkplatz sagen?“
„Keinen Humor, oder?“
Ja, ein paar Emoji-Lacher gab’s dann auch für den Bild-Post – unter anderem vom Kreisvorsitzenden Dr. Olaf Heinrich. Ebenso von seinem Passauer Amtskollegen Prof. Dr. Holm Putzke – sowie weiterem (schwarzen) Gefolge. Doch es dauerte nicht allzu lange, da meldeten sich die ersten weniger belustigten Leser zu Wort. Einer von ihnen meinte: „Wie verzweifelt muss die CSU schon sein wenn Sie so eine Post macht. Leute Leute. Der Bürger wünscht sich Inhalte was soll das CSU?“ Woraufhin der Schreiber hinter der FRG-CSU-FB-Seite nur lapidar erwiderte: „Keinen Humor, oder? (zwinkersmiley) Sie haben schon bemerkt, dass wir eine Frage gestellt haben?“
Zur Aussage eines weiteren Lesers, der ironischerweise anmerkte, dass die CSU „wieder stilsicheren, inhaltlich qualitätvollen Wahlkampf“ betreibe, hieß es von Seiten der FB-Verantwortlichen patzig: „Wenn Sie von Ironie so viel verstehen, dann sollten Sie auch eine augenzwinkernde Frage von einem Angriff unterscheiden.“ Ein Augenzwinkern könne ersterer Kommentator jedoch nicht erkennen, wie dieser hinterher schob. Und ein anderer fand: „Ihr habt etwas impliziert und versucht euch mit einem Fragezeichen zu tarnen. Wie verzweifelt müsst ihr sein um auf dieses Niveau zu sinken.“
Eine Leserin war – durchaus empörterweise – der Meinung: „Iatz werd’s aber richtig armselig liebe CSU Freyung-Grafenau„, gefolgt von drei kleinen Äffchen-Emojis, die sich die Augen zu halten. „… immer schön selber ins eigene Knie schiessen… irgendwann tut’s dann schon mal weh (…) und ja ich habe Humor bloß nicht euren.“ Böses Smiley. Und ein anderer empfand: „Weil implizierte Witze über Behinderte auch so witzig sind und von Humor zeugen.“ Facepalm-Emoji mal drei.
Und Rita Hagl-Kehl, die Betroffene selbst? Was sagt die SPD-Politikerin zu dem Post, der am Montagvormittag, nachdem der Gegenwind von Teilen der Leserschaft offenbar zu groß geworden ist und man im eigenen Lager wohl bemerkte, dass es klüger sei, klammheimlich den Mantel des Schweigens über die Sache auszubreiten, wieder von der Seite entfernt wurde? Die fasste sich kurz und schrieb lediglich: „Wenn Sie genau hinsehen, sehen Sie, dass die Behindertenparkplätze rechts neben meinem Auto sind.“ Dafür gab’s mehr als zehn Daumen hoch, ein Herz- und ein Wow-Smiley.
Wer steckt hinter den FB-Posts auf der CSU-Seite?
Ja, da sieht man mal wieder, wie so eine Social-Media-Veröffentlichung gehörig in die Hose gehen kann, wenn Leute am Werk sind, die glauben, besonders ironisch-witzig zu sein und – sagen wir mal – nur bedingt etwas von Öffentlichkeitsarbeit verstehen. Davon, welche Wirkungen Bilder und Texte bei ihren Rezipienten erzeugen. Wer genau den Post auf die CSU-Seite gestellt hat bzw. wer verantwortlich zeichnet für all das, was dort erscheint, bleibt im Wesentlichen ungeklärt. Ein konkreter Autor wird hinter dem Seitennamen „CSU Freyung-Grafenau“ nicht genannt. Im Infoteil/Impressum erscheint lediglich der Name des Kreisvorsitzenden: Olaf Heinrich.
Netzfund: Stephan Hörhammer