Waldkirchen/Freyung. Im ersten Moment übermannten Melissa Höng die Emotionen, das gibt sie offen und ehrlich zu. Die 19-Jährige hatte jüngst ihrem Ärger in der Hog’n-Facebook-Gruppe „Du kommst aus Freyung-Grafenau, wenn Du…“ Luft gemacht – und sorgte mit ihrem Posting für zahlreiche Reaktionen. Der anfängliche Zorn hat sich inzwischen wieder gelegt – und dennoch ist die Waldkirchenerin von der Richtigkeit und Wichtigkeit ihrer Worte weiterhin überzeugt. „Ich wollte wachrütteln. Denjenigen, der das zu verantworten hat klar machen, wie leichtsinnig er gehandelt hat.“
Was war passiert? In der Nacht zum Sonntag (13. Januar) fuhr Melissa Höng, nachdem sie ihre Eltern in Waldkirchen besucht hatte, gegen Mitternacht zu ihrem Freund nach Annathal in der Gemeinde Mauth, wo sie inzwischen wohnhaft ist. Aufgrund der schneebedeckten und teils glatten Fahrbahn bewegte sie sich behutsam fort. Als Fahranfängerin könne sie, wie sie betont, derlei witterungsbedingte Extremsituationen noch nicht so recht einordnen – weshalb sie nach dem Motto „Sicherheit geht vor“ auf der Straße unterwegs war. Bei Freyung-Speltenbach jedoch begegnete ihr ein driftender Quattro-Fahrer, mit dem sie fast kollidiert wäre, wie sie im Rahmen ihrer Facebook-Mitteilung (siehe rechts oben oder bei Klick) anschaulich beschreibt: Dieser sei „aus der Kreuzung rausgeschossen wie ein Irrer“.
„Möchte nicht alle Quattro-Fahrer ins Klischee pressen“
Eine Situation, wie sie in schneereichen Bayerwald-Wintern immer wieder vorkommt. Auch in Melissa Höngs Bekanntenkreis wurden derartige Vorfälle bereits mehrfach berichtet und diskutiert, wie sie dem Hog’n gegenüber mitteilt. Dieses Mal war die 19-Jährige selbst betroffen und wollte in der Folge die rücksichtslose Aktion eines ihr unbekannten Fahrers nicht auf sich beruhen lassen. Dabei stellt sie klar: „Ich möchte jetzt nicht alle Quattro-Fahrer ins Klischee von Verkehrsrowdys pressen“ – und ergänzt: „Dieser eine Fahrer jedoch darf sich gerne angesprochen fühlen. Seine Aktion war eine Sauerei.“
Die zahlreichen Reaktionen zeigen, wie sehr das Thema „Autofahren im Winter“ die Leute beschäftigt. Dabei scheinen die Meinungen durchaus auseinander zu gehen: Die Mehrheit der Facebook-Kommentatoren stellt sich zwar hinter die Waldkirchenerin. Andere jedoch meinen, die 19-Jährige würde mit ihren Worten übertreiben. Ein Pro-und-Contra, mit dem die Verfasserin, wie sie sagt, gerechnet hatte – wenn auch nicht in diesem Ausmaß. „Dass sich so viele an dieser Diskussion beteiligen, hätte ich nicht gedacht. Viele haben sich auch privat bei mir gemeldet – jedoch nicht der angesprochene Quattro-Fahrer. Weiterhin gibt es nur Vermutungen, um wen es sich dabei gehandelt haben könnte. Im Eifer des Gefechts habe ich auf das Kennzeichen nicht geachtet.“
Driften und die polizeilichen Konsequenzen
Der rücksichtslose Audi-Lenker, der offensichtlich „einfach nur cool“ sein wollte und dem dabei gar nicht bewusst war, in welche Gefahr er sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer brachte, sei kein Einzelfall, allerdings auch nicht die Regel, wie eine Hog’n-Nachfrage bei der Polizeiinspektion Freyung ergibt. Polizeihauptkommissar und PI-Sprecher Walter Scheungrab weist in diesem Zusammenhang auf ein verstärkt defensives Fahrverhalten hin (siehe Verhaltensregeln am Artikelende).
Gefahrenprovozierende Verhaltensweisen wie Driften, Schleuderübungen und unnötige Bremsaktionen können durchaus empfindliche Strafen zur Folge haben, wie Scheungrab erklärt: „Bei Feststellung oben genannten Fehlverhaltens reichen die Ahndungsmöglichkeiten von einer Verwarnung mit Verwarnungsgeld über Bußgeldanzeigen bis hin zu einer strafrechtlichen Verfolgung – z. B. Gefährdung im Straßenverkehr, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Nötigung, Hausfriedensbruch – bei Privatgrundstücken und Privatparkplätzen etc.“
„Daaaaanke, dass das jemand mal anspricht“
Seit Jahren bekannt für spektakuläre Drifteinlagen und ungebremsten Fahrspaß ist das fast schon legendäre „Quattrotreffen“ in Finsterau, das 2019 aus organisatorischen Gründen jedoch nicht stattfinden wird. Dort besteht die Möglichkeit, auch etwas waghalsigere Manöver durchzuführen und das Verhalten des eigenen Fahrzeugs bei schneebedecktem Untergrund zu testen – allerdings nur unter strengen Sicherheitsauflagen, wie Heiko Kilger, Vorsitzender des Fördervereins Motorsport Finsterau und Mit-Organisator des Quattrotreffens, betont. „Wir machen das Treffen ja auch deswegen, damit keiner auf den Straßen driften muss. Wir distanzieren uns ganz klar von Verkehrsrowdys aller Art. Das war so – und wird immer so bleiben.“
Melissa Höng indes hofft, dass ihr Erlebnis vom vergangenen Wochenende ein einmaliges Ereignis bleiben wird. Gleichzeitig hofft sie, mit ihrem Post bei Facebook möglich viele Gleichaltrige sensibilisiert zu haben. „Daaaaanke, dass das jemand mal anspricht“, schreibt unter anderem Facebook-Userin Lisa-Katharina Schlauderer in Richtung Melissa Höng – und bestätigt der Waldkirchenerin somit, in jeglicher Hinsicht richtig gehandelt zu haben.
Helmut Weigerstorfer
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Verhaltensregeln für Fahrzeugführer bei schneebedeckter/eisiger Fahrbahn:
- Geschwindigkeit ist den Witterungsverhältnissen anzupassen
- Auch bei guten Straßenverhältnissen ist mit lokalen Schneeverwehungen und/oder vereisten Straßenabschnitten zu rechnen
- Benutzung eines verkehrssicheren Kraftfahrzeugs mit besonderem Augenmerk auf die Bereifung (Winterreifen mit ausreichendem Profil)
- Bei schneebedeckten und/oder vereisten Fahrbahnen auch mit Fehlverhalten des Gegenverkehrs bzw. anderer Verkehrsteilnehmer rechnen
- Rechtzeitiger Fahrtantritt, da in den Wintermonaten grundsätzlich mit Verzögerungen aufgrund Schnee- bzw. Eisglätte im Straßenverkehr zu rechnen ist
- „Driften“, „Schleuderübungen“, „unnötige Bremsaktionen“ und sonstige gefahrenprovozierende Verhaltensweisen unterlassen