Passau. In diesem Wintersemester fand die Lehre an der Uni Passau fast ausschließlich online statt. Auch die Hog’n-Redaktion hat die Teilnehmer des Videoseminars, das das Onlinemagazin für Studenten des Studiengangs „Journalistik und Strategische Kommunikation (JoKo)“ anbietet, dieses Mal nicht persönlich getroffen. Filme zu produzieren war unter den Lockdown-Bedingungen ebenfalls nicht möglich. Stattdessen entstand eine Reihe von Video-Interviews. Die Macher dahinter erzählen im Folgenden, wie sie die momentane Studien-Situation einschätzen und wie sie sich den Journalismus der Zukunft vorstellen.
Sie alle waren voll motiviert, haben Themen gesucht, die sie für das Onlinemagazin da Hog’n filmisch umsetzen wollten. Anders als im Sommer verbesserte sich die Situation im Laufe des Wintersemesters jedoch nicht. Im Gegenteil: Sie wurde zunehmend angespannter. Konzepte für interessante Video-Beiträge haben die Studenten trotzdem erarbeitet. Und sie alle wollen sie in den nächsten Monaten umsetzen – sobald sich die Corona-Lage bessert. Denn Praxiserfahrung sammeln, dazulernen und ansprechende Geschichten erzählen wollen sie alle.
„Wir leben in einer Empörungsgesellschaft“
Aber wie wird er aussehen, der Journalismus der Zukunft, den sie mitgestalten werden? Daniel Freye sieht die größte Herausforderung für den Journalismus darin, dass durch das Internet der Medienkonsum quasi unendlich erscheint und vieles kostenlos oder kostengünstig angeboten wird. „Für sachliche, recherchierte und einigermaßen objektive Inhalte interessieren sich nicht alle“, findet er.
Journalismus müsse sich dem anpassen – und neben sachlichen Info-Formaten auch Meinungen abbilden sowie Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen üben. Große Medienhäuser nutzen seiner Meinung nach die vielen Möglichkeiten des Internets bereits sehr gut. „Die Frage ist: Wie viel Zeit und Geld ist das wie vielen Menschen wert? Im Internet gibt es ja viele Alternativen. Für private Medienunternehmen wird es neben handwerklich guter Arbeit und zeitgemäßer Aufbereitung auch um die Überzeugung der Menschen vom eigenen Produkt gehen.“
Leonie Hohlfeldt sieht die größte Herausforderung im medialen Druck, Informationen schnell veröffentlichen zu müssen, ohne dass die Berichte dabei an Qualität verlieren. Zudem macht sie ein weiteres Problem aus, mit dem sie als Journalistin konfrontiert ist: „Wir leben mittlerweile in einer Empörungsgesellschaft, in der alles und jeder kritisiert wird. Manchmal habe ich das Gefühl, man kann gar nichts mehr komplett richtig machen. Dennoch möchte ich als Journalistin arbeiten, da ich es wichtig finde, etwas gegen Fake-News zu unternehmen und diejenigen Medien, die gut recherchierte Artikel veröffentlichen, zu unterstützen.“
Wenn nur noch Klickzahlen entscheidend für den Erfolg sind
Ähnlich sieht es auch ihr Kommilitone Laurin Diepers: „Ich finde, die größte Herausforderung des Journalismus ist in der derzeitigen Situation sehr gut erkennbar: Man muss einen Mittelweg finden zwischen der objektiven Berichterstattung über Themen mit Nachrichtenwert und dem Schlagzeilen-Journalismus, der jede noch so kleine Meldung ausschlachtet, nur weil sie gerade im gesellschaftlichen Fokus steht.“ Er gibt dem momentanen Gebaren der Medien durchaus eine gewisse Mitschuld an der Stimmung in der Gesellschaft, da fast ausschließlich negativ berichtet werde. „Doch vermutlich wird sich dieses Problem in Zeiten des Onlinejournalismus, bei dem nur die Klickzahlen der Artikel entscheidend für den Erfolg sind, nicht so einfach ändern lassen“, sagt er.
Wird es den Arbeitsalltag für die angehenden Journalisten erschweren, dass Medien immer stärker in der Kritik stehen? „Eine Herausforderung wird es definitiv“, sagt Daniel Freye. „Durch die Pandemie wurde vielen allerdings auch bewusst, wie wichtig Journalismus ist: für seriöse Informationen, aber auch kritischen Umgang mit Politik und Wirtschaft.“ Jonah Bastisch ergänzt: „Ich habe Respekt bezüglich der Verantwortung des Journalismus für unsere Gesellschaft.“ Eine Verantwortung, die er jedoch gerne annehmen möchte: „Medien befinden sich in einem stetigen Wandel – das macht dieses Berufsfeld so dynamisch und spannend“, sagt der 22-Jährige.
Vielfältige Berufswünsche: Sportjournalismus, PR, Radio
Daniel Freye sagt, er sei schon seit Langem von Medien fasziniert und habe früh angefangen zu fotografieren. Ob es ihn allerdings nach dem Studium zum Fernsehen, Radio oder doch in den Printbereich zieht, weiß er noch nicht. Und vielleicht wird es am Ende auch die strategische Kommunikation. Denn der Studiengang „Journalistik und Strategische Kommunikation“ bereitet auf beide Berufsfelder vor: Journalismus und PR.
Leonie Hohlfeldt ist Radio-Fan, arbeitet neben dem Studium beim Uni-Radio („Campus-Crew„). Deshalb möchte sie später auch in diesem Bereich weitermachen. „Und wenn das nichts wird, fände ich es in der Redaktion von GEOlino oder KiKA ziemlich spannend“, sagt die 20-jährige Nürnbergerin.
Jonah Bastisch möchte nach seinem Abschluss am liebsten als Sportjournalist tätig sein. „Allerdings kann ich mir ebenfalls gut vorstellen, in die Unternehmenskommunikation/ PR zu gehen. Für beide Richtungen werde ich im Zuge meines Studiums gut vorbereitet, daher halte ich mir auch beide Optionen offen.“ Dass der JoKo-Studiengang beides verbindet, war auch einer der Gründe, warum er sich für Passau entschieden hatte: Dessen Status sei einzigartig in Deutschland.
Auch Laurin Diepers ist Sport-Fan: „Ich habe zuvor in München Sportwissenschaft studiert“, erzählt er. Dabei habe ihm der Bereich „Medien und Sportjournalismus“ am besten gefallen. „Da dieser aber nur einen sehr kleinen Anteil am Studium ausgemacht hat, wollte ich das noch weiter vertiefen.“ Mittlerweile ist er sich gar nicht mehr so sicher, ob er tatsächlich Sportjournalist werden will. Er habe im Laufe der Zeit Geschmack am klassischen Journalismus gefunden, sagt der 25-Jährige aus Burghausen: „Ich schließe aktuell keine Richtung aus.“
Home-Studium erfordert Disziplin
Seit nunmehr einem Jahr studieren sie alle ausschließlich von zuhause aus. „Man hat sich im Großen und Ganzen daran gewöhnt“, schildert Daniel Freye. Es funktioniere insgesamt gut, nur gelinge es nicht immer konzentriert zu bleiben – vor allem bei Aufgaben, die einem nicht so recht Anklang finden. „Was mir fehlt, ist das spontane und abwechslungsreiche Campusleben“, berichtet der 21-jährige Würzburger.
Die Online-Lehre bringe aber auch Vorteile mit sich, findet Jonah Bastisch – beispielsweise flexibleres Arbeiten. „Allerdings fällt es schwer, bei längeren Sitzungen oder Meetings vor dem Laptop die Konzentration hoch zu halten“, stimmt er seinem Vorredner zu. „Die gesamte Online-Lehre verlangt einem noch viel mehr Selbstdisziplin ab.“
„Das Studieren in Pandemiezeiten erfordert ein Vielfaches an Eigenverantwortung“, bestätigt Laurin Diepers. Dadurch, dass man an vielen Vorlesungen und Seminaren nicht live teilnehmen muss, bestehe durchaus die Gefahr, die ein oder andere Sitzung sausen zu lassen: „Und dann bildet sich ein nicht unerheblicher Stapel an nachzuholendem Lernstoff“, gibt er zu.
„Der größte Nachteil eines Online-Semesters ist aber sicher die fehlende praktische Arbeit und fehlende Interaktion mit den anderen Studierenden“, weiß der 25-Jährige. Vor allem in einem so praxisbetonten Studiengang wie Journalistik sei dies schade: „Das top-ausgestattete Medienzentrum mit seinem Kamera-Equipment und seiner Schneidesoftware kann, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt genutzt werden.“
Studentenleben: Fehlanzeige
„Meine Lern-Motivation ist seit dem Online-Semester stark gesunken“, gibt auch Leonie Hohlfeldt zu. „Die Uni-Bibliotheken hatten lange nicht geöffnet, weshalb ich nicht wirklich effektiv lernen konnte. Ich hoffe einfach sehr, dass man im Sommersemester wenigstens für ein oder zwei Kurse wieder die Uni besuchen darf.“
Positiv findet sie, dass sie nicht alleine wohnt: „Ich bin sehr froh, in einer WG zu leben. Wir hängen viel miteinander ab und es wird oft gelacht, was alles irgendwie erträglicher macht. Kommilitonen sehe ich nicht so oft, da einige aus meinem Freundeskreis daheim geblieben sind. Vereinzelt mit Freunden spazieren zu gehen, empfinde ich als eine schöne Abwechslung“, sagt sie.
Auch Daniel Freye verbringt das Semester in Passau und trifft neben Mitbewohnern ab und zu ein paar Kommilitonen. Jonah dagegen verbringt die meiste Zeit in seiner Heimatstadt Wiesbaden – zu Hause bei seinen Eltern. Allerdings möchte er das im Sommer ändern und wieder öfter in der Dreiflüssestadt sein. „Viele meiner Kommilitonen waren, wie ich selbst, in den letzten beiden Semestern selten hier. So kommt es leider vor, dass ich gute Freunde seit einem halben Jahr nicht mehr persönlich getroffen habe“, erzählt er. „Das studentische Leben, was ein Studium ja mit ausmacht, ist weitestgehend lahmgelegt.“
„Man lebt schon auf Sparflamme“
Laurin Diepers hat normalerweise einen 450-Euro-Job in einem Fitnessstudio. Seit es geschlossen ist, fehlt dieses Geld. Zurück zu den Eltern zu ziehen und die Wohnung zu kündigen, sei für ihn aber noch keine Option. „Allerdings lebt man schon auf Sparflamme und überlegt bei jedem Einkauf ganz genau, was gerade möglich ist und was nicht.“
Er vermisst auch das gemütliche Beisammensein auf der Innwiese. „Viele Kommilitonen habe ich zuletzt im Februar 2020 gesehen. Natürlich trifft man sich trotzdem noch mit den Menschen, die sich in Passau befinden, aber nicht im Freundeskreis, sondern jeweils alleine. Doch das geht ja gerade jedem so.“
Sabine Simon