Praßreut/Röhrnbach. „Schon wieder“ – diese zwei Worte aus dem Mund von Röhrnbachs Bürgermeister Leo Meier beschreiben die aktuelle Entwicklung rund um das Gewerbegebiet Praßreut-Winkeltrumm überaus treffend. Im vergangenen Jahr sorgte die geplante Erweiterung der dort ansässigen ASB Logistics GmbH für heftige Proteste seitens der Anwohnerschaft und der Vertreter des Naturschutzes. Und sorgte auch für überregionale Schlagzeilen. Das Problem löste sich letztlich dadurch, dass ASB-Geschäftsführer Christian Binder seinen Antrag im Spätherbst 2020 zurückzog. Doch nun plant der 36-jährige Unternehmer einen neuerlichen Vorstoß: Er möchte die Betriebsfläche um 15.000 Quadratmeter erweitern und das bestehende Bürogebäude aufstocken. Einen entsprechenden Antrag hat er bereits gestellt, „frühestens im April“ (Meier) soll dieser im Marktgemeinderat diskutiert werden.
Im Vergleich zum 2020er Vorhaben (damals wollte Christian Binder die bestehenden vier Hektar nahezu verdoppeln) plant er dieses Mal mit einem Bruchteil davon – weshalb der Firmenchef von einer „Kompromiss-Lösung“ spricht. Denn aus seiner Sicht reicht er aufgrund der geringeren Fläche seinen Widersachern bereits zu Beginn des Projekts die Hand. Generell betrachtet er die Angelegenheit im Gegensatz zu früheren Zeiten heute sehr sachlich. So gibt er sich auch im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n: „Mein jetziger Antrag ist die Folge eines ganz normalen wirtschaftlichen Wachstums“, macht Binder deutlich und ergänzt ganz im Sinne eines Betriebswirtschaftlers: „Stillstand ist Rückschritt, deshalb wollen wir größer werden.“
Christian Binder: „Ich kann mich nicht mehr wegzaubern“
Auf dem bestehenden Betriebsgelände soll für die mehr als 40 Lkw starke Flotte ein Werkstattzentrum entstehen, das bereits 2008 genehmigt worden sei. Als Ersatz für diese Gebäude sollen unmittelbar angrenzend neue Stellflächen geschaffen werden. Darüber hinaus ist geplant, das Bürogebäude aufzustocken. Darin finden nach Vorstellung des Bauherren nicht nur weitere 40 Mitarbeiter Platz, sondern auch eine Art Forschungszentrum. „Wir sind dabei, einen Ersatz für den Transportschutz von Neufahrzeugen, der bisher durch Folien gewährleistet wird, zu entwickeln und somit unsere Umwelt zu entlasten.“
Christian Binder ist merklich gewillt, Schönwetter zu machen, seine wirtschaftliche Bedeutung für die Region zu unterstreichen und alle mit ins Boot zu holen. Die kritischen Stimmen nimmt er zwar wahr – möchte aber nicht weiter darauf eingehen, um kein unnötiges Öl ins Feuer zu gießen. Genauso wenig möchte er sich klar zu den optischen wie naturschutztechnischen Einwänden der anderen Seite äußern. Vielmehr betont der Unternehmer, der selbst ein gebürtiger Praßreuter ist: „Ich kann mich und meinen Betrieb nicht mehr wegzaubern. In den Augen vieler sind Lkw einfach nur schlecht, aber auf den dadurch ermöglichten Konsum wollen sie nicht verzichten.“
Michaela Lorenz: „Dieses Vorgehensweise finden wir respektlos“
Stärkung der Region, wirtschaftliches Wachstum, Schaffung von Arbeitsplätzen – die Argumente des ASB-Chefs sind für manche durchaus gewichtig, nicht aber für die Interessengemeinschaft, deren Gesicht Michaela Lorenz aus Goggersreut ist. Im Rahmen einer Presseinformation machte der Erweiterungswiderstand jüngst die Medien darauf aufmerksam, was in absehbarer Zeit im Sondergebiet Praßreut-Winkeltrumm geplant sei.
„Es sind keine vier Monate vergangen und der Gemeinde Röhrnbach liegt ein erneuter Antrag zur Erweiterung des Gewerbegebietes vor. Diese Vorgehensweise finden wir respektlos“, poltern Binders Gegenspieler. „Das Thema bleibt das Gleiche, nur in einer anderen Fassade verpackt! Diesmal wird die Scheibchentaktik angewendet. Wie auch schon bei der Antragstellung 2020 wird die Erweiterungsfläche vom Unternehmen beschönigt. Nach unseren Berechnungen in Bayernatlas ergibt sich eine Erweiterungsfläche von ca. 20.000 Quadratmeter. Für die Bürger steht fest, dass es bei dieser Fläche nicht bleiben wird.“
Leo Meier: „Ich sehe das zweigeteilt“
Ähnlich wie im Vorjahr führt die Interessengemeinschaft einige aus ihrer Sicht schlagkräftige Argumente an, um insgesamt festzustellen: „An der Sache hat sich nichts geändert. Der Flächenverbrauch ist erheblich und nicht zu akzeptieren.“ Michaela Lorenz und ihre Mitstreiter stellen in den Raum, dass ASB Logistics dieses Mal durch die versprochene Kostenbeteiligung am erforderlichen Ausbau der Zufahrtsstraße (Binder: „Hier finden wir sicher eine Lösung“) versucht, die Gemeinderäte positiv zu stimmen. An dieses Gremium, das letztlich über Wohl und Wehe dieser Angelegenheit entscheidet, richtet sich deshalb ein besonderer Appell der Widerständler: „Bitte wägen Sie alle Argumente ab und stimmen Sie gegen eine Erweiterung des Gewerbegebietes SO PraßreutWinkeltrumm.“
Jenes Pro und Contra ist Bürgermeister Leo Meier bestens bekannt. Seitdem er vor knapp einem Jahr zum Röhrnbacher Marktoberhaupt gewählt worden ist, beschäftigt ihn dieses Thema. Auch dieses Mal möchte er mit Nachdruck versuchen, eine Eskalation durch verstärkte Kommunikation mit beiden Seiten zu vermeiden. „Ich sehe das zweigeteilt. Die Aufstockung des Bürogebäudes und die Errichtung der Werkstatt bewerte ich positiv, weil hier neue Arbeitsplätze entstehen. Die Erweiterung der Flächen hingegen sehe ich mit gemischten Gefühlen.“ Bevor der Antrag im öffentlichen Teil einer Marktratssitzung im Frühjahr diskutiert werden soll, will Meier viele weitere Gespräche führen. Einerseits sollen natürlich die Bürger – allen voran die Vertreter der Interessengemeinschaft – gehört werden. Andererseits liegt dem Bürgermeister die Weiterentwicklung der Wirtschaft in seiner Kommune am Herzen.
Ein Dauerthema wohl nicht nur für Röhrnbach
Sollte der Antrag wiederum abgelehnt werden, befürchtet Leo Meier keine Abwanderung des Logistik-Unternehmens. „Die Aufstockung des Bürogebäudes ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Betrieb hier bleiben will.“ Christian Binder gibt ihm Recht: „Wir streben eine Zentralisierung an, ein anderer Standort wäre deshalb kontraproduktiv.“ Zumindest ein paar versöhnliche Worte, in einer Thematik, die – so weit darf man sich auf dem Fenster lehnen – wohl nicht nur Röhrnbach wieder länger beschäftigen wird…
Helmut Weigerstorfer
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Abgesehen, dass dieser Megaparkplatz nichts am Dorfrand verloren hat, ist meiner Meinung nach überhaupt fraglich, warum eine solche Dienstleistung fernab der Autobahn, mitten im Bayerischen Wald genehmigt wird.
Jeder, der täglich über die B 12 Richtung oder aus Passau in den Bayerischen Wald fährt, wird sicherlich auf der eh schon absolut überlasteten „Bundesstraße“ oder noch schlechter erschlossenem „Autobahnzubringer“ einem ASB-Transporter „hinterhergekrochen“ sein. Zudem fahren diese Lkw zu 50 Prozent leer herum, nur um Pkw „auf der grünen Wiese“ zwischenzuparken. So was gehört nähe Autobahn, aber nicht 40 km weg davon…
Zum Einen passt halt die Infrastruktur nicht (erst mal die B 12 ausbauen!!!), zum Anderen passt es auch nicht in eine Zeit, wo es um Feinstaubbelastung und CO2-Ausstoß geht: Deshalb gehört dieser Betrieb einfach nicht aufs Land. Pro 2-3 Pkw, die herumgefahren werden, würden so 80 km Lkw-Fahrten eingespart werden…
Dass die B 12 mehr eine Land- wie Bundesstraße ist, dürfte jeder, der sie täglich befahren muss, bestätigen; hinter Lkw oder Traktoren herzufahren mit begrenzten Überholmöglichkeiten und durchschnittlich 60 km/h dient sicherlich nicht dazu, dass Leute eben gerade deshalb wegziehen Richtung Stadt (da wo halt die Arbeit ist)…