Bad Kötzting. Zwei Männer sitzen auf einer Bierbank und geben #Voigas für ihre Zuschauer. Auf Facebook. Zweimal die Woche, zwei Stunden lang. Und Hunderte schauen zu. Die Livestreams von Andy Pongratz aus Bad Kötzing (Künstlername „Metzger Done“) gehen gerade „steil“ im Netz, wie es so schön heißt. Bis zu 30.000 „erreichte Personen“ verzeichnet der Gastwirt und Unterhalter mittlerweile, es klinken sich sogar User aus Chile oder Trinidad ein. „Mich erstaunt’s selbst, dass es so vielen Leuten so gut gefällt“, gibt der „Metzger Done“ offen zu.
„Sats schoaf?“ fragt Andy Pongratz seine Fans und Follower, bevor er via Facebook live geht. Der Abend mit ihm und einem Freund startet (meist mittwochs und freitags ab 19 Uhr) mit einem Schluck aus der Bierflasche und einer Zigarette. Auf dem Bier prangt das Logo „Voigas-Hoibe“. Dann beginnt Pongratz zu singen, zu schlagern: Bierzelt-Hits und Volksmusik. Die Zuschauer kommentieren, wobei sich das oftmals auf Grüße oder kurze Kommentare beschränkt, wie „geil“ denn der Metzger Done ist. So ganz erschließt sich einem auf den ersten Blick noch nicht, was denn nun so „mega“ an diesem Livestream sein soll, warum so viele Leute zuschauen und das Video auf Facebook teilen. Da geht’s einem wie dem Done selbst.
Eigene Rauch-Pizza bekannter machen durch Facebook-Videos
Alles begann am 19. Juni 2019 mit einer Wette. „Ein Freund hat mich aufgefordert, ein Live-Video zu machen“, erzählt der Metzger Done. 50 Leute sollten ihn grüßen, dann spendiere sein Kumpel einen Kasten Bier. „Ich hab gewonnen“, sagt der 33-Jährige und lacht. Und dann folgten regelmäßig weitere Live-Videos. Denn für Andy Pongratz hat das Ganze auch einen Werbeeffekt: Er betreibt eine Art Biergarten, hat seinen Carport zur so genannten „Berg-Hiddn“ umgewandelt. Dort bietet er seinen Gästen Pizza aus dem Räucherofen an.
Der Künstlername „Metzger Done“ stammt nämlich vom Räuchern: Weil er sich vor Jahren einen Räucherofen gekauft hat und mittlerweile nicht nur Fleisch und Ripperl, sondern eben auch Pizza darin zubereitet. Und während seine Gäste die Schmankerl bei ihm in der Berg-Hiddn vertilgen, singt er auch für sie. Playback. Schlager und Volksmusik, genau wie in seinen Videos. „Ich mag es, wenn ich Leute mit einem frechen Spruch zum Lachen bringen kann“, sagt Pongratz.
Aber warum nun der große Hype um seine Facebook-Livestreams? Was ist so toll am Metzger Done? Was gefällt den Leuten an einem rauchenden, Bier trinkenden jungen Mann, der von sich selbst sagt, er könne nicht gut singen – und der in seinen Videos gern auch mal etwas derbere Ausdrücke verwendet?
Zu Corona-Krisenzeiten habe er vielleicht vielen das Gefühl vermittelt: Ihr seid nicht allein, wie Andy Pongratz mutmaßt. Wer sich online zu ihm geselle, könne zudem Lieder mitgrölen, ohne dabei von anderen Gästen beobachtet zu werden. Er selbst rede im Livestream „wie ihm der Schnabel gewachsen ist“ – auch das trage womöglich zur Beliebtheit bei.
Geld verdienen mit Facebook-Live-Blödeleien?
„Ich bin es immer noch nicht gewohnt, dass mich alle kennen“, berichtet Pongratz. 2.000 Autogrammkarten hat er vor ein paar Monaten drucken lassen. Die sind fast alle weg. Mittlerweile hat er ein zweites Handy – weil nach seinen Live-Auftritten im Netz so viele Nachrichten und Anrufe einlaufen. Die Leute wollen ihn buchen, wollen wissen, wo er die roten Schuhe gekauft hat, die er im Video trägt, oder wollen auch so ein T-Shirt mit der Aufschrift „Bist schoaf?“ Seine Mutter ließ schließlich T-Shirts drucken, kümmert sich nun um den Verkauf von Fan-Artikeln.
Als sein Brauerei-Vertrag für die Berg-Hiddn auslief und er sich nach einem neuen umsah, kam von einer Brauerei vor Ort der Vorschlag, ein eigenes Bier für den „Metzger-Done“ zu kreieren. Nun ziert sein Gesicht auch das Etikett der „Voigas-Hoibe“, die es bald nicht nur in seinem kleinen Wirtshaus, sondern auch im Getränkemarkt zu kaufen gibt. Immer wieder gibt es Angebote für gemeinsame Aktionen. „Auch Leute, die mich anfangs belächelt haben, wollen jetzt meine Partner werden“, sagt Pongratz und schmunzelt.
Von YouTube und Facebook gab es ebenfalls bereits Angebote, in seinen Livestreams Werbung zu platzieren, informiert der 33-Jährige. Das wolle er aber nicht: „Ich bin kein Werbekanal“, betont er. Er möchte nicht das große Geld verdienen als „Metzger Done“, sondern vor allem Leute zum Lachen bringen. Schade findet er, dass Facebook seine Zuschauerzahl seiner Ansicht nach immer wieder mal reduziere. Seine Vermutung: Nur wer es ganz nach oben schafft und entsprechende Werbeverträge abschließt, dem passiere es nicht mehr, dass Zuschauer in Livestreams „rausfliegen“.
„Ich leb nicht von, sondern mit der Kunstfigur Metzger Done“, sagt Pongratz. Dass nicht reine Profitgier hinter seinen Facebook-Auftritten steckt, nimmt man ihm durchaus ab, da er immer wieder mal Spendenaktionen organisiert: zum Beispiel Kleidung, die er in seinen Videos trägt, für den guten Zweck versteigert. Das Geld spendet er dem Tierschutz, zuletzt engagierte er sich im Kampf gegen Depressionen.
Für Kritik offen: Auf das „Wie“ kommt es ihm an
Manchmal empfindet Andy Pongratz es selbst a bissal seltsam, was er als Metzger Done so alles macht: „Du redest in eine Scheibe rein“, bringt er die Kuriosität des Livestreams auf den Punkt. Doch in den Kommentaren geben ihm die Leute immer wieder positives Feedback – er merkt daran, dass er viele aufheitert. Und genau das sei der Grund, warum er so lange weiter machen will, bis eben keiner mehr zuschaut.
Wer’s nicht gut findet, was er in seinen Livestreams vom Stapel lässt, der solle eben einfach nicht reinschauen. Oder sich mit seiner Kritik direkt an ihn wenden: „Fast alles kann man ausschmatzen“, ist sich Andy Pongratz sicher. Kommentar-Schlachten dagegen duldet er auf seiner Facebook-Seite nicht: „Wenn Leute beleidigend werden oder den Respekt verlieren – das geht nicht. Aggressive Bemerkungen entferne ich.“
„Ich schwimme auf der Welle, so lange es geht“, sagt der Familienvater. „Aber ich bleibe genau der, der ich vorher war.“ Das rate er auch all seinen Freunden und Fans: „Bleibt’s wie ihr seid – so seid ihr genau richtig.“
Sabine Simon