Passau/Freyung. Dominik R. (damals 23) hat vor gut drei Jahren seine Freundin Lisa H. (20), Mutter des gemeinsamen, einjährigen Sohnes, in der Wohnung der jungen Familie in Freyung erstochen (da Hog’n berichtete). Das Passauer Landgericht verurteilte ihn am 20. November 2017 wegen Totschlags zu zwölf Jahren Gefängnis. Das Urteil ist seit 15. Februar 2018 rechtskräftig. Und doch könnte es noch anders ausfallen, könnte aus dem Totschlag Mord, aus der zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe eine lebenslängliche werden: Ein Zeuge aus dem Tötungsprozess gab jetzt zu, dass er das Passauer Schwurgericht angelogen hatte.
Er war damals Dominik R.s bester Freund, hatte sich schon einmal aufgrund einer Diebstahlsserie die Anklagebank im Freyunger Amtsgericht mit ihm geteilt. Heute sagt dieser, Dominik R. hätte ihn zeitnah nach Lisas Tod getroffen, hätte ihm und R.s Bruder Details von der Bluttat erzählt. Als Zeuge hatte er jedoch ausgesagt, mit R. nie über das Geschehene gesprochen zu haben, nichts darüber zu wissen. Der heute 23-Jährige wurde diese Woche im Passauer Amtsgericht wegen uneidlicher Falschaussage und Strafvereitelung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, drei Jahren auf Bewährung mit Bewährungshelfer sowie 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Er hat das Urteil sofort angenommen.
„Sie haben beim Schwurgericht gelogen“
Damit könnte eine der engen Voraussetzungen erfüllt sein, unter denen ein rechtskräftig abgeschlossener Strafprozess zuungunsten des verurteilten Angeklagten wieder aufgenommen werden kann.
Nachvollziehbar ist das mit der Argumentation des Staatsanwalts in diesem Falschaussage-Prozess: „Am 20. November 2017 urteilte das Landgericht, Dominik R. sei wegen absichtlicher Tötung schuldig des Totschlags. Er handelte nicht nachweisbar heimtückisch, weil eine Arg- und Wehrlosigkeit der Lisa H. beim Angriff nicht nachzuweisen war.“ Der nun Angeklagte hätte im Zeugenstand die Unterhaltung mit R. nach der Tat damals verschwiegen. „Es ging nicht um ein Kinkerlitzchen. Sie haben beim Schwurgericht gelogen. Wir wissen nicht, wie es ausgegangen wäre, hätten Sie damals die Wahrheit gesagt“, so der Staatsanwalt heute.
Der 23-Jährige war in der Schwurgerichts-Prozesszeit mit der vormals besten Freundin Lisa H.s liiert. Diese hatte in Lisa H.s letzten Wochen auf deren Bitte hin mit ihr zusammengewohnt, denn: Im Sommer hatten die jungen Eltern sich getrennt, Lisa H. hatte Angst vor einem groben Besuch des Kindsvaters. Den Kontakt zur Freundin hatte Lisa H. wiederbelebt. Die jungen Leute kannten sich alle, mindestens von der Schule her. Ein Kripo-Ermittler hatte als Zeuge ausgesagt, dass sich am Abend vor dem gewaltsamen Tod der Mutter Lisa H.s beste Freundin mit ihrem Freund sowie Dominik R. und dessen Bruder vor dem Haus mit der Tat-Wohnung in Freyung getroffen hätten: „Das sind die letzten Zeugen, die Lisa lebend gesehen haben.“
„Er hat mit dem Messer zugestochen“
Das Treffen ist gut drei Jahre her. Heuer, im Sommer, trennten Lisa H.s beste Freundin und Dominik R.s bester Freund sich voneinander. Die junge Frau erleichterte bei der Polizei ihr Gewissen, beichtete, dass ihr nun Ex-Freund sie vor dem Totschlagsprozess in ein Gespräch mit dem Täter über die Tat eingeweiht hätte, sie beide im Landgericht gelogen hätten. Ihr Ex wurde Ende August aufgrund des Verdachts der Falschaussage und der Strafvereitelung festgenommen. Auch ihn hätte, wie er nun mitteilte, das verheimlichte Wissen geplagt – bis hin zu einem Zusammenbruch im Januar dieses Jahres.
Diese Woche erklärte er als Angeklagter kleinlaut und wortkarg unter anderem: „Dominik sagte immer, sie hat schon geschlafen, er hat mit dem Messer zugestochen.“ Und das soll, hat man dem Amtsrichter genau zugehört, bei weitem nicht alles gewesen sein, an das der Zeuge von einst sich nun vor den Mordermittlern erinnert.
da Hog’n