Tittling/Passau/München. „Ich sehe die AfD klar in der Verantwortung. Schon ihre Reden im Landtag sind durchzogen von dumpfem Nationalismus und plumpen Ressentiments“, gibt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann der rechtsgesinnten „Alternative für Deutschland“ Mitschuld an einer aktuellen Verrohung der Gesellschaft. Seinen Teil dazu beitragen dürfte in aller Regelmäßigkeit auch der AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler, der insbesondere in den sog. Sozialen Medien aktiv ist und zuletzt mit einer Fotomontage, auf der Landtagspräsidentin Ilse Aigner mit Kindern vermeintliche AfD-Lufballons steigen lässt, für Schlagzeilen sorgte.
Stadler betreibt momentan gleich drei Facebook-Accounts – zwei Privatprofile sowie ein Profil als Landtagsabgeordneter. Der Grund: Er wurde eigenen Angaben zufolge bereits häufiger wegen Verstößen gegen FB-Statuten von Facebook gesperrt. Wir haben uns die öffentlich einsehbaren Social-Media-Auftritte des 55-jährigen Tittlingers einmal genauer angeschaut – und den Würzburger Anwalt und IT-Rechtsexperten Chan-jo Jun um eine juristische Einschätzung dessen gebeten, was sich insbesondere in den Kommentarspalten unter Stadlers FB-Posts immer wieder abspielt.
„An die Wand mit ihm“
Klick. „Weg mit dem Ungeziefer, so einen brauchen wir hier nicht“. Like. „9 mm und … game over“. Klick. „An die Wand mit ihm und alle unfähigen von der Regierung. plus die Volksverräterin“. Like. „Armseliges Würstchen“. Klick. „Volksfeind“. Like. Aus ihnen spricht der Hass. Hass und Frust. Hass auf Andersdenkende, Andersaussehende, Andersgläubige. Und mit Facebook scheinen sie ein Ventil gefunden zu haben, diesen Emotionen Luft zu machen. Per Mausklick – vermeintlich ohne Konsequenzen.*
Am 18. Juni teilte Stadler einen Artikel der Mitteldeutschen Zeitung über den Zitter-Anfall von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seiner MdL-Facebook-Seite. Darunter schreibt Gerd P.: „Es kommt der Tag, da jeder seine gerechte Strafe bekommt, bei ihr ist es dringend Notwendig“. Und Michael B. ergänzt: „Ich hoffe doch es ist was schlimmeres!!!“. Uwe B. meint „am Ende hat Adolf auch gezittert“. Ein anderer User fragt sich: „Kann man sich tot zittern“. Ralf Stadler, der Betreiber der Seite, würdigt diesen Kommentar mit einem Daumen nach oben: „Gefällt mir“. Unter einem Bild von Innenminister Horst Seehofer schreibt Anton M., Facebook-Nutzer ohne Profilbild: „An die Wand mit ihm und alle unfähigen von der Regierung. plus die Volksverräterin“. Der Kommentar wurde mittlerweile gelöscht.
„…stechen, vergewaltigen und randalieren“
Klick, klick, klick. Es dauert ein paar Minuten, doch man erlangt ziemlich schnell einen Eindruck davon, wie das Weltbild des AfD-Politikers in etwa aussehen muss. Dieser sitzt seit November 2018 für die AfD im Bayerischen Landtag. Laut einem seiner Facebook-Profile bewegt sich augenscheinlich alles, was nicht AfD-konform ist und Stadlers Geisteshaltung entspricht, außerhalb des Tolerierbaren.
Das gilt vor allem für Oppositions-Parteien und -Politiker: Grüne („Bettwanzen sind noch angenehm, gegenüber diesen ‚Grünen‘ wirbellosen Kriechtieren“), SPD („Volksfeind“), CSU-MdEP Manfred Weber („Welche Drogen nimmt der Hirni?“), Außenminister Heiko Maas („armseliges Würstchen“). Sowie für Andersdenkende- und Andersgläubige: Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch („boshafte Altersdemenz“), Greta Thunberg („abartiges Geschäft … mit Behinderten“), geflüchtete Muslime und Musliminnen („Merkels Kinder … stechen, vergewaltigen und randalieren“, „in manchen Kulturen gehört Vergewaltigung zur Tagesordnung“), und arabische Länder („Geburtenkontrolle heißt das Zauberwort des 21. Jahrhunderts“ ). Klick, klick, klick.
Darf er das? Was die strafrechtliche Relevanz derartiger Äußerungen betrifft, komme es oftmals zu „überraschenden Ergebnissen“, wie der Würzburger Jurist Chan-jo Jun gegenüber dem Hog’n erklärt. Jun war der erste Rechtsanwalt, der es schaffte, Facebook vor ein deutsches Gericht zu bringen: 2016 verklagte er den Facebook-CEO Mark Zuckerberg sowie weitere Top-Manager wegen Beihilfe zur Volksverhetzung.
Dabei erklärt er, dass „alle Inhalte, die sich für den juristischen Laien besonders anstößig anhören, sich am Ende aus juristischen Gründen als gar nicht strafbar entpuppen“. Dies treffe etwa in dem Fall zu, in dem ein User Innenminister Seehofer den Tod wünscht. Der Straftatbestand der „Volksverhetzung“ sei hier nicht gegeben, „weil der Todeswunsch nicht darauf basiert, dass der Minister einer bestimmten Bevölkerungsgruppe angehört“, so Jun. Dennoch könnten solche Kommentare strafrechtlich verfolgt werden – beispielsweise als Beleidigung.
„Exekution wad angepasst oda?“. 5 Likes.
„Umvolkung“. Ein Begriff aus dem Nationalsozialismus, maßgeblich verwendet im „Generalplan Ost“ zur Gewinnung von „Lebensraum“ in osteuropäischen Ländern. Ein Begriff, mit dem der Abgeordnete Stadler die Entwicklung in Sachen Migration beschreibt. Der Mob in den Stadler’schen Kommentarspalten tobt. User Klaus D. ist der Meinung: „Vom Schreiben hier ändert sich nichts! Taten will ich sehen!“. „Taten“ will offenbar auch Stefan R. sehen. Unter ein Video, das einen vermeintlichen Asylbewerber zeigt, wie er auf einem Parkplatz randaliert, kommentiert er: „Exekution wad angepasst oda?“. 5 Likes.
Ein „Like“ kann ausreichen, um belangt zu werden
Im deutschsprachigen Raum gab es bereits mehrere Urteile, in denen sich ein Facebook-Nutzer durch „Teilen“ oder „Liken“ eines Beitrags strafbar machten.
Im Januar 2014 etwa wurden zwei Männer vorm Freyunger Amtsgericht rechtskräftig verurteilt, da sie fremdenfeindliche Posts mit „Gefällt mir“ markierten. „Für Strafrichter gehören Verhandlungen, bei denen ‚Posts‘ oder ,Likes‘ im Mittelpunkt stehen, mittlerweile zum täglich Brot“, erklärte damals der zuständige Richter Klaus Fruth gegenüber der lokalen Tageszeitung. Bei strafbaren Inhalten „ist eine Beteiligung durch andere User schnell möglich“, erklärt auch Rechtsanwalt Jun. Er berichtet, dass neben der Weiterleitung eben auch ein „Like“ ausreichen könne, „um sich den Inhalt zu eigen zu machen und wegen Volksverhetzung oder Beleidigung belangt zu werden“. Oftmals komme das für die Kommentatoren „überraschend“.
Klick. Klick. Klick. Ein User mit arabischem Namen kommentiert einen von Stadlers Posts. Via sog Emojis will ihm Ulrike S. augenscheinlich klarmachen, er solle das Land verlassen. Anfang Juli bringt Thorsten Z. eine in der extremen Rechten weit verbreitete „Blut-und-Boden-Ideologie“ zum Ausdruck: „Deutscher Pass macht noch lange keinen Deutschen“. Er reagiert dabei auf einen Beitrag Stadlers, der intendiert, dass Menschen mit türkisch klingendem Namen keine „echten“ deutschen Staatsbürger seien. In einem anderen Beitrag, den der Landtagsabgeordnete auf seinem Profil verbreitete, geht es um die angeblich eklatant hohe Arbeitslosenquote von Türkinnen und Türken in Deutschland. „Faule Drecksäcke, aber die Fresse aufreißen”, findet Antje W.
Der Profil-Inhaber ist für dessen Inhalte verantwortlich – teilweise
Mit jedem Klick, mit jedem Scrollen, häufen sich die Entgleisungen. Das MdL-Profil von Stadler weist gut 1.450 Follower auf. Seine Posts werden oftmals dutzendfach geteilt, noch häufiger kommentiert. Da mag einer schnell den Überblick verlieren. Dabei drängt sich unweigerlich die Frage auf: Hat man als Landtagsabgeordneter nichts Anderes zu tun, als mehrmals täglich seine Social-Media-Accounts mit xenophoben, rassistischen, homophoben, sexistischen sowie menschenverachtenden Beiträgen zu füttern? Wie es scheint, werden fremdenfeindliche Kommentare teilweise von Stadler bzw. dessen möglichen Account-Betreibern gelöscht, oftmals auch ganze Beiträge. Jedoch bei weitem nicht alle. Anwalt Jun erklärt dazu: Nimmt der Inhaber eines Profils rassistische Aussagen oder Aufrufe zur Gewalt einfach so hin und duldet sie somit, kann dieser dafür belangt werden. Allerdings komme es darauf an, „ob Kenntnis vorliegt und nachgewiesen werden kann“.
„Ob Kenntnis vorliegt“, wie Stadler seine Beiträge verwaltet und wie er mit derartigen Kommentaren umgeht, wollte da Hog’n von ihm persönlich wissen. Eine Anfrage ließ der Abgeordnete jedoch unbeantwortet.
Klick. Klick. Klick. Stadler erzählt im Dezember 2018, er werde die Passauer Saturn-Filiale zukünftig meiden. Eine Verkäuferin trage dort ein Kopftuch, so eine „Integrationsscheiterung“ könne er nicht dulden.
Gesetzgeber greifen immer härter durch
Facebook und andere sogenannte Soziale Medien kann man sich vorstellen wie eine Art weltumspannender, digitaler Stammtisch. Jeder und jede, der will, darf zu Themen aller Art seine Meinung abgeben.
Ein gravierender Unterschied zum Realotreff: Der Stammtischtratsch verlässt nur selten das Wirtshaus. Was man in puncto Facebook nicht behaupten kann. Einen unsäglichen Kommentar, eine verschriftlichte Entgleisung unter einem Post kann man übersehen. Es soll auch vorkommen, dass einem im Eifer des Gefechts, in der Hitze der Debatte, Sätze über die Tastatur rutschen, die man nach etwas Überlegung so vielleicht nicht noch einmal formuliert hätte. Doch Postings sind über Jahre hinweg einsehbar, für eine potenziell unendliche Zahl von Userinnen und Usern. Deshalb gibt der Gesetzgeber in diesem Falle auch strengere Richtlinien vor.
Wie kompromisslos die Exekutive im Zweifelsfall durchgreifen kann, bewies sie im März 2019. Als im Dezember 2017 Flüchtende gegen die unsäglichen Zustände in einer Deggendorfer Unterkunft demonstrierten, streamte die heutige AfD-Landtagsabgeordnete und -Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner den Demonstrationszug live via Facebook. Darunter fand sich eine Kommentarspalte voll fremdenfeindlicher, rassistischer und volksverhetzender Äußerungen. Die Kripo Straubing lud daraufhin rund 300 mutmaßliche Mittäter zur Vernehmung vor, bis März 2019 konnten 246 Tatverdächtige ermittelt werden. Für Ebner-Steiner zog die Aktion keine Konsequenzen nach sich – sie hatte in einem Kommentar unter dem Video explizit darauf hingewiesen, dass sie sich von derartigen Äußerungen distanziere.
da Hog’n
* Sämtliche hier zitierten Facebook-Kommentare werden in der Original-Schreibweise wiedergegeben. Von Eingriffen in die Rechtschreibung oder in die Grammatik wird abgesehen.
Hätte nie gedacht, dass Waldler (so Ihr denn wirklich welche seid) so rückgratlos in der Schleimspur der machthabenden Wortführer in München, Berlin und Brüssel gleiten können und nur das wiedergeben, was andere schon hundertfach vorgekaut haben. Es sind diese Wortführer, denen Ihr hinterherhechelt, die das Entstehen der sogenannten Migrationskrise zugelassen haben wenn nicht sogar mutwillig herbei geführt haben. Es wundert mich angesichts der mit dem Thema verbundenen Emotionen und fast täglich furchtbaren Taten gar nicht, dass manche der von der Krise betroffenen Bürger dabei verbal über die Stränge schlagen. Und Ihr habt nichts besseres zu tun als diese Mitbürger an den Pranger zu stellen und sie dem immer schärferen Meinungsdiktat der Machthaber auszuliefern. Von der Presse erwarte ich mir, dass sie die Machthaber kritisiert und nicht in erster Linie die Opposition. Schämt Euch, Schneeflöckchen, und werdet endlich erwachsen!
Quod erat demonstrandum…
„fast täglich furchtbaren Taten“ – so wird es sich wohl in der rechten Filterblase anfühlen. Das aber in diesem Land TÄGLICH allein 13 Personen durch alkoholbedingte Verkehrsunfälle schwerverletzt oder getötet* werden, und das dadurch ein vielfaches an Leid herbeigeführt wird, dafür ist in dieser rechten Blase leider kein Platz. Die Forderung Alkoholfahrten viel strenger zu ahnden, würde das Deutsche Volk also mit Abstand deutlicher schützen – davon habe ich noch NIE ein einziges Wort aus der AfD gehört. Passt halt nicht in die rassistische Rattenfänger-Taktik. Aber wo das Bauchgefühl anfängt, hört die logische Mathematik auf.
*Quelle: Deutscher Verkehrsicherheitsrat, http://www.dvr.de, Zahlen von 2017.
Leben und leben lassen. Daher auch jedem seine Meinungsseifenblase. Derjenige hat verloren, dessen Blase zuerst platzt, abgemacht?
Was für eine verschrobene Wahrnehmung der Wirklichkeit!
Wenn man ihre Aussagen zusammenfasst bedeutet dass:
a) Die Regierung zettelt überall auf der Welt von
Afganistan über Syrien bis nach Zentralafrika
Krisenherde an.
b) Sie sorgt dafür, dass die Leute nach Europa fliehen.
c) Zum Schluss nehmen sie die Leute aus lauter Spass
und Übermut noch bei uns auf, wofür sie bei den nächsten
Wahlen abgestraft werden.
Spätestens bei Punkt c) sollte man sich doch fragen,
ob das logisch ist, dass sich Politiker, so ins
eigene Fleisch schneiden.
Knapp zusammenfassend ist das meine Wahrnehmung, ja! Passt auch perfekt zum Replacement Migration Program der UN (einfach gugeln, ist schnell gefunden).
Nur hinsichtlich des Verhaltens von Politikern ausnahmslos aller Parteien haben Sie noch eine ziemlich naive Vorstellung. Haben Sie schon einmal einen Blick hinter den Theatervorhang gewagt, beispielsweise durch Eintritt in eine Partei?
Wow, der Martin ist ja von der ganz aufrechten Sorte….
sicherlich mit einer Fake Email-Adresse kommentiert :D
Nein, die Email-Adresse wurde verifiziert.