Passau/Freyung. Der achte Tag im Mordprozess gegen den Freyunger Dominik R. (23) hat am Dienstag mit Zeugen aus dem engen Umfeld des Angeklagten und der Getöteten Fakten aus den Akten bestätigt. Und doch hielt er die bislang überraschendste Wende parat: Dominik R., der vor einem Jahr seine Freundin Lisa H. (20) in der einst gemeinsamen Wohnung getötet haben soll, will sein Schweigen brechen. Zumindest, so kündigten seine Verteidiger an, werde er sich über sie zu den Vorwürfen äußern.
Über Verstorbene soll nur Gutes gesagt werden, hieß es schon bei den alten Römern. Um aber ein möglichst objektives Bild des Paares zeichnen zu können und darauf ein faires Urteil zu stützen, muss der Schluss erlaubt sein, dass Lisa H. sich durchaus zu wehren wusste, wie der Richter erfragte. Und, dass die junge Frau sich nicht zwischen ihrer wieder entflammten Liebe für ihren allerersten Freund und dem Vater ihres Söhnchens (heute 2), dem Angeklagten, entscheiden konnte.
Nachdem sie R. im Sommer 2016 mit Hilfe der Mutter aus der gemeinsamen Wohnung, dem späteren Tatort, hinausgeworfen, ihm den Umgang mit dem kleinen Buben untersagt hatte, kam sie am 1. September wieder mit ihrem Jugendfreund (heute 21) zusammen. Doch Ende September war ihr ihre kleine Familie doch wieder wichtiger, Dominik R. zog zu ihr zurück. Der „neue Alte“ wurde abserviert – per WhatsApp-Nachricht. Allerdings nicht für lange.
„Da war von einem Privatdetektiv die Rede“
Der Handwerker erzählte am Dienstag im Landgericht seine Geschichte mit seiner Jugendliebe Lisa H. Beide wären in der 8. Klasse zusammen gekommen – sie war 13, er 15 Jahre alt. Zwei Jahre hielt die Beziehung. Danach hörte er erst im Januar 2016 wieder von Lisa H., wie er erklärte. Sie hätte sich im Internet auf Facebook bei ihm gemeldet – unter einem erfundenen Namen. Doch er sei schnell dahinter gekommen, dass es Lisa war. „Sie tat recht geheimnisvoll, meldete sich bis August sporadisch etwa ein Mal im Monat.“ Danach sei es zu einem ersten Treffen in der realen Welt gekommen. Und bald zu einem zweiten – bei ihr in Freyung.
„Sie hatte mir geschrieben, dass sie mit R. auseinander ist. Ich kam zu ihr in die Wohnung. Sie hatte Angst, weil er noch den Wohnungsschlüssel hatte, klemmte innen einen Stuhl vor die Tür, wenn ich dort war. Sie hatte auch Angst um mich, wenn ich ihr Haus verließ, zeigte mir Chats mit R., da war von einem Privatdetektiv die Rede. Ich kannte R. vom Sehen, er war an der gleichen Schule zwei oder drei Klassen über mir. Am 1. September sind Lisa und ich eine Beziehung eingegangen, das war auch ihrerseits gewollt. Ich habe dann immer dort geschlafen. Mitte, Ende September war es schon wieder zu Ende. Sie sagte, ihre Gefühle für mich sind nicht mehr wie am Anfang, ich habe das akzeptiert. Das kam per WhatsApp. An einem Sonntag. Sie schrieb, ich bräuchte nicht mehr zu kommen. Das war für mich überraschend, weil es ganz gut gelaufen war.“
„… dann ist eine Atombombe ein Scheißdreck dagegen“
Der Handwerker wollte eine persönliche Aussprache, wie er vor Gerichte erklärte. Es klappte aber erst am 17. Oktober mit dem Treffen auf einem Parkplatz – Lisa H. hätte dabei gesagt: „Ich will meine Familie nicht aufgeben. Aber ich mag dich auch.“ Der Handwerker konterte eigenen Aussagen zufolge: „Ich mag nicht, wenn das mit uns nicht sicher ist. Ich mag nicht, dass du dauernd hin- und herspringst.“ Zuvor hatte Lisa H. ihrem neuen Ex geschrieben: R. hätte sich total verändert, er kümmere sich um den Buben, passe während unserer Treffen auf ihn auf, wolle wegen seiner Spielsucht in Therapie. Der Handwerker hatte dann auch vom geplanten erneuten Auszug R.s am 1. November gewusst. Nach kurzem Innehalten sagte der Zeuge: „Das wäre eigentlich der Tag gewesen, an dem wir wieder zusammen gegangen wären.“
Am 22. Oktober traf er Lisa erneut. Das war das letzte Mal, dass er sie sehen sollte. „Wir haben uns bis 26. Oktober noch brutal viel geschrieben. Ab dem nächsten Tag kamen ihre Antworten immer erst viel später, das war total ungewöhnlich. Ich fragte, was los ist. Sie antwortete, dass sie müde ist, weil sie geputzt hat. Ob sie das noch selbst geschrieben hat, weiß ich nicht.“
Es muss auch erlaubt sein, zu sagen, dass Lisa H. und Dominik R. sich in punkto Eifersucht wohl in Nichts nachstanden. Ihr erster Freund hatte Kontakte abbrechen müssen auf ihr Verlangen hin, wie sie wiederum etwas später auf Dominik R.s Geheiß hin. Der Handwerker hatte, wie er aussagte, ihr mal geschrieben: „Du wennst eiferst, ist eine Atombombe ein Scheißdreck dagegen.“
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