Passau-Hacklberg. Wer glaubt, früher sei alles besser gewesen, muss immer wieder feststellen, dass er irrt. Eine Erkenntnis, die auch im Rahmen der Hog’n-Serie „Mord verjährt nie“ mehr und mehr zum Vorschein tritt, denn: Schon vor Jahrzehnten waren gewisse Menschen im Passauer Land zu unvorstellbar grausamen Taten fähig. Autor Franz Hartl, der in der Dreiflüssestadt beheimatet ist, hat viele spektakulären Mordfälle in seinem Buch „Wie können Menschen nur sowas tun?“ zusammengetragen und archiviert. Im aktuellen Fall wird der bestialische Mord von Dr. Viktor Kubitza im Passauer Ortsteil Hacklberg beschrieben. Titel des vierten Teils: Der Gattinenmord von Hacklberg.
Blutige Kleidung sowie ein Stück Schädeldecke
„Im Hause des ehemaligen Bürgermeisters der Gemeinde Hacklberg, dem sogenannten Riesingerhof, wohnte 1947 der in Birkental (Polen) geborene, 26-jährige Arzt Dr. Viktor von Kubitza. Er war dort zusammen mit seiner zweiten Ehefrau Hedwig und deren zwei unehelichen Kindern als Ostflüchtling untergekommen. Am 29. Januar 1947 konnte der Neffe des Bürgermeisters beobachten, wie Dr. Kubitza auf dem Müllhaufen im Hof des Hauses etwas vergrub. Bei der von ihm darauf vorgenommenen Untersuchung kamen zerschnittene, blutige Kleidungsstücke, sowie ein Stück Schädeldecke, an der sich Haare befanden, zum Vorschein.
Am Morgen des nächsten Tages erschien Dr. Kubitza in der Gemeindekanzlei Hacklberg, um sich abzumelden. Sein Mobiliar hatte er schon vorher nach Kirchberg im Rottal geschafft, wo er als Arzt eine Praxis aufmachen wollte. Obwohl die im Müll aufgefundenen Indizien mit Blech und Steinen bedeckt worden waren, konnten sie am nächsten Tag nicht mehr vorgefunden werden.
Dr. Kubitza, der am 30. Januar 1947 verhaftet wurde, sagte aus, dass seine Frau nach einem Streit gegen die Bettkante gestürzt sei und mit einer Kopfverletzung tot liegen blieb. Daraufhin habe er aus Angst, wegen Mordverdacht unter Anklage gestellt zu werden, die Leiche zerstückelt und zum Teil im Küchenherd verbrannt. Die meisten Leichenteile habe er am 27. und 28. Januar 1947 an der Ortsspitze in die Donau geworfen.
Ein Hochstapler und Mörder
Dr. Kubitza kam nach einer Verwundung, die er im Zweiten Weltkrieg als Panzerjäger erlitt, im Februar 1945 nach Passau in das als Lazarett geführte St. Valentin, später nach Freudenhain. Nach seiner Entlassung aus der Wehrmacht durch die Amerikaner wohnte er auf der Ries und arbeitete im Kriegsschädenamt als technischer Zeichner. Nach Auflösung des Amtes ging er keiner Beschäftigung mehr nach. Der Pole, der angeblich mit 19 Jahren in Krakau eine Approbation als Dr. med. erhalten hat, tritt mit Erfolg ins Zivilleben ein. Als Freiherr von Kubitza-Birkental ist er zunächst auch Diplom-Ingenieur.
Die Fachprüfung nimmt er sich selber ab und stellt sich glänzende Zeugnisse über seine praktische Tätigkeit aus. Von da an ist alles gefälscht, was ihm unter die Finger kommt – sogar sein Geburtsdatum. Er geht im Juli 1946 als Medizinalpraktikant nach Fürstenzell, bis das Gesundheitsamt seine mangelhaften Kenntnisse beanstandet. Das hindert ihn aber nicht, dass er seine Niederlassung in Kirchham im Rottal betreibt und dort die Kassenzulassung als praktischer Arzt und Geburtshelfer erlangt.
Seine Frau Hedwig kam am 8. Juni 1946 mit ihren zwei Kindern nach Passau, wo ihr Mann sie gerufen hatte, obwohl er damals bereits ein intimes Verhältnis mit einer Frau Köhler unterhielt. Er sagte, dass er ein geregeltes Leben mit seiner Frau beginnen wolle. Diese war aber geschlechtskrank, so dass diese Beziehung ein frühes Ende fand und so kehrte er in die offenen Arme seiner Geliebten zurück. Damit begann der Streit der Rivalinnen, der mit dem tragischen Ende seiner Frau abschloss.
Dann kam der 21. Januar 1947: Kubitza verbreitet das Gerücht, dass seine Frau in die russische Zone heimkehren werde. Es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung im Schlafzimmer der Kubitzas. Die beiden Kinder schlafen bereits in der Küche. Der Disput entspinnt sich aufgrund der Frage, ob Frau Kubitza mit nach Kirchham gehen wolle. Merkwürdig bleibt in diesem Zusammenhang, dass Kubitza bei einem früheren Besuch in Kirchham seine Geliebte als seine Frau vorgestellt hatte. Kubitzas Ehepartnerin weigerte sich angeblich und beschimpfte ihren Mann.
Er versuchte, die Tote zu zerstückeln
Es entsteht ein Geraufe. Kubitza traktiert seine Frau mit Faustschlägen ins Gesicht. Er hält ihr Mund und Nase zu, um sie am Schreien zu hindern und schließlich erwürgt er sie, nachdem er vorher mit einem Taschenmesser mehrmals auf sie eingestochen hat. Mit einem Uhrgewicht zertrümmert er ihr schließlich den Schädel. Am Tag nach der Tat brachte er die beiden sechs- und achtjährigen Kinder zu seiner Mutter nach Landsberg am Lech.
Nach einer Beweisaufnahme der Strafkammer des Landgerichtes Passau hält das Gericht am Freitag, 13. Juni 1947, in der Wohnung Kubitzas in Passau-Hacklberg einen Lokaltermin. Im Schlafzimmer steht eine Ottomane. Sie ist blutgetränkt. Die beiden Wände zeigen verwaschene Blutspuren. In diesem Zimmer lag die Leiche der Ermordeten drei Tage lang unter der Ottomane. Kubitza versuchte, die Tote hier zu zerstückeln, um sie in einen Koffer packen zu können. Es gelang ihm aber nicht, den Kopf abzutrennen. Das Taschenmesser wurde dabei verbogen und ein Rassiermesser brach ab. Die Zerteilung wurde dann auf dem Steinboden der Küche vorgenommen. Als Werkzeuge dienten dazu Beil, Säge und Messer.
Nach dem Gutachten des Sachverständigen sei die Tat eingangs im Affekt geschehen. Die Erwürgung aber, die mindestens zwei Minuten dauerte, habe dem Angeklagten Zeit genug gelassen, die Folgen seiner Tat zu überlegen. Er musste wissen, dass bei seiner Handlungsweise unbedingt der Tod seiner Frau entreten werde. Nach den Worten des vorsitzenden Richters hat Kubitza die Tötung seiner Frau aus minderwertigen Motiven und grausam ausgeführt. Das Urteil mit der Begründung lautete: „Der Angeklagte wird als Mörder seiner Frau Hedwig, geb. Neuber, mit dem Tode bestraft. Die bürgerlichen Eherechte werden ihm auf Lebenszeit aberkannt. Er trägt die gesamten Kosten des Verfahrens.“
„Nehmen sie mein Leben für das seine!“
Nach den Ausführungen des Gerichts liege die Erklärung für die Tat im Vorleben des Angeklagten. Seine Frau musste verschwinden, damit er sein Liebesverhältnis mit der Köhler fortsetzen konnte. Der Vorsitzende erörterte in diesem Zusammenhang die Frage der Mitschuld der Geliebten an dem Verbrechen. Kubitza habe vorsätzlich einen Menschen getötet. Er müsse deshalb nach Paragraph 211 des Strafgesetzbuches mit dem Tode bestraft werden.
Der Angeklagte nahm das Urteil anscheinend gefasst auf. Er weinte nur zu Beginn des Plädoyers seines Verteidigers, als dieser für die Kinder um das Leben ihres Vaters bittet. Nach Schluss der Verhandlung trat die Mutter des Verurteilten an den Richtertisch und sagte mit flehender Stimme: „Ich habe nur ihn aus dem Zusammenbruch gerettet und ich habe ihn unter meinem Herzen getragen. Nehmen sie mein Leben für das seine!“
Der Vorsitzende sprach gütige Worte zu der Verzweifelten. Der Fall Kubitza war zu Ende. Die Verteidigung hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Mörder Kubitza wurde noch am gleichen Tage in das Zuchthaus Straubing gebracht. Weiteren Recherchen zufolge wurde das gegen Dr. Kubitza verhängte Todesurteil nicht vollstreckt. Der Verurteilte verbüßte vielmehr eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Straubing.“
Franz Hartl/ da Hog’n
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