Waldkirchen/Passau. Die große Resonanz hat Initiator Andreas Tausch selbst etwas verwundert. Seine Online-Petition „Freies Waldkirchen – Wechsel in den Landkreis Passau“ hat nicht nur in Windeseile das erforderliche Quorum erreicht, sondern auch für Schlagzeilen in den hiesigen Medien sowie zahlreichen Diskussionen bei den Waidlern gesorgt. Eines wird bei der Lektüre der Unmengen an Kommentaren im World Wide Web zu diesem Thema immer deutlicher: Der Landkreis Passau ist definitiv das Land, in dem Milch und Honig fließen – ein Landstrich, der dem Paradies gleichzusetzen ist. Ein Blick in eine goldene Zukunft.
Es ist die Erlösung für Waldkirchen und sein Umland. Auf einen Sitz hat man sich aller Sorgen entledigt. Von jetzt auf gleich sind all die Probleme der Vergangenheit vergessen. Allen voran die leidige Krankenhaus-Diskussion. Seitdem Waldkirchen zum Landkreis Passau gehört, ist klar, dass die akutstationäre Versorgung erhalten bleibt. Und nicht nur das! Die Einrichtunge in Waldkirchen ist aufwendig renoviert worden, heißt nun „Dreiflüsse-Spital Waldkirchen“ – und erstreckt sich über den Stadtberg hinweg bis zur früheren „Monsterkreuzung“, die inzwischen durch eine Transrapid-Strecke (Non-Stop nach Passau in fünf Minuten) ersetzt worden ist. Statt der ursprünglich gedachten 15 Millionen Euro Sanierungskosten hat Passaus Landrat Franz Meyer weitere 120 Millionen locker gemacht, um in seinem neuen Hoheitsgebiet eine erste Duftmarke zu setzen (Zitat Meyer: „Mia ham’s ja!“) Das einzige Problem: Seitdem die Stadt den Landkreis Freyung-Grafenau verlassen hat, will in Waldkirchen einfach keiner mehr krank werden. Man könnte ja kostbar-paradiesische Lebens-Minuten verschwenden, die einem als Bürger des Landkreises Passau tagein tagaus beschert werden…
Wie herrlich schmeckt doch die Freiheit
Denn: Es ist ein wahres Privileg, im nördlichen Landkreis Passau zu wohnen. Nach der Übernahme durch die Passauer haben diese einen Solidaritätszuschlag für die Waldkirchener ins Leben gerufen, der dafür sorgen soll, dass auch letzte traumatische Überbleibsel der Freyung-Grafenauer „Schreckensherrschaft“ beseitigt werden. Die Vornamen „Sebastian“ und „Olaf“ sind unter Androhung eines lebenslangen Zuchthausaufenthalts verboten, Autos mit dem FRG-Kennzeichen werden gratis durch hochwertige Mittelklasse-Fahrzeuge ersetzt und mit der erlösendenden Buchstaben-Kombination „PA“ versehen. Es laufen Förder-Programme, um früheren Waldkirchener Bewohnern des Landkreises FRG ihre Eingliederung in die Passauer Gesellschaft zu erleichtern. Oftmals ein schwieriges Unterfangen – zu belastend war die Zeit im dunklen Freyung-Grafenau. Im weitum bekannten Waldkirchener Modehaus sind Designer-T-Shirts mit der Aufschrift „Wir sind das Volk!“ der absolute Verkaufsrenner. Im nahe gelegenen Café-Restaurant, direkt neben dem jetzigen Dreiflüsse-Dom gelegen, berauschen sich die Einwohner an frisch aus der Donau gezapften, mit erlesenen Schiffs-Öl verfeinertem Flusswasser. Wie herrlich doch die Freiheit schmeckt! Viva Batavia!
Der frühere Landrat ist ein Schatten seiner selbst
Etwas kritischer ist die Situation in der früheren „Boom-Town“ Freyung: Nach der gelungenen Abspaltung der „Boscheissa“ versammeln sich immer wieder zahlreiche Ur-Einwohner an der befestigten Mauer mit Stacheldraht und Selbstschussanlage bei Boxleitenmühle, die seit einiger Zeit Waldkirchen vor der FRG-Welt schützt. Seitdem die von der CSU geforderte Obergrenze durchgesetzt worden ist und nur noch fünf Freyunger pro Jahr in Waldkirchen aufgenommen werden, nimmt die Verzweiflung am Grillabach stetig zu. Aufgrund dieser Ereignisse ist der frühere Landrat Gruber ein Schatten seiner selbst – ergraut, mit dicker Nickelbrille, zu den Grünen „konvertiert“. Hilferufe gen München werden kategorisch abgeschmettert, der Stimmkreis „Passau-Ost“ ist einfach zu mächtig. Mit Wehmut erinnert sich der Landrat an hitzige Diskussionen über Waldkirchener Themen, an Unterschriftenaktionen und Demonstrationen. „Was war das doch für eine schöne Zeit damals“, hört man ihn immer wieder mantrahaft lamentieren – gefolgt von einem Seufzer und dem verzweifelten Ausruf: „Ausgerechnet Du, Heinz!“
Rottaler Bauernluft statt Böhmwind
Dinge, die das Waldkirchener Oberhaupt mittlerweile aus seinem Gedächtnis verbannt hat. Als zum Landkreises Passau gehöriger Stadtverwalter regiert es sich, nach der Lösung vom früheren Klassenfeind, einfach unbeschwerter. Nur zu gern spaziert er über den Marktplatz, reckt sein Näschen in die Luft, atmet tief durch – und vernimmt eine Prise Rottaler Bauernluft aus Südwest, anstelle des zapfig-kalten Böhmwinds. Fast zu schön, um wahr zu sein, sagt er zu sich selbst. Welch gute Idee war doch diese Online-Petition…
Anmerk. d. Redaktion: Alle Charaktere in diesen Zeilen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen rein zufällig.
Nix für ungut!
Helmut Weigerstorfer
Super geschrieben, Helmut – köstlich!
Das ist zwar lustig – aber gar nicht hilfreich. Waldkirchen ist ein wichtiges Element eines Landkreises der genug Probleme hat. Viele der Probleme wären leichter zu lösen, wenn man miteinander arbeitet und nicht gegeneinander. Da sind alle politisch aktiven im Landkreis gefordert. Und medial den Konflikt mit einer Satire (oder Polemik?) noch anzuheizen ist, wie gesagt, wenig hilfreich,