Viechtach/Deggendorf. Fast sieben Monate liegt der unschöne Vorfall in der Waldbahn, über den das Onlinemagazin da Hog’n damals als erstes Medium berichtete und der bundesweit für großes Aufsehen sorgte, nun zurück. Am 23. Februar hatte ein Zugbegleiter einen Asylbewerber auf der Strecke Zwiesel-Bodenmais unter Mithilfe zweier weiterer Fahrgäste auf recht rabiate Weise aus dem Zug geschmissen. Das Geschehen nahm ein Mitreisender, ein Zwieseler Gymnasiast, per Handykamera auf – das Video verbreitete sich in Windeseile in den sozialen Netzen.
Während an jenem Montag der Asylbewerber Hog’n-Informationen zufolge in Besitz eines gültigen und korrekt ausgefüllten Waldbahn-Tickets gewesen sein soll, äußerte sich die Pressestelle der Bahn einen Tag nach Bekanntwerden folgendermaßen zu dem Vorfall: Der Asylbewerber sei mehrmaligen Aufforderungen durch das Personal, das Ticket nach den Vorgaben der Bahn schriftlich zu vervollständigen, nicht nachgekommen – es habe sich letztlich um einen „erkennbar unleserlichen Eintrag“ gehandelt. Die Länderbahn, die für den Betrieb der Waldbahn-Strecke zwischen den beiden Orten im Landkreis Regen verantwortlich zeichnet, zeigte sich laut damaliger Pressemeldung schockiert – „dass es zur Eskalation kam, bedauern wir sehr.“
Der Sozial-Betreuer des jungen Senegalesen erstattete daraufhin, am 4. März, Anzeige gegen den Zugbegleiter wegen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung. Was folgte, waren umfangreiche Ermittlungen seitens der Bundespolizei, wie Kunigunde Schwaiberger von der Staatsanwaltschaft Deggendorf auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Diese hatte Mitte August Strafbefehl gegen den Zugbegleiter wegen Nötigung beantragt. Das zuständige Amtsgericht Viechtach hat nach Prüfung des Sachverhalts nun erlassen, dass der Zugbegleiter eine Geldstrafe in Höhe von 1.600 Euro zu leisten habe. Der Strafbefehl ist seit Mittwoch, 9. September, rechtskräftig.
Waldbahn-Zugbegleiter gilt als „nicht vorbestraft“
„Der Antrag der Staatsanwaltschaft stammt vom 14. August, der Strafbefehl ist am 21. August vom Amtsgericht erlassen worden“, informiert Staatsanwältin Schwaiberger auf Anfrage des Onlinemagazins da Hog’n. Nachdem der Befehl dem Beschuldigten zugestellt wurde, hatte dieser 14 Tage Zeit, Einspruch dagegen einzulegen – oder das Urteil des Amtsgerichts zu akzeptieren, weiß die Jurisitin zu berichten. „Wenn Einspruch eingelegt wird, kommt es zur Hauptverhandlung. Wenn nicht, ist er rechtskräftig“, bestätigt auch der Pressesprecher und stellvertende Direktor des Viechtacher Amtsgerichts, Markus Werrlein. Letzteres sei nun, nach dem Verstreichen der Frist, der Fall. Der Zugbegleiter hat die Geldstrafe somit akzeptiert.
Auf die Frage, ob der rabiate Zugbegleiter nun als vorbestraft gelte, antwortet Werrlein: „Das kommt immer auf die Höhe der Tagessätze an und ist davon abhängig, ob Vorstrafen vorhanden sind.“ Der Straftatbestand der Nötigung wird laut §240 StGB „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe“ geahndet. In besonders schweren Fällen (sexueller Missbrauch, Schwangerschaftsabbruch, Amtsmissbrauch) reiche das Strafmaß bis zu fünf Jahren.
Generell sei mit einem Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis erst ab einer Geldstrafenhöhe von 90 Tagessätzen bzw. 3 Monaten Freihheitsstrafe zu rechnen. Dies ist dem Pressesprecher zufolge hier nicht gegeben, der Zugbegleiter gelte daher als „nicht vorbestraft“. Das Verfahren sei mit dem Erlass des Strafbefehls und des Nicht-Einspruchs des Beschuldigten aus Sicht des Amtsgerichts juristisch betrachtet somit erledigt.
Auch Ermittlungen gegen Hog’n-Mitarbeiterin
Danach gefragt, ob die Dauer der Ermittlungen in einem für derlei Angelenheiten adäquaten Zeitrahmen liegen würden, erwidert Staatsanwältin Schwaiberger: „Es haben umfangreiche Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen durch die Bundespolizei Freyung in den vergangenen Monaten stattgefunden. Gegen die Ermittlungsdauer von fünf Monaten kann man überhaupt nichts sagen.“ Gerade in Anbetracht der Umstände, dass die Bundespolizei in jüngster Vergangenheit fast ausschließlich mit der momentanen Flüchtlingsproblematik konfrontiert ist, sei das Verfahren „zügig“ erfolgt. Außerdem waren weitere Ermittlungsverfahren Schwaiberger zufolge anhängig – man habe unter anderem auch überprüfen müssen, ob sich der betroffene Asylbewerber in einer Form strafbar gemacht haben könnte. Theoretisch hätte bei ihm „Leistungserschleichung“ vorliegen können. Das wäre dann der Fall gewesen, wenn er das Ticket nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hätte.
Zur Erklärung: Die Staatsanwaltschaft ist eine Ermittlungsbehörde – das heißt, sie muss von Amts wegen den ihr zugetragenen oder bekannt gewordenen Sachverhalt hinsichtlich Straftatbeständen überprüfen. Sie ermittelt Schwaiberger zufolge also nicht nur dann, wenn eine Anzeige vorliegt, sondern untersucht in jeglicher Richtung, ob der Sachverhalt strafrechtlich relevant ist – wie zum Beispiel in Bezug auf beteiligte Personen.
Auch gegen Hog’n-Mitarbeiterin Stephanie Probst wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, wie Kundigunde Schwaiberger unserem Magazin gegenüber bereits Ende Juli bestätigte – wegen „Verletzung des Kunsturheberrechtsgesetzes„. Die Anzeige kam von Seiten des Waldbahn-Zugbegleiters, der seine Persönlichkeitsrechte durch das Video verletzt sah. „Die Ermittlungen sind eingestellt worden, da kein begründeter Tatverdacht besteht“, so die Staatsanwältin.
(Mit einer Stellungnahme zum Strafbefehl-Erlass seitens der Länderbahn dürfe da Hog’n bis Anfang nächster Woche rechnen, wie Pressesprecherin Christine Hecht auf Anfrage mitteilt. Der Sozial-Betreuer des Asylbewerbers möchte sich zum Thema nicht äußern.)
Stephan Hörhammer
Zum Thema:
Wieviel Tagessätze hat denn der Zugbegleiter bekommen? Denn nur die Zahl der Tagessätze lässt einen Rückschluss zu, wie hart oder sanft er bestraft wurde…
Es soll auch hierzulande Obdachlose geben, die beklagen, daß die Einwanderer Handy`s, Unterkunft und Verpflegung erhalten.
Sie sollten lieber eine Waffe erhalten, daß wenigstens sie sich gegen staatliche Willkür wehren können.
Leider kann man im Artikel nicht erkennen, worin die Nötigung als Grund für den Strafbefehl lag.
Anderenorts kann man nachlesen, daß die Fahrkarte tatsächlich ungültig war. Damit besteht kein Anspruch auf Beförderung, der Fahrgast durfte somit von der Beförderung ausgeschlossen werden.
Sah das Gericht die Art der Durchsetzung des Hausrechts als rechtswidrig an oder lagen evtl. andere Gründe vor, die es dem Schaffner verboten haben, den Fahrgast rauszuwerfen?
Ein entsprechendes Update des Artikels zu den Entscheidungsgründen wäre nicht nur hilfreich, sondern gerade wegen der sehr hohen Wellen, die der Fall damals geschlagen hatte unbedingt notwendig.
Ja, wir sind dran.
Auch wir haben mehrere Fragen, die wir noch gerne geklärt haben möchten.
da Hog’n
Prima. Zumal man auch immer bedenken muß, daß ein Strafbefehl anders als eine Gerichtsurteil nach einer Hauptverhandlung nicht immer den eindeutigen Schluss zulässt, daß der vorgeworfene Sachverhalt tatsächlich so stattgefunden hat. Ein Strafbefehl kann auch zum Tragen kommen, wenn der Beschuldigte aus persönlichen Gründen den Streitfall nicht weiter verfolgen wollte oder finanziell nicht dazu in der Lage war.