Leopoldsreut. Und plötzlich wird die Vergangenheit wieder zur Gegenwart. Die Geschichte des verlassenen Dorfes Leopoldsreut („Sandhaisan„) ist mittlerweile weitum bekannt. Peter Hofer – Enkel der gebürtigen Leopoldsreuterin Stilla Moritz – hat mit „Leopoldsreut – das verschwundene Dorf“ ein Buch veröffentlicht, das weitere Fragen rund um das frühere Bayerwald-Dorf beantwortet. Wie und unter welchen Umständen ist es zur Besiedelung gekommen? Wovon haben die Menschen gelebt und wie hat sich das Dorf wirtschaftlich entwickelt? Wir haben mit dem Autor über sein Werk, über seine Verbindung zu Sandhaisan und über seine Oma gesprochen.
Peter, wie ist es zum Buch „Leopoldsreut – das verschwundene Dorf“ gekommen?
Vor etwa sieben Jahren habe ich anlässlich des 80. Geburtstags meiner Oma, die in Leopoldsreut geboren und dort aufgewachsen ist, einen Film gemacht. Zunächst war dieser nur für den Privatgebrauch gedacht, aber das Interesse daran war so groß, dass ich den Film auch zweimal öffentlich gezeigt habe. Einmal in Hinterschmiding und noch ein weiteres Mal vor Ort in Leopoldsreut – das war mitunter ein Entstehungsmoment der Leopoldsreuter Festspiele. Jahre später habe ich noch eine Bilderausstellung im HNKKJ-Waldkirchen gemacht, bei der dann von vielen Seiten die Bitte an mich herangetragen wurde, das umfangreiche Bildmaterial doch einmal zu veröffentlichen.
Insgesamt arbeitete Peter Hofer sieben Jahre am Buch
Was ist im Buch dargestellt?
Das Buch behandelt inhaltlich zunächst einmal die Entstehung des Dorfes: Wie und unter welchen Umständen ist es zur Besiedelung gekommen? Wovon haben die Menschen gelebt und wie hat sich das Dorf wirtschaftlich entwickelt? Dargestellt werden auch die Geschichte der St.-Nepomuk-Kirche und der Leopoldsreuter Schule, sowie das Dorfleben und die extremen Verhältnisse im Winter. Ein besonders spannendes und zudem heikles Kapitel beschäftigt sich schließlich mit dem Verlauf des Niedergangs, mit den Ursachen der Abwanderung und dabei auch speziell mit der Rolle des Staatsforstes.
Wie viel Arbeit steckt in Deinem Werk?
Die Arbeit erstreckt sich im Grunde genommen über einen Zeitraum von sieben Jahren. In dieser Zeit habe ich viele Zeitzeugen interviewt, alte Zeitungsartikel ausfindig gemacht, Bilder recherchiert, gesichtet und archiviert – und mich natürlich in Geschichtsliteratur eingelesen. Ein besonderes Anliegen war mir aber auch, dass dieses Buch ein hochwertiges Layout bekommt. Es sollte ein Buch werden, das man gerne zur Hand nimmt und das einen auch optisch anspricht. Deswegen habe ich wochenlang an einem modernen und runden Grafikdesign gefeilt. Viel Zeit nimmt dann nochmal das Lektorat und die ganze Druckvorbereitung und -abwicklung in Anspruch. Aber da habe ich mit dem Lichtland-Verlag ja einen äußerst kompetenten und sehr professionell arbeitenden Partner gehabt.
„Sie war häufig in ihrem alten Heimatdorf“
Welche Verbindung hast Du persönlich zu „Sandhaisan“?
Die entscheidende Verbindung zu dem Dorf ist meine Oma Stilla Moritz. Geboren ist sie 1927 in Leopoldsreut oder „Sandhaisan“, wie es im Volksmund auch heißt. Mit 20 Jahren hat sie ihren Mann Ludwig geheiratet und ist deshalb nach Herzogsreut gezogen. Ihre Eltern und Geschwister blieben jedoch bis zum Schluss dort oben.
Aber selbst nach dem Abriss der letzten Häuser war sie häufig in ihrem alten Heimatdorf – vor allem zum Schwarzbeer und Schwammerl suchen. Uns Enkel hat sie dabei oft mitgenommen und uns erzählt, wie es dort früher war, wo ihr Elternhaus, der Wirtsmauthnerhof, gestanden ist und wo der alte Keller noch zu finden ist. Meine Oma war für die Aufarbeitung des Themas von entscheidender Bedeutung, weil sie noch Menschen auf alten Fotos identifizieren kann und sich an den Zeitraum erinnern kann, an dem die Dorfstruktur noch halbwegs intakt war. Unabhängig davon, dass meine Vorfahren seit dem 17. Jahrhundert in Leopoldsreut gelebt haben, ist das Dorf für mich als Naturliebhaber Sommer wie Winter einfach ein wunderschönes Plätzchen, in einer herrlichen Gegend, wo ich zu Ruhe und Einkehr finden kann.
Woher hast Du das Bildmaterial und die vielen Geschichten?
Ein Großteil des Materials sind Bilder meiner Oma, die sie vom Leopoldsreuter Lehrer Nikolaus Madl und vom früheren Landrat Franz Schumertl bekommen hat. Durch zahlreiche Recherchen konnte ich zudem immer wieder Menschen ausfindig machen, deren Vorfahren früher in Leopoldsreut gewohnt haben und die noch einzelne Fotos hatten, die sie mir zur Verfügung gestellt haben. Ein weiterer wichtiger Fundus war neben dem Hinterschmidinger Gemeindearchiv das Archiv eines Münchener Geographie-Professors, der in den 30er-Jahren in Leopoldsreut geforscht hat. Die Geschichten hingegen stammen entweder von den Zeitzeugen selbst, wurden von Nachkommen tradiert oder sind aus verschiedenartigen Veröffentlichungen entnommen.
Peter, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen und weiterhin alles Gute.
Interview: Helmut Weigerstorfer