Der Mob ist leicht zu reizen. Häufig genügt ein Signalwort: Asyl. Als jüngst die Passauer Neue Presse auf Facebook einen Text mit der Überschrift „Asylbewerber in Dingolfing im Hungerstreik“ veröffentlichte, überrollte die Kommentarspalte innerhalb kurzer Zeit eine Welle aus Hass, abfälligen Bemerkungen und offen zur Schau gestelltem Rassismus. Bei Facebook mehr als 260 – auf der PNP-Homepage folgen nochmals knapp 50.
Beliebtester Kommentar: „Solln wieder zurück in ihr Land wenns meinen bei uns streiken zu müssen. Wahnsinn…“, schreibt Wolfgang H., der dafür mehr als 60 Likes bekam. Den zweiten Platz machte eine längere Abhandlung, die vor Neid und populistischem Halbwissen nur so triefte und mit den Worten schließt: „Ich würd sagen wenn es jemanden nicht passt, es wird keiner gezwungen hier zu bleiben. Führ du dich mal im Ausland so auf, die werfen dich hochkantig raus“, kommentiert Angelika M., mehr als 30 Personen pflichten ihr bei.
Der Hassanfall am Frühstückstisch
Die Anzahl der Semmelbrösel, die beim frühmorgendlichen Hassanfall aus den geifernden Mündern zwischen die Tasten gefallen sein müssen, werden den Gehirnzellen entsprochen haben, die die Kommentatoren für ihre gar so ausgefeilte Argumentation brauchten. Die überwiegende Mehrheit davon zeugt von einer Feindlichkeit gegenüber Flüchtlingen, Fremden und Schwachen, die schwer an die Angriffe auf Asylsuchende in Rostock und Hoyerswerda Anfang der 90er Jahre erinnern. Damals haben Beobachter applaudiert und die Situation weiter angeheizt. Das ist keine latente Fremdenfeindlichkeit mehr, das ist Rassismus in Reinform.
Solche verbalen Angriffe sind leider keine Ausnahme: Soziale Netzwerke und Kommentarspalten quillen über vor Ausländerhass und rechtspopulistischem Gedankenabfall – und das sind nur die Kommentare, die ohnehin nicht schon gelöscht wurden. Prädestiniert dafür sind alle Themen, die sich mit den Rechten von Minderheiten befassen, egal ob Flüchtlinge, Homosexuelle oder Muslime: Ausgrenzung als Form der eigenen Unsicherheit, mit Menschen abseits der Norm umzugehen.
„Die digitale Pest schlägt Hassbeulen“ – Was tun?
Durch ihre zahlenmäßige Oberhand suggerieren die Hetzer eine gesellschaftliche Akzeptanz, die sie nicht haben. Ihnen ist die Tragweite ihres Handelns vermutlich nicht einmal bewusst, wie sie lemmingartig das Aufgeschnappte einfach wiederkauen, ohne zu hinterfragen. Doch was dagegen tun? In den Kommentaren dagegenhalten? Ignorieren? Hoffen, dass die Drohungen virtuell bleiben? „Was ist die Kommentarfunktion bei Zeitungsartikeln und Blogbeiträgen wert, wenn darunter eine digitale Pest Hassbeulen schlägt?“, fragt Sascha Lobo bei Spiegel Online.
Und es stellt sich die Frage, wer die größeren Feiglinge sind: Die, die keine Hemmungen haben, ihre Kommentare an der Grenze zur Legalität abzusondern? Oder die, die durch ihre Likes die Hetzer in ihrem verblendetem Hass auch noch bestätigen? Wohin mit dem Hass?
Kommentar: Katharina Brunner
Flüchtlinge in Deutschland: Willkommen in der Fremde
Aus Schlagworten werden Brandsätze