Wir können nicht gehen, solange kein Frieden hier herrscht
Manche meiner Freunde fragen mich, warum ich mich erneut freiwillig für einen Einsatz in Afghanistan melde. Nun: Das Geld ist es bestimmt nicht, wie manche denken und uns Soldaten vorhalten. Für mich ist es immer noch die Überzeugung, dass Deutschland 2001 dem afghanischen Volk ein Versprechen gegeben hat. Ein Versprechen zur Hilfe und Unterstützung. Es ist die die Überzeugung und das Wissen, dass es uns daheim sehr gut geht, wir aber nicht allein auf der Welt sind. In unserem Grundgesetz steht auf der ersten Seite geschrieben, dass wir „vom Willen beseelt sind in einem vereinten Europa dem Frieden in der Welt zu dienen“. Wir haben eine Mission auf dem Balkan begonnen – und sind hier in Afghanistan ebenfalls noch mittendrin. Wir können nicht gehen, bevor wir nicht eine Situation herbeigeführt haben, in der der Frieden und die Freiheit der Afghanen unumkehrbar sind. Das einstige West-Deutschland behielt seine Freiheit auch nur deshalb, weil mehr als 45 Jahre die Alliierten in Deutschland präsent waren. Im Falle Afghanistans setzen sich mehr als 50 Staaten für ein gemeinsames Ziel ein.
Wir könnten das Land sicherlich schneller verlassen, wenn neben Vereinen wie Lachen Helfen oder Kinderberg International noch weitere Firmen, Kliniken, Schulen und Städte Partnerschaften mit Afghanistan eingehen würden. Es gibt so viele Möglichkeiten. Die Deutschen und alle anderen Nationen werden, wenn sie sich angemessen und respektvoll verhalten, mit offenen Armen von den Afghanen empfangen. Nur wirtschaftliche Entwicklung wird langfristig dazu führen, dass die Menschen hier in Frieden leben können. Dass sie etwas zu verlieren haben und deshalb auf Gewalt verzichten werden.
Mein Traum: Meiner Familie ein freies Afghanistan zu zeigen
Der Einsatz hier ist auch mein persönlicher Beitrag etwas Gutes zu bewirken: In meiner Freizeit kümmere ich mich um ein Hilfsprojekt des Vereins Lachen Helfen. Dabei versuche ich gemeinsam mit Freunden das Waisenhaus in Kunduz mit derzeit 110 Buben und Mädchen zu unterstützen, den Kindern dort eine Freude und eine Zukunftsperspektive zu bieten. Neben dem Sammeln von Sachspenden planen wir die Integration einer Ausbildungsschneiderei, den Bau einer Straße und die Vorbereitung der Heizung auf den nächsten Winter.
Ich hoffe, dass die Bundeswehr-Stützpunkte in Mazar-e Sharif und Kunduz mit ihren Kliniken erhalten bleiben, um privates und wirtschaftliches Engagement aus Deutschland und anderen Ländern in diesen Regionen weiterhin zu unterstützen. Ich hoffe auch, dass der diplomatische Druck gegen korrupte Strömungen und gegen Pakistan erhöht wird, damit dort die Führer der Terrororganisationen endlich unschädlich gemacht werden. Die gesamte Steuerung der Gewalttaten geht von Pakistan aus.
Mein Traum ist es, dass ich in zehn oder zwanzig Jahren mit meiner Familie ein freies Land bereisen kann; dass ich meinen Kindern und meiner Frau unbeschwert die Schönheit der Bauwerke, der Landschaft, der Dörfer und Städte zeigen kann; dass ich mich frei und ohne Uniform durch die Straßen bewegen und die Kinder in den vielen, mit Hilfe aus Deutschland gebauten Schulen besuchen kann.“
(Dieser Bericht spiegelt ausschließlich die persönliche Meinung von Sebastian wider – und ist nicht mit der Bundeswehr abgestimmt. Auf seinen Wunsch haben wir auf den Familiennamen verzichtet – aus Gründen der Sicherheit)