Freyung-Grafenau. Und plötzlich ist die eigene Frau oder der Sohn ein Unbekannter. Plötzlich ist das gewohnte Umfeld eine vollkommen fremde Welt. Immer mehr Menschen erkranken an Demenz, eine degenerativen Erkrankung des Hirns. Wir haben mit Silvia Wagner-Meier vom Hospizverein im Landkreis Freyung-Grafenau e.V. über die Volkskrankheit gesprochen. Sie erklärt, wie Anzeichen einer beginnenden Demenz wahrgenommen werden können – und wie das Leben Demenzkranker leichter gestaltet werden kann.
Demenz ist „ein chronisch fortschreitender Hirnabbau“
Frau Wagner-Meier, was genau ist Demenz?
Das Wort kommt aus dem Lateinischen, und setzt sich wie folgt zusammen: „de“ – die Abwesenheit, „mens“ – Denkvermögen, Verstand. Allgemein versteht man darunter einen meist chronisch fortschreitenden Hirnabbau mit Verlust früherer Denkfähigkeiten, die zum Verlust der Selbständigkeit im Alltag führt. Demenz ist der Überbegriff für all jene Krankheitsbilder, die mit einem irreversiblen Verlust der Hirnleitungsfähigkeit einhergehen. Es gibt verschiedene Merkmale für diese Krankheit. Da gibt es die kognitiven Störungen, also Erinnern, Orientieren, Erkennen, Sprechen, Handeln und Denken. Außerdem sind bei den Betroffenen Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen erkennbar. Es lassen sich zudem Veränderungen beim Empfinden, also Trauer, Wut, Angst, Missgunst und Verzweiflung, und beim Verhalten wie Umherlaufen, Schreien und Klammern beobachten. Dazu kommen noch körperliche Störungen, das heißt Gang-, Appetit- und Schluckstörungen, Störungen der Körperhaltung, Steifheit und Inkontinenz.
Wie können Angehörige möglicherweise Anzeichen einer beginnenden Demenz wahrnehmen?
Die Symptome einer Demenz sind individuell ausgeprägt und häufig werden sie von den Betroffenen länger verheimlicht. Es gibt aber einige Anzeichen, die eventuell Aufschluss auf eine Erkrankung geben können: Vernachlässigung sozialer Kontakte; Antriebsschwäche; mangelnde Motivation; Vergessen von kurz zurückliegenden Ereignissen; Schwierigkeiten, sich in vertrauter Umgebung zurechtzufinden; Schwierigkeiten beim Treffen von Entscheidungen; Gefühle der Überforderung. Die Diagnose „Demenz“ sollte durch einen Facharzt gestellt werden. Dieser kann andere Erkrankungen ausschließen.
Wie gehen Angehörige mit einem Demenzerkrankten am besten um?
Meine Tipps: Schalten Sie Geräuschquellen aus, seien Sie sich Ihrer Gefühle bewusst. Nehmen Sie Blickkontakt auf – Augenkontakt herstellen – eventuell in die Hocke gehen, sprechen Sie einfache und kurze Sätze, unterstützen Sie Ihre Worte durch Gesten, gegebenenfalls durch Körperkontakt, sprechen Sie langsam und deutlich, reden Sie nicht zu laut, geben Sie dem Kranken genug Zeit zum Antworten, erkennen und verstärken Sie verbliebene Fähigkeiten, Interesse zeigen, Akzeptanz – nicht korrigieren, vermeiden Sie fruchtlose Diskussionen, verwenden Sie kleine Alltagshilfen wie Gedächtnisstützen beispielsweise farbige Bilder oder Listen, Telefonnummern gut sichtbar aufhängen. Versetzen Sie sich in die Wahrheit des Betroffenen, besuchen Sie die erkrankte Person in ihrer Welt anstatt sie in Ihre Welt der Wahrheit zurückzuholen.
„Bis 2050 ist mit einer Verdoppelung der Krankheitsfälle zu rechnen“
Wie lässt sich das Leben von Demenzerkrankten leichter gestalten?
Einige Tipps habe ich bereits bei der vorherigen Frage beantwortet. Wichtig sind auch: Möglichst feste Bezugsperson, übersichtliche Raumgestaltung, strukturierter Tagesablauf, Orientierungshilfen wie Kalender und Uhr, Mitbringen persönlicher Gegenstände, „Natürliche“ Beschäftigungen, Menschliche Zuwendung, Inanspruchnahme von Entlastungsangeboten für Angehörige von Demenzerkrankten wie Gesprächskreise und Beratungsgruppen oder Tagesbetreuung.
Warum scheint die Zahl an Demenzerkrankten stetig zu steigen?
Die Häufigkeit ist altersabhängig. Da die Zahl der alten Menschen weiterhin zunehmen wird, ist bis zum Jahr 2050 mindestens mit einer Verdoppelung der Krankheitsfälle zu rechnen. Demenz geht uns alle an. Wir sind alle potenziell Betroffene.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Helmut Weigerstofer
_________
Weitere Informationen unter bmg.bund.de und deutsche-alzheimer.de und integrative-validation.de
Ich stimme Silvia Wagner-Meier voll und ganz zu wenn sie sagt, dass Demenz uns alle etwas angeht, denn wie sind alle potentielle Betroffene. Es gibt natürlich Möglichkeiten sich geistig fit zu halten auch im Alter, aber ganz sicher ist mit vor der Krankheit Demenz nicht.