Passau/Freyung. Nachbarn aus dem Haus in Freyung, in dem Lisa H. (20) wohnte und auch starb, ihre Tante und Taufpatin sowie eine DNS-Gutachterin vom Landeskriminalamt (LKA) sind am Freitag, dem vierten Tag im Mordprozess gegen Dominik R. (23), im Landgericht Passau zu Wort gekommen. Der arbeitslose Bauhelfer und Fitnesstrainer soll laut Staatsanwalt „wohl am 27. Oktober 2016 aus Verlustängsten und Eifersucht“ seine Freundin Lisa in der einst gemeinsamen Wohnung „mit heftigen Stichen“ getötet haben. Die Getötete wurde erst Tage später gefunden: Sie war in einer Kaminnische in der Wohnung versteckt. Der gemeinsame Sohn (heute zwei Jahre alt) wie auch der Kindsvater waren verschwunden. Dominik R. wurde am 19. November in Spanien in einem Hotel festgenommen und am 1. Dezember nach Deutschland ausgeliefert. Der kleine Bub ist bei den Hinterbliebenen (da Hog’n berichtete).
Nach den am Freitag gehörten Zeugen wird das Todesdatum aus der Anklageschrift (27.10.2016), das Dominik R. sich neben Lisa H.s Geburtsdatum (20.07.1996) sowie „Danke für Alles“ auf Spanisch („Gracias por todo“) auf den linken Oberarm stechen ließ, immer wahrscheinlicher: An jenem Tag war Lisa H.s Tante (35) abends in Freyung unterwegs. Sie sah vom Auto aus gegen 19.10 Uhr Dominik H. mit dem kleinen Buben und einer Wickeltasche vor Lisa H.s Wohnhaus. „Es war eine untypische Zeit. Ich fragte mich gleich: Wo ist Lisa?“ Die sei sonst immer dabei gewesen, „ließ ihr Kind nie allein. Ich wollte stehen bleiben, bin dann aber weitergefahren“.
„Sie war a ganz a Ruhige, sehr Freundliche und Zuverlässige“
Nachbarn aus dem Wohnhaus, in dem die Polizei Anfang November zunächst vergeblich nach der vermisst gemeldeten Lisa H. gesucht hatte und in dem die Mutter ihre zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Tage tote Tochter am 12. November entdeckte, haben sie „zuletzt am 26. oder 27. Oktober gesehen“, sagte ein Polizist aus. Danach waren die Bewohner nur noch Dominik R. allein oder mit Kind begegnet.
Dann war auch er weg. Lisa H. und Dominik R. bezogen die gemeinsame Wohnung im April 2016. Im Sommer hatte Lisa H. den Angeklagten hinausgeworfen, sich Anfang Oktober wieder mit ihm versöhnt, dann aber bald erneut von ihm getrennt. Nachbarn hatten die beiden oft laut streiten hören – durch Wände oder im Treppenhaus. Doch Dominik R.s neue Vermieterin eines Appartements im Freyunger Ortsteil Geyersberg zum 1. November 2016 wusste, dass das Paar sich getrennt hatte, lernte bei der vorausgegangenen Wohnungsbesichtigung jedoch eine heile Familie kennen. Zur Schlüsselübergabe war es bis zu R.s Flucht nach Spanien nicht gekommen, da die Kaution noch nicht hinterlegt war.
Anfang November vermisste auch eine Frau (39) aus Hohenau die getötete Lisa H. Die junge Freyungerin hatte etwa alle zwei Wochen bei ihr geputzt: „Sie war a ganz a Ruhige, sehr Freundliche und Zuverlässige“, sagte sie vor Gericht aus. Die Putztermine hatten beide Frauen immer am Handy vereinbart. Ganz untypisch hätte Lisa H. bei einer Anfrage für Anfang November nur mit „müsste klappen“ geantwortet. „Irgendwas hat sie, habe ich mir da gedacht.“ Die Handy-Kommunikation stockte, am 11. November kam erneut ein „müsste klappen“ – dann nichts mehr.
Was aber sind die DNS-Treffer der Gutachterin wert?
Alle im Gerichtssaal ahnen, warum: Lisa H. war längst tot. Folie, Klebeband und Kabel, womit der Leichnam verpackt worden war, wurden von einer DNS-Spezialistin auf genetische Fingerabdrücke untersucht. Genauso wie der Stoff der blutgetränkten Bettmatratze sowie zwei Scheren, die im Schlafzimmer, dem mutmaßlichen Tatort, auf der Fensterbank gelegen hatten.
Was aber sind die DNS-Treffer wert, die die Expertin für Dominik R wie auch für Lisa H. mit billiardenfacher Sicherheit festgestellt hat? Beide haben monatelang in dieser Wohnung mit diesem Mobiliar gelebt. Selbst Genspuren R.s auf der Klebeseite des Verpackungsbandes wären nur relative Beweise: Dafür reicht, sagt die Gutachterin auf Nachfrage des Richters, dass R. die Folie unter dem Klebeband irgendwann einmal angefasst hat.
Nicht anders dürfen ihre Aussagen über die Scheren gewertet werden: Die eine ist grün, die andere schwarz. Auf den Klingen der grünen Schere waren rotbräunliche Anhaftungen. Menschliches Blut, wie die Tests der Gutachterin ergaben – Lisa H.s Blut. Also die Mordwaffe? Möglich – muss aber nicht: Da sich Lisa H. ja auch irgendwann an der Schere verletzen haben könnte – oder ihr Blut aus anderen Gründen an die Schere gelangt war.
Nächster Prozesstermin ist der 13. Oktober.
da Hog’n