Regen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs standen die Siegermächte vor einem massiven Problem: Wohin mit den Millionen von Menschen, die ohne Wohnsitz durch Europa streifen? Wohin mit den ehemaligen Zwangsarbeitern und KZ-Insassen, mit den vielen jüdischen Flüchtlingen, die unter der Nazi-Herrschaft alles verloren hatten?
Als Zwischenlösung richtete man in ganz Europa sogenannte DP-Lager ein. Die Abkürzung „DP“ steht für „Displaced Persons“, was übersetzte werden kann mit: „Personen, die nicht an diesem Ort beheimatet sind“. In den DP-Lagern, die von den alliierten Streitkräften eingerichtet wurden, fanden die Heimatlosen für gewisse Zeit eine Unterkunft. Ziel war es, die Menschen hier so lange zu beherbergen, bis sie eine neue Heimat gefunden hatten oder zurück in ihre Herkunftsländer kehren konnten.
Kaum noch Informationen vorhanden
In Niederbayern gab es 1946 insgesamt sechs DP-Lager sowie dreizehn DP-Gemeinden, in denen mehr als 16.000 Juden untergebracht waren. Auch in Regen existierte eine Gemeinde mit jüdischen Displaced Persons. Der Verwaltungssitz dieser DP-Gemeinde befand sich im Landhaus „Anna“ in der Bahnhofstraße (heute in Privatbesitz). Als Vorsitzende fungierten Samuel Gottlieb und David Grüngras. Eröffnet wurde das Lager 1945, beherbergt wurden dort 80 jüdische Holocaust-Überlebende. In den folgenden Jahren bis zur Schließung 1948 zählte man zwischen 37 und 57 Bewohner.
Nur wenig ist heute bekannt über das ehemalige DP-Camp in Regen. Selbst Einheimische wissen kaum mehr, dass in der Kreisstadt einmal eine Auffangstätte für Opfer des Nationalsozialismus gewesen ist. Anders als im größeren Camp im benachbarten Deggendorf gab es hier keine Bettstube oder Schulen – dafür war die Anzahl der Bewohner zu gering. Doch es kam – trotz allem Elend – auch zu freudigen Ereignissen, wie etwa eine jüdische Dreifachhochzeit im Oktober 1945.
Die Existenz von DP-Lagern wurde in Bayern oft verdrängt. Kaum einer wollte oder konnte sich noch daran erinnern. Ein Problem war wohl auch, dass die Lager unter Verwaltung der Vereinten Nationen, der amerikanischen Militärregierung sowie jüdischen Hilfsorganisationen stand und deutsche Behörden damit kaum in Berührung gekommen sind. Unterlagen zu den Camps sind in deutschen Archiven kaum vorhanden.
Bedeutung der Erinnerungskultur
Trotzdem: Sich daran zu erinnern, dass in Regen einst Menschen Sicherheit und Unterkunft fanden, die die Schrecken des Holocaust überlebt hatten, ist es allemal wert. Besonders in diesen Tagen…
Sabine Hamberger
–> weitere Infos:
Quellenangaben/Recherche: Archiv Helmut Fink, Regen; United States Holocaust Memorial Museum, Washington