Passau/Schönbrunn am Lusen. Es war ein Gefühl, als wäre Rosmarie Weber (im übertragenen Sinne) vom Blitz getroffen worden, nachdem sie den Stromzähler abgelesen hatte und die dazugehörige Rechnung ins Haus flatterte. „Erst dachte ich, der Stromzähler wäre nicht in Ordnung und habe deshalb die Stadtwerke kontaktiert.“ Dann stellte sich mehr und mehr heraus, dass die gerade installierte Wärmepumpe Grund allen Kostenübels im Haus der Passauer Stadträtin, Vorsitzenden der Europäische Wochen und Rechtsanwältin ist. Die 65-Jährige scheint somit zum Sinnbild für die allgemeine Anti-Haltung zur Kraftwärmemaschine geworden zu sein, die derzeit in aller Munde ist.

Kleiner Kasten, große Technik – viel Gesprächsstoff: Die Wärmepumpe steht derzeit im diskursiven Mittelpunkt wie wohl noch nie ein Heizsystem zuvor. Foto: HarmvdB/pixabay.com
Es ist wohl selten so hitzig diskutiert worden über ein Heizsystem wie über die Wärmepumpe, das die Bundesregierung in Zuge des Gebäudeenergiegesetzes auf den Weg bringen will. Die Ampel-Koalition möchte damit für mehr Klimaschutz in Gebäuden sorgen. Den aktuellen Plänen zufolge soll ab 2024 jede neu installierte Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Ökoenergie betrieben werden – u.a. Wärmepumpen zählen dazu. Diese Vorschriften – befeuert durch die zunehmende Anti-Grünen-Stimmung im Lande – heizen die Gemüter auf. Vor allem in den sog. Sozialen Medien ist die Wärmepumpe inzwischen zum großen Feindbild geworden. Es gibt dazu offenbar nur noch Schwarz oder Weiß. Wobei hier – wie so oft – ein Mittelweg angebracht wäre.
Ende Oktober bis 14. Februar: 6.000 KW Strom
Das betont auch Rosmarie Weber – trotz oder vielleicht sogar wegen ihrer persönlichen Negativ-Erfahrung. „Generell betrachte ich eine Wärmepumpe für moderne Gebäude als umweltfreundliche und gute Wärmequelle. Hierzu habe ich auch schon positive Rückmeldungen aus dem eigenen Umfeld erhalten.“ Aufgrund dessen hatte sie sich dazu entschieden, ihr 1989 errichtetes Wohnhaus entsprechend umzurüsten. Ende 2022 wurden die Pläne dann in die Tat umgesetzt. Rosmarie Weber fühlte sich wohl mit ihrem Entschluss – auch und vor allem, weil sie mit dieser damit ihren Teil dazu beigetragen hat, die Umwelt zu schützen.

Rosmarie Weber ist Passauer Stadträtin, Vorsitzende der Europäischen Wochen, Rechtsanwältin – und gebeutelte Wärmepumpen-Besitzerin. Foto: Weber
Dann allerdings die Bruchlandung des ökologischen Höhenfluges: Von Ende Oktober bis 14. Februar hatten Rosmarie Weber und ihr Mann über 6.000 KW Strom verbraucht. Ein enorm hoher Wert für ein Einfamilienhaus. „Dies war deshalb für mich so erschreckend, weil wir während dieser Zeit knapp drei Wochen nicht zu Hause waren und somit kaum ein anderweitiger Stromverbrauch angefallen sein konnte, ebenfalls kein Verbrauch von Warmwasser.“ Die erste Vorahnung wurde nach Rücksprache mit der Heizungsfirma der Webers, die daraufhin verschiedene Tests durchgeführt hatte, Realität. „Unter anderem auch mit der Folge, dass wir zwei Tage nur 17 Grad in der Wohnung hatten und es nur lauwarmes Wasser gab. Und dennoch konnten wir keine deutlichen Einsparungen erzielen.“
„Ich rate nicht generell von Wärmepumpen ab“
Nachdem sich weiterhin auch eine funktionierende Gasheizung im Haus befindet, sei die Heizung inzwischen so eingestellt worden, dass die Wärmepumpe erst im rentablen Bereich ihre Arbeit aufnimmt. „Bei Minusgraden schaltet sich die Gasheizung ein. Über den Sommer nutzen wir die Wärmepumpe nur für die Warmwassergewinnung.“ Nichtsdestotrotz ist die 65-jährige Juristin weiterhin von der Kraftwärmemaschine, die thermische Energie mittels Strom in Wärme umwandelt, überzeugt – wenn alle Parameter stimmen. Das war bzw. ist jedoch bei Webers Altbau nicht der Fall. Türen, Fenster, generell die Dämmung sind nicht auf dem neuesten Stand, weshalb eine Wärmepumpe nicht effizient genug arbeiten kann.

Klaus Schuster aus Schönbrunn am Lusen ist Kaminkehrer-Meister, aber auch geprüfter Energieberater. Foto: Schuster
„Ich rate nicht generell von Wärmepumpen ab und denke, dass diese für neue Gebäude mit den entsprechenden weiteren energetischen Maßnahmen gut geeignet sind“, erklärt sie. Gleichzeitig unterstreicht die Passauer Stadträtin aber: „Die Vorgabe, alle Gebäude ohne individuelle Prüfung mit einer Wärmepumpe ausstatten zu müssen, halte ich allerdings für falsch – und für viele Menschen teilweise nicht finanzierbar.“ Das Gebäudeenergiegesetz müsse deshalb noch weiter angepasst werden und dürfe „nicht im Hauruckverfahren“ verabschiedet werden. „Vieles scheint noch unausgereift und alles andere als praxistauglich zu sein, vor allem weil viele Menschen auch nicht das Geld haben, um die Folgekosten der Umstellung zu stemmen. Damit wächst vor allem die Angst vor einer Altersarmut beim Mittelstand.“
„…dann ist der Wirkungsgrad extrem schlecht“
Freilich, Rosmarie Weber könnte einer der vielzitierten Einzelfälle sein, die herangezogen werden, um Stimmung zu machen. Die CSU-Politikerin steht mit ihrer Meinung aber nicht alleine da – u.a. Klaus Schuster, geprüfter Energieberater aus Schönbrunn am Lusen und somit unabhängiger „Heiz-Experte“ hat ähnliche Ansichten. „Eine Wärmepumpe ist super. Sie ist der neueste Stand der Technik“, macht der 49-Jährige deutlich. „Je nach dahinter geschaltetem Gebäude und Heizsystem holt eine Wärmepumpe aus einem KW Energie das Sechsfache raus, wenn die Fenster, Türen und die Dämmung entsprechend aktuell sind. In Altbauten – also allen Häusern, die älter sind als 10, 15 Jahre – ist hingegen der Wirkungsgrad extrem schlecht.“
Schuster empfehle bereits seit Jahren, auf genanntes Heizsystem zu setzen – allerdings nicht, ohne sich vorher ein ausführliches Bild zu machen von den jeweiligen Begebenheiten. „Eine Heizung muss zum Gebäude passen – und nicht umgekehrt.“ Er bevorzugt individuelle Lösungen und keine „Verpauschalisierung“, wie im Gebäudeenergiegesetz vorgegeben. Und wehrt sich zudem gegen das generelle Verbot von etwaigen Brennstoffen. „Gott sei Dank ist das Aus für Holzheizungen in Bestandsgebäuden vom Tisch. In Köln oder München hätte das vielleicht Sinn gemacht. Aber nicht bei uns. Wir wohnen mitten im Wald. Holz als Brennstoff ist für unsere Bürger regional, nachhaltig und umweltfreundlich.“
„Die Technik ist ausgereift“
Noch einmal ist es dem Energieberater wichtig, eine Lanze für Wärmepumpen zu brechen: „Das, was in den Sozialen Medien geschrieben wird, ist reine Panikmache. Die Technik ist ausgereift. Deshalb ist es nicht schlecht, was die Grünen da planen. Aber wie schon gesagt: Noch hat das Gebäudeenergiegesetz einige handwerkliche Fehler vorzuweisen. Ich hoffe, diese werden noch angepasst.“
Generell durchlebe Schuster momentan turbulente Zeiten, da seine Sparte noch nie so im Mittelpunkt stand wie jetzt. Gebe es neue Hiobsbotschaften rund ums Thema Heizen, steht sein Telefon nicht mehr still. Und auch hier sieht er die Politik noch mehr in der Pflicht. Sein Appell: „Es muss viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden.“
Helmut Weigerstorfer