Zwiesel. Er wirkte ruhig und gelassen. Und das obwohl nur wenige Minuten später sein bisher größter Auftritt als Neu-Bürgermeister von Zwiesel anstand. Am vergangenen Donnerstag (2. März) um 18 Uhr wurde seine Vereidigung als Oberhaupt der Glasstadt vollzogen – und Karl-Heinz Eppinger hatte sich unmittelbar davor Zeit genommen für ein Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n. Dieses endete nur rund 15 Minuten vor der feierlichen Amtseinführung im Rahmen seiner ersten Stadtratssitzung – und dennoch war dem 51-Jährigen keine Eile anzumerken. Ein bisschen nervös war er aber schon, wie er zugibt – „aus Respekt vor dem Amt, das nun meine Passion ist“.
Während des Interviews und auch in der sich anschließenden Ratsversammlung waren – im Vergleich zu früheren, turbulenteren Zeiten in diesem Gremium – die versöhnlichen Worte von Eppinger gleich deutlich spürbar. „Ich setze auf ein gutes Miteinander und biete Euch mein Vertrauen an“, betonte der SPD-Kommunalpolitiker mehrmals gegenüber den Mitgliedern. Ein neuer Geist der Eintracht, der sich bereits in der Übergangszeit unter Elisabeth Pfeffer und Jens Schlüter langsam aber sicher etablierte, soll „auf der nun sechsjährigen gemeinsamen Reise“ herrschen.
„Ich bin noch der, der ich vorher war“
Und dazu gehört auch ein gewisser Sinn für Humor. Kein Problem für Karl-Heinz Eppinger, dessen Lippen stets ein Lächeln umspielt – und der auch die Situationskomik auf seiner Seite zu haben scheint. „Es ist ein Fehler aufgetreten“ vermeldete zum denkbar (un)passendsten Zeitpunkt überhaupt – sprich: unmittelbar nach der Vereidigung des 51-Jährigen – der Sprachassistent eines Handys aus der CSU-Ecke des Rathaussaales. Alle konnten darüber lachen – Karl-Heinz Eppinger inklusive. Und das hat er im Rahmen des großen Hog’n-Antrittsgespräches gesagt:
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Bürgermeister Karl-Heinz Eppinger – wie hört sich das an?
(überlegt) Wie hört sich das an? Hm (überlegt weiter). Ich habe mich an diesen Titel noch gar nicht gewöhnt. Und das will ich irgendwie auch nicht. Ich bin nach wie vor Karl-Heinz Eppinger. Viele Bekannte haben mich seit der Wahl angesprochen, ob wir schon noch ‚per Du‘ sind. Meine Antwort lautet ganz klar: Ich bin auch als Bürgermeister noch der, der ich vorher war.
Corona als „Antrittsgeschenk“
Reagieren Sie bereits auf die Ansprache „Herr Bürgermeister“?
In diese Situation bin ich noch nicht gekommen, dass mich jemand mit diesem Titel angesprochen hätte. Ich hatte ja leider bis Montag noch ein Strichchlein zu viel…
Strichlein?
Corona.
Verstanden. Also gleich zum Start als Bürgermeister außer Gefecht.
(lacht) Ja, ein super Auftakt. Am Donnerstag hatte ich meinen ersten Tag. Dann war ich gleich positiv. Eigentlich wollte ich am Montag im Bauausschuss meine Premiere feiern. Eigentlich. Aufgrund des Virus war ich bisher noch nicht so viel unterwegs. Termine nehme ich erst wieder seit Dienstag wahr.
Welche Termine waren denn Ihre ersten?
Es klingt komisch, aber daran kann ich mich grad gar nicht mehr erinnern (schmunzelt)… Spaß beiseite. Das ist eigentlich ganz einfach: Der erste Termin war mein Amtsantritt hier im Rathaus. Die Willkommensrunde samt Einstand mit den Beschäftigen. Leider ging diese Feierstunde nur bis Mittag. Dann habe ich einen Test gemacht, weil ich etwas Halsschmerzen hatte. Und der war positiv.
„Ich habe mit einem guten Gefühl losgelegt“
Wie war der Verlauf der Infektion?
Überhaupt nicht dramatisch. Bis auf die leichten Halsschmerzen hatte ich keine Symptome. Deshalb war ich auch im Dienst – wie ja inzwischen erlaubt. Aber freilich mit Maske.
Der erste Außentermin musste dann etwas auf sich warten?
Der war dann am Dienstag. Die Verabschiedung von Herbert Unnasch als Chef der Arberland REGio GmbH.
Fühlt man sich in neuer Funktion zunächst einmal überfordert?
Ich habe mit einem guten Gefühl losgelegt. Ich wusste ja zum Großteil, was auf mich zukommt. Elf Jahre Stadtrat, ich komme als ehemaliger AOK-Angestellter aus der Verwaltung – viele Themen sind mir also bestens bekannt. Zunächst durfte ich mal einige Dokumente unterschreiben. Das ist jetzt nicht so schwer (schmunzelt). Große Überraschungen, die mich abschrecken und überfordern könnten, waren also bisher nicht dabei.
Und langweilig wird einem auch nicht?
Nein, nein. Keine Sorge. Post abarbeiten, Unterschriften leisten, erste Termine und Gespräche im Amt – es geht gleich richtig los. Der Tagesablauf unterscheidet sich jetzt nicht großartig zu meiner vorherigen Tätigkeit als Führungskraft bei der Krankenkasse.
„Als Bürgermeister zunächst Verwalter, dann erst Gestalter“
Waren Sie nervös zum Start?
Vor der gleich folgenden Vereidigung bin ich nervöser als beim Amtsantritt, wenn ich ehrlich bin (schmunzelt). Aber klar: Eine gewisse Grundnervösität gehört dazu. Man hat ja Respekt vor dem Amt.
Im Rahmen des Wahlkampfes hatten Sie gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n eine ellenlange Liste an Dingen vorgestellt, die Sie umsetzen möchten – aus den Bereichen Tourismus, Sport, Kultur, Freizeit, Wirtschaft sowie „lebens- und liebenswertes Zwiesel“. Welches konkrete Projekt wollen Sie als Erstes Projekt in Angriff?
Zunächst wollen wir einmal vor der eigenen Haustüre aktiv werden – also am Zwieseler Stadtplatz. Stichwort: Innenstadtbelebung. Aber der Reihe nach: Natürlich hat jeder Kandidat sein Programm während des Wahlkampfes. Natürlich ist es aber nicht gleich möglich, alle Punkte in Angriff zu nehmen. Zunächst muss man sich ja innerhalb der Verwaltung zurechtfinden. Als Bürgermeister ist man zuallererst einmal Verwalter – und dann erst Gestalter. Erst die Pflicht, dann die Kür.
Wie wollen Sie vorgehen i.S. Wiederbelebung des Stadtplatzes?
Ich werde da als Vermittler agieren. Erst einmal muss ich Kontakt zu potenziellen Vermietern aufnehmen. Welche Pächter können sie sich vorstellen? Sind sie bereit, auch mit der Miete etwas entgegen zu kommen? Die Beantwortung dieser Fragen sind die ersten Schritte. Gleichzeitig muss ich mich in das ISEK ein- und eventuelle Anknüpfungspunkte herausarbeiten. Wichtig ist mir, auf die Ideen der Bürger einzugehen. Es geht auch um optische Veränderungen – ohne gleich Millionen in die Hand zu nehmen.
Das Zentrum muss wieder „die gute Stube“ werden
Wie geht das?
Die Themen Holz und Glas sind in Zwiesel seit Urzeiten allgegenwärtig. Und genau diese kann ich mir auch am Stadtplatz etwa in Form von Skulpturen vorstellen. Die Glasfachschule könnte hier ein guter Partner werden. Man muss sich wieder wohlfühlen im Zwieseler Zentrum. Es muss wieder die gute Stube werden. Die Gastronomie ist aus meiner Sicht vorhanden.
Echt? Ein Bäcker und Metzger fehlt aber…
Das stimmt und ist sehr traurig. Es gibt beispielsweise in Zwiesel ohnehin nur zwei Metzger. Und hier ist ein Nachfolger meines Wissens leider gerade nicht in Sicht, was heißt, dass es sie in zehn Jahren vielleicht nicht mehr gibt.
Das ist in der Tat bedauerlich.
Absolut. Metzger und Bäcker finden – wie in vielen anderen Städten auch – draußen in der Prärie statt. Und dann nur als große, unpersönliche Ketten.
Wann ist erstmals die Marke „Eppinger“ in Zwiesel sichtbar?
(lacht) Schwierige Frage. Ich hoffe, das dass natürlich schnell der Fall sein wird. Einen Zeitpunkt zu nennen, ist aber schwierig. Solche Entwicklungen hängen nicht nur von mir ab. Dazu braucht es viele weitere Akteure.
Gibt es eine Stadt, die einen Vorbildcharakter für Sie hat?
Ich schaue da gerne nach Bad Kötzting und Freyung. Das sind zwei Städte, die sich enorm entwickelt haben. Als ich als AOK-Mitarbeiter vor zirka 15 Jahren Freyung besuchte, habe ich mir gedacht: Hier ist aber auch der Hund begraben. Und seitdem ist dort viel passiert. Die Stadt ist nicht wieder zu erkennen. Ich werde relativ schnell den Telefonhörer in die Hand nehmen und mit Bürgermeister Olaf Heinrich einen Termin vereinbaren. Mich interessiert, wie das geschafft worden ist.
„Es wird keine verkürzte Amtszeit geben“
Stichwort FNBW: Wie wollen Sie mit dem Tourismusverbund zusammenarbeiten?
Bereits während des Wahlkampfes habe ich mit Herrn Kürzinger und Frau Lemberger gesprochen. Ein sehr freundliches Gespräch. Herrn Kürzinger kenne ich noch aus seinen Zeiten als Touristinfo-Leiter der Stadt Zwiesel. Ich habe ihm gesagt: Wir müssen enger zusammenarbeiten – und das werden wir auch tun.
Die touristische Zukunft Zwiesels wird also mit der FNBW stattfinden?
Absolut.
Kleiner Themenwechsel: Verkürzte Amtszeit und somit Rückkehr in den üblichen Wahlturnus – haben Sie sich darüber bereits Gedanken gemacht? Während des Wahlkampfes hatten Sie, wie Sie gegenüber dem Hog’n deutlich machten, keine Zeit für derartige Spekulationen…
Es wird keine verkürzte Amtszeit geben. Der eine Grund: Will man als Bürgermeister etwas erreichen, ist es notwendig, zum Einstieg mindestens sechs Jahre im Amt zu sein. Es gilt, die Personalsituation weiter zu stabilisieren. Dieses Thema ist keines, das auf zwei, drei Jahre erledigt ist – das dauert länger. Der andere Grund: Sichtbare Ergebnisse zu hinterlassen ist keine Sache von zwei Jahren. Dann würde nämlich schon wieder der Wahlkampf beginnen – und andere Dinge rücken dann naturgemäß in den Vordergrund. Das wäre für Zwiesel das Schädlichste, was man tun kann.
Wintersport-Netzwerk „gilt es zu erhalten“
Sie verstehen die Argumente, die für eine verkürzte Amtszeit angeführt werden?
Da gibt es nur ein Argument: Ja, das Wahlprozedere würde vereinfacht werden. Mehr aber auch schon nicht.
Sie sind rund um Zwiesel als Ehrenamtler, allen voran im Wintersport, bekannt. Bleibt künftig noch Zeit für diese Tätigkeiten?
In der Intensität, wie ich das bisher ausgeübt habe, ist es natürlich nicht mehr möglich. Ich werde hier etwas kürzer treten. Das ist aber bereits mit dem DSV-Sportdirektor Andreas Schlüter abgesprochen. Ohnehin habe ich bisher Aufgaben übernommen, die über meine Funktion als Sportwart hinausgegangen sind. Wir werden das umstrukturieren.
Tut’s weh, wenn man die große Leidenschaft hintanstellen muss?
Ja, natürlich. Aber das Bürgermeisteramt steht im Vordergrund. Ich habe beides im Wahlkampf versprochen. Einerseits, dass ich das Ehrenamt weiterführen werde. Andererseits, dass ich mich auf das Bürgermeister-Dasein konzentrieren werde. Ich habe mir im Wintersport-Bereich ein gewisses Netzwerk aufgebaut. Das gilt es zu erhalten. Denn so schaffe ich es, gewisse Wettbewerbe in die Region zu bringen, was ja wiederum gut für die Wirtschaft sein kann.
Nächster Sprung: Wie stellen Sie sich die künftige Zusammenarbeit mit Ihren Stellvertretern Pfeffer und Schlüter vor?
Der Übergang war sehr gut und harmonisch. Danke dafür. Die Zusammenarbeit wird sehr eng sein, sehr vertrauensvoll. Wir sind ein Bürgermeister-Team. Klar ist Eppinger derjenige, der als erster Bürgermeister die Geschickte leitet. Aber auch Schlüter und Pfeffer sind sehr wichtig für Zwiesel.
„Für mich sind die Vorgänger Schlüter/Pfeffer, nicht Steininger“
Es gibt also keine Probleme mit dem Wahlkonkurrenten Jens Schlüter, der nach der Wahl sehr geknickt schien..
Überhaupt nicht. Beim SV-Ball sind wir alle an einem Tisch gesessen – das sagt alles.
Ihr tatsächlicher Vorgänger Franz Xaver Steininger wurde vor dem Amtsgericht Landshut wegen Betrugs verurteilt. Ihre Bewertung dieser Angelegenheit?
Gar nicht. Die Gerichte entscheiden darüber.
Hat er Ihnen zur Wahl gratuliert?
Bisher nicht.
Wie schwer ist das Erbe Steininger für die Stadt Zwiesel?
Das kann ich nicht beurteilen. Für mich sind die Vorgänger Schlüter/Pfeffer, nicht Steininger.
Wie war es als Stadtrat „unter“ Franz Xaver Steininger?
So richtig kann ich mich daran nicht mehr erinnern. Ich bin ein Mensch, der negative Erinnerungen schnell verdrängt – und lieber nach vorne schaut.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft:
Ich hoffe, möglichst viel von meinem Wahlprogramm innerhalb der nächsten sechs Jahre umsetzen zu können.
„Visionen soll man ja auch haben“
Thema Skilift: Wie schaut’s da aus? Zuletzt war er wegen technischen Problemen nicht in Betrieb…
In diesem Zusammenhang ist ein Ganzjahres-Areal geplant. Ein Bike-Park steht im Raum. Solche Ideen finde ich super. Auch ein Kletterpark ist vorstellbar. Aber das sind Träume und Wünsche – Visionen soll man ja auch haben.
Gibt’s eigentlich weitere Pläne für die Jugend?
Ein Freibad wäre natürlich super. Aber dafür fehlt das Geld. Künftig wird es maßgeblich sein, über die Stadtgrenzen hinaus zu denken. Jede Stadt wird nicht mehr alles anbieten können. Was das Nachtleben betrifft, finde ich Zwiesel im übrigen vergleichsweise gut aufgestellt. Hier rührt sich was!
Dann sind wir gespannt, wie viel sich unter Ihrer Ägide künftig rühren wird. Dafür: alles Gute.
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer
Genau so kenne ich Karl Heinz Eppinger. Darum stand ich während dem Wahlkampf voll hinter ihm. Ich denke die Zukunft für Zwiesel wird sehr positiv. Gott sei Dank ist die Bgm Wahl so ausgegangen. Für die Stadtverwaltung, für die Stadträte aus allen Parteien, für die Zwieseler Bürgerinnen u Bürger wird eine gute Zeit kommen. Ich freue mich darauf. Viel Erfolg Karl Heinz. 👍👍👍
exzellent geführtes Interview mit einem so sehr sympathisch dargestellten BGM. Macht Hoffnung auf Zwiesels Zukunft „ohne Allüren“!