Zwiesel. Politisch ist Jens Schlüter wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. Im Kreistag und Zwieseler Stadtrat gehört er praktisch zum Inventar. Zudem wollte „Luchs“, wie Schlüter genannt wird, 2017 bereits Landrat werden. Interimsmäßig führt der vierfache Familienvater seit Anfang Februar in Zusammenarbeit mit Elisabeth Pfeffer die Geschäfte im Rathaus der Glasstadt. Nachdem Pfeffer und der amtierende Bürgermeister Franz Xaver Steininger nicht zur Wahl angetreten sind, ist Schlüter der faktische Gejagte bei den Abstimmungen im November. Wird es ein Start-Ziel-Sieg? Im Hog’n-Interview stellt sich der Grünen-Politiker vor…
Ein sportlich-grünes Leben
Bitte stellen Sie sich zunächst einmal vor.
Mein Name ist Jens Schlüter, 43 Jahre, verheiratet, vier Kinder und wohnhaft in Zwiesel. Ich bin hier Dritter Bürgermeister, Stadtrat und auch Kreisrat im Regener Kreistag. Meine Hobbys sind neben Wandern und viel Zeit im Wald verbringen das Sport treiben: Im Winter gehe ich gerne zum Langlaufen und im Sommer spiele ich beim SV 22 Zwiesel, dessen erster Vorsitzender ich bin, gerne Fußball. Sehr wichtig ist natürlich auch möglichst viel Freizeit mit meiner Familie zu verbringen. Ich habe Forstwirtschaft in Weihenstephan studiert und arbeite im Sachgebiet Forschung und Naturschutz im Nationalpark Bayerischer Wald.
„Klare Vision und Strategie“
Warum wollen Sie Bürgermeister der Stadt Zwiesel werden?
Ich will Bürgermeister der Stadt Zwiesel werden, weil es trotz aller Herausforderungen eine schöne und verantwortungsvolle Aufgabe ist meine Heimatstadt weiterzuentwickeln. Ich möchte hierzu hochmotiviert meine ganze Berufs-, Ehrenamts- und Lebenserfahrung in den Bürgermeisterberuf einbringen. Zudem möchte ich zeigen, dass man mit einer klaren Vision und Strategie, mit definierten Etappenzielen und Pragmatismus, mit positiver Energie und Herz, mit fachlicher und sozialer Kompetenz und letztlich aus innerster Überzeugung heraus für seine Ziele und Werte viel erreichen und eine Gemeinde und ihre Bewohner – seien es Einzelbürger, Familien, Vereine oder Betriebe – richtig voranbringen kann.
„Nicht nur eine effizienzorientierte Führung der Verwaltung“
Warum sind Sie der richtige Bürgermeister für die Stadt Zwiesel? Welche Qualifikationen bringen Sie Ihrer Meinung nach mit, die für das Amt des Bürgermeister nötig sind?
Ich übe das Amt ja seit April 2021 bereits aus und weiß daher gut, was mich als Bürgermeister erwartet – und was erwartet wird. Denn die eigentliche Aufgabe eines Bürgermeisters besteht meines Erachtens nicht allein aus einer effizienzorientierten Führung der Verwaltung. Als Bürgermeister will ich Verantwortung übernehmen, Ideen und Verbesserungsvorschläge einbringen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren und intensiv mit allen gesellschaftlichen Gruppen das Gemeinwohl fördern.
Wie schätzen Sie Ihre Konkurrenz ein? Wen würden Sie wählen, wenn nicht sich selbst?
Ich schätze jeden, der sich positiv für die Stadt Zwiesel einbringt. Wer sogar für ein öffentliches Amt wie Stadtrat oder Bürgermeister kandidieren will, zeigt, dass er bereit ist, Verantwortung für seine Stadt zu übernehmen. Solches Engagement ist immer zu begrüßen – und ich maße mir nicht an, meine Gegenkandidaten einzuschätzen und zu bewerten.
FXS: „Er hat sich selber einen Gefallen getan“
Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass Franz Xaver Steininger sich nicht mehr zur Wahl des Bürgermeisters stellt?
Ich denke, mit seiner Entscheidung nicht mehr zur Wahl als Bürgermeister anzutreten, hat sich Franz Xaver Steininger selber einen Gefallen getan. Gerade im Hinblick auf die kommende Gerichtsverhandlung Ende Januar wäre schon allein sein Wahlkampf mit viel Aufsehen und Unruhe für mehrere Seiten verbunden gewesen. Ansonsten ist bereits viel über dieses Thema gesprochen und geschrieben worden. Ich wünsche Franz Xaver Steininger, dass dieses Thema bald aus der Öffentlichkeit verschwindet und er sich neuen Aufgaben widmen kann.
Zuletzt ist politisch ja etwas Ruhe eingekehrt in der Glasstadt. Wie schaffen Sie es, dass es weiterhin so bleibt – und weiterhin Sachpolitik auf der Tagesordnung steht?
Gemeinsam mit meiner Bürgermeisterkollegin Elisabeth Pfeffer war ich ja selbst dafür verantwortlich, dass wieder Ruhe in die Verwaltung und die politische Arbeit eingekehrt ist. Dies hat mit unserem Führungsstil zu tun. Und dieser würde auch so beibehalten werden. Dazu gehört auch, dass man die Verwaltung und den Stadtrat sowie weitere Beteiligte bei Entscheidungen mitnimmt. Die Arbeit in den verschiedenen Gremien soll auch weiterhin mit transparenten und modernen Kommunikations- und Strukturformen effektiv sein und noch attraktiver gemacht werden.
„Die Stadt ist nicht nur der Bürgermeister“
Ebenso muss das Personalkonzept auf die modernen Herausforderungen abgestimmt werden – durch Fortbildungen, Motivierung und gezielte Neueinstellungen. Auch das Thema Bürgerbeteiligung ist wichtig und wird auch erweitert, wie wir gerade mit der Einbeziehung des neu gegründeten Jugendforums beweisen. Denn wichtig ist zu verstehen, dass „die Stadt“ nicht der Bürgermeister oder die Verwaltung ist, sondern wir alle, die in ihr leben und arbeiten. Und wir alle auch entsprechend viel bewegen können.
Zwiesel hinkt seinen früheren Glanzzeiten etwas hinterher. Wie schaffen Sie es, die Stadt wieder aufblühen zu lassen? In welchen Bereichen wollen Sie schwerpunktmäßig ansetzen? Welche ganz konkreten Dinge müssen in absehbarer Zeit angepackt und umgesetzt werden?
Zwiesel hat immer noch viel zu bieten und ist eine Stadt mit viel Potenzial. Es ist müßig, vertanen Chancen und Versäumtem nachzutrauern. Wir müssen jetzt für die Zukunft anpacken. Und das tun wir. Bestes Beispiel ist die Errichtung der Gründerwerkstatt Glas im Stadtzentrum. Gemeinsam mit der Glasfachschule, Unternehmern und privaten Investoren stellen wir hier etwas Einzigartiges auf die Beine. Eine Gründerwerkstatt für das Glashandwerk, in dem junge Menschen auf die Selbständigkeit vorbereitet werden.
„Gründerwerkstatt als Beispiel für Stadtentwicklung“
Das Ziel ist es, ihnen auch in Zwiesel eine langfristige berufliche Perspektive zu schaffen. Dies ist wichtig um unser Alleinstellungsmerkmal, die Glasstadt Zwiesel, zu stärken und auch zu leben. Die Gründerwerkstatt soll als Beispiel für weitere Projekte in der Stadtentwicklung dienen.
Gemeinsam mit verschiedenen Partnern wollen wir langfristig die Stadt attraktiv und lebendig machen. Dazu haben wir mit dem Programm Integrierte Stadtentwicklung eine Möglichkeit, mit den Bürgern in der nächsten Zeit klare Zielvorgaben zu entwickeln. Dies soll vor allem die Innenstadt bzw. den Stadtplatz voran bringen. In diesem Fall brauchen wir gar nicht lang um den heißen Brei herumreden – es muss etwas passieren, um ihn wieder attraktiver zu gestalten. Aus meiner Sicht spielen hier kulturelle Veranstaltungen eine wichtige Rolle. Auch einige Ideen des Stadtentwicklungsprojektes der Glasfachschule kann man aufgreifen, um unser Alleinstellungsmerkmal als Glasstadt heraus zu stellen.
„Wir arbeiten an einer Optimierung des Bad-Areals“
Ein weiterer sehr wichtiger Baustein ist die Renovierung bzw. der Neubau des E-Werks im Stadtpark. Durch die Verlegung an einen neuen Standort können wir den Stadtpark attraktiver und erlebbarer machen. Mit einem Strand und Gastronomie im alten E-Werk könnte mitten im Ort ein neuer Treffpunkt entstehen. Ebenfalls für Jung und Alt interessant ist die Entwicklung des Glasbergareals hin zu einer Ganzjahresnutzung. Im Winter Ski- und Rodelbetrieb, im Sommer Downhillstrecken für Fahrradfahrer, verbunden mit der ganzjährigen Bewirtschaftung der Skihütte – all das soll vor allem für junge Familien ein attraktives Angebot darstellen.
Abgerundet würde dies durch die Weiterentwicklung des Skateparks. Wir erarbeiten gerade ein Konzept für eine Optimierung unseres Bad-Areals. Dabei könnte ich mir eine Vergrößerung der Wasserfläche in Kombination mit einer Rutsche vorstellen. Als eine Art Ganzjahresbad, das man sowohl als Freibad im Sommer als auch im Winter nutzen kann. Wir haben ja viele unterschiedliche Ansprüche an das Bad: vom aktiven Schwimmsport über entspannte Stunden im Wasser bis hin zu Spiel und Spaß für Kinder. Hier müssen wir uns noch verbessern. Doch ich bin mir sicher, dass wir das durch die Pläne, die wir bald vorstellen werden, erreichen können.
Aber wie eingangs erwähnt: Zwiesel hat vieles zu bieten – wir könnten bereits einiges erreichen mit dem, was schon da ist. Ich denke dabei konkret an eine bessere Nutzung der unterirdischen Gänge am Stadtplatz oder die Vermarktung des sagenumwobenen Propheten Stormberger durch unser Waldmuseum. Die Liste könnte man noch beliebig erweitern – wichtig ist mir hier die Einbindung unserer Partner wie die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald.
Energiekrise: „Durch Stadtwerke in glücklicher Lage“
Ebenso müssen wir weiterhin unsere interkommunale Zusammenarbeit stärken und leben. Denn eine richtig gemachte interkulturelle Zusammenarbeit spart Kosten in der Verwaltung, fördert Spezialistentum für mehrere, gemeinsam agierende Kommunen und führt zur Effizienzsteigerung und zu Synergieeffekten.
Sehr wichtig ist es auch, auf die aktuellen Notwendigkeiten und Herausforderungen einzugehen. Zurzeit beschäftigen uns alle die steigenden Energiekosten. Wir sind in der glücklichen Lage, mit den Stadtwerken einen kommunalen Versorger zu haben und damit den Ausbau von Erneuerbaren Energien weiter voran zu treiben und für die Bürger nutzbar zu machen. Eine Rolle könnten noch Bürger-Energiegenossenschaften spielen, bei denen der Erlös aus der Energiegewinnung vor Ort bei den Bürgern und der Stadt bleibt.
Rückkehr in Beruf wieder möglich
Ist eine verkürzte Amtszeit und somit die Rückkehr in den üblichen Wahlturnus angedacht?
Zu gegebener Zeit ist dies sicher wieder vorzunehmen, aber aktuell spielt das für mich keine Rolle.
Als möglicher Bürgermeister müssten Sie Ihren eigentlichen Beruf verlassen. Wie schwer fällt Ihnen das? Und: Ist eine Rückkehr nach zunächst mindestens sechs Jahren ohne Weiteres möglich?
Ich arbeite beim Nationalpark Bayerischer Wald im Sachgebiet Forschung und Naturschutz. Eine interessante und spannende Tätigkeit, die ich sehr gerne ausübe. Ich habe mir eine Kandidatur daher sehr genau überlegt. Ich übe das Bürgermeisteramt ja schon seit rund 18 Monaten gemeinsam mit meiner Kollegin Elisabeth Pfeffer erfolgreich aus und bin bereit, auch weiterhin Verantwortung für Zwiesel zu übernehmen und die Stadt weiter zu entwickeln. Eine Rückkehr an meine alte Arbeitsstätte ist nach sechs Jahren wieder möglich.
Zwiesel soll für Erneuerung und Zusammenhalt stehen
Sie haben drei Wünsche für Zwiesel frei – welche sind dies?
Dass wir in Zwiesel durch eigene Kraft mit Hilfe unserer Stadtwerke energieautark werden und damit unsere Betriebe und Bürger entlasten können. Dass wir unsere gemeinsam gesteckten Ziele erreichen und die Bürgerschaft gemeinsam mit der Verwaltung, dem Stadtrat und dem Bürgermeister an einem Strang zieht. Und abschließend: Dass Zwiesel weiterhin lebens- und liebenswert bleibt.
Abschließender Blick in die Zukunft: Wie steht Zwiesel nach Ihrer ersten Amtsperiode da?
Nach meiner ersten Amtszeit haben wir Zwiesel zu einer Vorzeige- und Modellstadt entwickelt. Wir haben alle unsere Ziele gemeinsam erreicht, haben den Stillstand hinter uns gelassen und Zwiesel erfolgreich weiter entwickelt und für die Zukunft fit gemacht. Die Stadt steht für Erneuerung und Zusammenhalt.
die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer
Die bis dato vorgestellten Mitbewerber um das Amt des Zwieseler Bürgermeisters: