Mitterfirmiansreut. Die Umbau- und Erweiterungsplanungen im Skizentrum Mitterdorf schreiten – trotz nach wie vor vorhandener Kritik seitens Naturschutzverbänden und der Grünen im Landkreis Freyung-Grafenau (da Hog’n berichtete) – weiter voran. Parallel dazu bereiten sich die Verantwortlichen des Mitterfirimiansreuter Skigebiets auf den bevorstehenden Beginn der Wintersaison, der – abhängig von der Schneelage – für Freitag, den 16. Dezember – vorgesehen ist.
Wie das Landratsamt Freyung-Grafenau nun mitteilt, wurde in der jüngsten Versammlung des Zweckverbands Wintersportzentrum Mitterfirmiansreut-Philippsreut der momentane Stand des umstrittenen Seilbahnprojekts beraten. Der technische Planer Christian Weiler von der beauftragten Planungsfirma Klenkhart&Partner im österreichischen Absam fasste dabei die wichtigsten Anpassungen zusammen.
UVP-Vorprüfung von Nöten
In einem sehr konstruktiven Gespräch mit Gudula Lermer (Leiterin des Forstbetriebs Neureichenau der Bayerischen Staatsforsten), Christoph Salzmann (Vertreter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) und Werner Simmet (Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt FRG) seien die einzelnen Rodungsflächen final definiert worden. Wie berichtet, war insbesondere die Forstbetriebsleiterin ob der aus ihrer Sicht unkoordiniert anmutenden sowie „salamiweise“ kommunizierten Vorgehensweise der Projektverantwortlichen unzufrieden. Auch die Trassenführung der geplanten Canopy-Tour (eine Aneinanderreihung mehrerer Flying-Fox-Anlagen), von deren Umsetzung man nun absehen wolle (siehe weiter unten), ist nicht in ihrem Sinne gewesen. „Aufgrund dieser fachlichen Abstimmung steht nunmehr fest, dass ein sogenanntes UVP-Vorprüfungsverfahren eingeleitet werden muss“, informiert dazu aktuell das Landratsamt im Rahmen der Pressemitteilung.
Jenes Vorprüfungsverfahren der Umweltverträglichkeit sei notwendig, da der diesbezügliche Schwellenwert von fünf Hektar Rodungsflächen insgesamt überschritten wird. „Aufgrund dieses Vorprüfungsverfahrens sowie unter Berücksichtigung der Vogelbrutzeit ist – gegenüber den bisherigen Planungen – eine längere Verfahrensdauer zu erwarten“, heißt es von Seiten der Behörde weiter. Ursprünglich sei man davon ausgegangen, dass keine UVP-Vorprüfung notwendig ist und man noch im Jahr 2022 Rodungen durchführen könne. „Aufgrund der Verfahrensdauer und der zu berücksichtigenden Vogelbrutzeit können aber aller Voraussicht nach die Rodungen frühestens im September 2023 durchgeführt werden.“
Demzufolge sei aus heutiger Einschätzung der Bau der zwei Seilbahnen am Großen und Kleinen Almberglift noch im Jahr 2023 für die Projektverantwortlichen unwahrscheinlich. „Um diese Zeitspanne aber gut und effektiv zu nutzen, hat das Projektteam vorgeschlagen, die Ausarbeitung der zu forstlichen, regionalen sowie geschichtlichen Themen geplanten Erlebniswege und einige weitere Maßnahmen im Jahr 2023 vorzuziehen, für die keine Rodungen notwendig sind.“
Der angepasste Zeitplan für die Modernisierungsmaßnahmen im Skigebiet sieht laut Pressemeldung folgende Maßnahmen in den nächsten beiden Jahren vor:
Maßnahmen im Jahr 2023
• Rodungen. Im Jahr 2023 werden Bäume auf einer Fläche von 2,2 Hektar gerodet. Die Wurzelstöcke bleiben dabei bis zum Beginn der Erdarbeiten (2024) im Boden. Diese Arbeiten dürfen aufgrund der Vogelbrutzeit erst im Herbst 2023 durchgeführt werden.
Allgemeine Hinweise zu den Rodungen:
– Auf all jenen bisherigen Waldflächen, die künftig von den geplanten Seilbahnen überspannt werden, können die Wurzelstöcke dauerhaft im Boden bleiben. Ebenso können auf diesen Flächen Jungbäume solange wachsen, bis diese in das Lichtraumprofil der Seilbahn hineinwachsen. Trotzdem handelt sich dabei rein rechtlich um Rodungen gemäß Bayerischem Waldgesetz (BayWaldG), da es sich um eine wesentliche Nutzungsänderung handelt. Insgesamt sind 0,98 Hektar Rodungen für die beiden Seilbahntrassen notwendig.
– Auf all jenen bisherigen Waldflächen, die künftig als Skipistenflächen genutzt werden, müssen die Wurzelstöcke dauerhaft entfernt und die Flächen begrünt werden. Die Wurzelstockentfernung erfolgt im Jahr 2024 gemeinsam mit den restlichen Erdarbeiten. Insgesamt sind 0,31 Hektar Rodungen für neue Skipistenflächen notwendig.
– Auf all jenen bisherigen Waldflächen, die künftig als Parkplatzflächen genutzt werden, werden die Wurzelstöcke unmittelbar nach der Rodung dauerhaft entfernt und die Flächen befestigt. Insgesamt sind 0,63 Hektar Rodungen für neue Parkplatzflächen notwendig.
– Auf all jenen bisherigen Waldflächen, die künftig als Speicherteichfläche genutzt werden, müssen die Wurzelstöcke dauerhaft entfernt und die Flächen umgewandelt werden (zu Wasserfläche und begrünten Böschungen). Insgesamt sind 0,24 Hektar Rodungen für den vergrößerten Schneiteich notwendig.
– Auf all jenen bisherigen Waldflächen, durch die künftig die Flyline geführt wird, bleiben alle Bäume unverändert im Bestand. Die vorhandenen Bäume dienen der Befestigung der Flyline im Wald. Daher ist es das Bestreben des Zweckverbandes, den durch die Flyline betroffenen Wald dauerhaft und vital zu erhalten. Trotzdem sind es rechtlich Rodungen gemäß Bayerischem Waldgesetz (BayWaldG), da es sich um eine Nutzungsänderung handelt. Insgesamt sind 4,4 Hektar Rodungen (im rechtlichen Sinne, praktisch fällt dazu kein Baum) für die Flyline notwendig.
• Parkplatzbau am Junior-Skizirkus, Teil 1. Es werden zusätzlich ca. 70 neue Pkw-Parkplätze geschaffen.
• Kühlturmanlage beim Schneiteich und Ertüchtigung Pumpstation. Die Kühlturmanlage inkl. der Ertüchtigung der Pumpstation bewirkt eine erhebliche Effizienzsteigerung gegenüber dem Ist-Zustand. Es ist mit einer Gesamtenergieeinsparung von rund 20 Prozent gegenüber dem Bestand zu rechnen.
• Kauf von Schnee-Erzeugern, Teil 1. In einem ersten Ausbauschritt sollen acht zusätzliche Schnee-Erzeuger gekauft werden. Da aktuell keine Vollbestückung der Schneischächte vorhanden ist, entfallen künftig Versetzarbeiten von Schacht zu Schacht. Somit kann jede Schneistunde (in Kombination mit der Errichtung einer Kühlturmanlage beim Schneiteich inkl. der Ertüchtigung der bestehenden Pumpstation) effizienter als bisher genutzt werden. Insgesamt reduziert sich die Schneizeit und die Gesamtanlage wird energie- und personaleffizienter.
• Themenwege, Teil 1
Maßnahmen im Jahr 2024
• Austausch der Liftanlagen. Die aktuellen Liftanlagen am Großen und Kleinen Almberglift werden durch moderne Sesselbahnen
ersetzt (6er-Sesselbahn am Großen Almberglift und 4er-Sesselbahn am Kleinen Almberglift).
• Vergrößerung des Schneiteichs um 11.500 auf künftig 38.000 Kubikmeter. Hinweis zur Wasserspeisung des Schneiteichs: Der Schneiteich wird im Zuge der Schneeschmelze, wenn die Entnahmebäche entsprechend starke Wasserführung aufweisen, mit Schmelzwasser befüllt. Es wird weder aktuell noch zukünftig Trinkwasser verwendet.
• Modernisierung Beschneiungsanlage. Die Beschneiungsanlage wird ausschließlich auf bestehenden Schneiflächen modernisiert. Es erfolgt also keine Vergrößerung der bestehenden Beschneiungsflächen. Die Modernisierung umfasst im Wesentlichen die Verstärkung der Schneileitungen und Stromversorgungsleitungen, die Errichtung zusätzlicher Schneischächte inkl. deren Bestückung mit modernen Schneeerzeugern, um letztlich in kürzerer Zeit und somit ressourcen- und energieeffizient die Beschneiung durchführen zu können. Zusätzlich sollen elf weitere Schnee-Erzeuger auf Schneitürmen entlang der großen Almbergabfahrt installiert werden. Damit reduziert sich auch in diesem Bereich die Schneizeit wesentlich gegenüber dem Ist-Zustand (energie- und personaleffizienter).
• Parkplatzbau am Junior-Skizirkus, Teil 2. Westlich des Junior-Ski-Zirkus werden zusätzlich ca. 80 Pkw-Parkplätze neu geschaffen (aktuell sind dort ca. 15 Pkw-Parkplätze vorhanden, zukünftig werden es also ca. 95 Parkplätze sein). In Summe stehen dann in Mitterfirmiansreut folgende Parkplätze des Zweckverbands zur Verfügung: ca. 950 Pkw-Parkplätze (aktuell: 800) sowie ca. 25 Bus-Parkplätze (aktuell: 20)
• Pistenbau. Es ist nur ein geringfügiger Pistenbau (Fläche: rund 3.000 Quadratmeter) im Bereich der neuen Seilbahntrasse der 6er Sesselbahn am Großen Almberglift geplant. Gleichzeitig entfällt eine in etwa gleich große vorhandene Pistenfläche im aktuellen Talstationsbereich der Doppelsesselbahn am Großen Almberglift.
• Flyline. Diese soll von der geplanten Bergstation der 6er-Sesselbahn am Großen Almberg durch den geschlossenen Wald südlich der Großen Almbergabfahrt bis zur Talstation der geplanten 6er- Sesselbahn führen. Mit einer Länge von rund zwei Kilometern wird hier die weltweit längste Flyline entstehen.
• Themenwege, Teil 2 und Teil 3.
Vorerst nicht weiter verfolgt wird die ursprüngliche Planung und Errichtung einer sogenannten Canopy-Tour, da für diese Anlage bei der gewünschten und notwendigen Trassenführung keine Genehmigungsfähigkeit in Aussicht gestellt werden konnte.
Bis dato etwas mehr als 50 Prozent der Projektsumme vergeben
Die Anpassungen des Zeitplans und des Gesamtprojekts wurden mit der für die Seilbahnförderung zuständigen Regierung von Niederbayern abgestimmt. Die Förderrichtlinien werden nach wie vor eingehalten, so dass die Seilbahnförderung durch den Freistaat Bayern in Höhe von 5,766 Millionen Euro weiterhin gewährleistet ist, verdeutlicht der Geschäftsführer Bernhard Hain. Die weiteren Schritte laut Hain sind: „Wir führen als nächstes Gespräche mit den Beteiligten und Betroffenen vor Ort, zeitgleich bereiten wir die Antragsunterlagen für die offiziellen Behördenverfahren vor.“
Zum wichtigen Teil der Kostenermittlung berichtet Planer Christian Weiler: „Die Projektsumme wurde beziffert mit ca. 20 Millionen Euro. Bis dato wurden Aufträge knapp über 50 Prozent der Projektsumme vergeben. Alle bisherigen Vergaben liegen innerhalb der Kostenschätzung.“
In seiner Funktion als Vorsitzender des Zweckverbands Wintersportzentrum Mitterfirmiansreut-Philippsreut legt Freyung-Grafenaus Landrat Sebastian Gruber dar: „In der aktuell sehr herausfordernden Zeit ist der gesamte Zweckverband gefordert, parallel sowohl die Saisonvorbereitungen zu treffen als auch das Seilbahnprojekt bestmöglich voranzubringen“. Gruber dankt den Behördenvertretern für den konstruktiven und regen Austausch sowie dem gesamten Projektteam für die engagierte Arbeit. „Zudem gebührt – auch im Namen meines Stellvertreters, Bürgermeister Helmut Knaus – dem gesamten Personal des Zweckverbands Dank für ihren täglichen Einsatz. Wir wünschen uns allen eine schneereiche, erfolgreiche und unfallfreie Wintersaison mit vielen zufriedenen Gästen aus nah und fern.“
da Hog’n