Mitterfirmiansreut. Knapp 5,8 Millionen Euro beträgt die Fördersumme, die der Freistaat Bayern dem Landkreis Freyung-Grafenau zuschießt, um das Skizentrum Mitterdorf zu modernisieren. „Ohne diese Förderung wäre das Projekt für uns nicht möglich gewesen“, sagt Landrat Sebastian Gruber. Denn insgesamt sollen in den nächsten Jahren satte 20 Millionen in eine 6er-Sesselbahn am Großen Almberg, einen 4er-Sessellift am Kleinen Almberg und in Sommerattraktionen wie Canopy Tours und Flyline investiert werden. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger ließ es sich nicht nehmen, den Förderbescheid für das seiner Meinung nach für den Tourismus im Woid überaus wichtige Projekt persönlich zu übergeben. Ein paar Kritikpunkte stehen trotzdem im Raum.
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Strahlende Gesichter bei der Übergabe des Förderschecks: 5,766 Millionen Euro schießt der Freistaat Bayern für die Modernisierung des Skizentrums zu.
„Mitten in den Schneesturm rein“, kommentiert Minister Aiwanger, als beim Pressetermin im Skizentrum Mitterdorf der Schnee vom Dach des Werkstattgebäudes in die versammelte Gruppe aus Mitarbeitern, Politikern und Medienvertretern weht. Er lacht. Aiwanger passt das Wetter ins Konzept: „Das ist gut, um in München die Sinnhaftigkeit der Investition zu erklären“, sagt er bei seiner Rede.
Barrierefreies Naturerlebnis ermöglichen
Denn Kritiker bemängeln: Die riesige Investition sei in Zeiten des Klimawandels fehl am Platz. Aiwanger selbst ist sich allerdings sicher: In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren wird es genug Schnee geben in Mitterdorf, um die neuen Sessellifte, die im nächsten Jahr schon gebaut werden sollen, nutzen zu können. „Was in fünfzig Jahren sein wird, wissen wir alle nicht“, gesteht der Wirtschaftsminister. „Aber wir sollten keine Weltuntergangsstimmung verbreiten.“ Und sollte irgendwann einmal das Skifahren im Bayerischen Wald nicht mehr möglich sein, bleibe die Sommernutzung.
Bereits die alte Sesselbahn am Großen Almberg sei eine sehr nachhaltige Baumaßnahme gewesen, betonte Landrat Sebastian Gruber bei der Übergabe des Förderschecks: „Wir haben sie gebraucht in Obertauern gekauft“, erklärte er. Und Hubert Aiwanger scherzte: „Vielleicht nehmen die sie ja jetzt auch wieder zurück.“ Unwahrscheinlich, fand Sebastian Gruber. Aber man überlege durchaus, sie wieder weiter zu verkaufen – anstelle sie zu verschrotten.
Mit neuen Sesselliften sei die geplante Sommernutzung auch barrierefrei. Ein weiterer großer Vorteil der Investition, wie Aiwanger verdeutlicht: „Das Naturerlebnis Berg soll nicht nur für die Fitten möglich sein“, findet er. Alle, die nicht zu Fuß den Berg erklimmen können, sollten dennoch die Gelegenheit haben, auf den Almberg hinauf zu kommen. „Die Leute müssen raus an die frische Luft“, ist er überzeugt.
Die Sommernutzung – konkret: die geplante Flyline und die Canopy-Tour – ist es, die auch diejenigen von dem Projekt überzeugen soll, die aufgrund des voranschreitenden Klimawandels an der Sinnhaftigkeit großer Investitionen in ein niederbayerisches Skigebiet zweifeln.
Zu groß dimensioniert?
Aber da gibt es auch Stimmen aus der Gemeinde Philippsreut, die ganz andere Kritik anbringen: Wer soll denn diese riesigen Investitionen am Ende bezahlen? Werden dann die Tickets teurer im familienfreundlichen Skigebiet Mitterdorf? Kann sich eine Familie aus der Region so ein Canopy-Tour-Abenteuer überhaupt leisten?
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Zur Übergabe des Förderschecks kamen Mitarbeiter des Skizentrums, Vertreter der regionalen Politik und Einheimische zusammen.
Das alles sei eine Nummer zu groß dimensioniert, sagen einige. Braucht es wirklich eine 6er-Sesselbahn? Reicht nicht ein modernerer 4er-Sessellift? Und vorne am Kleinen Almberg ein 2er-Sessel? Könnte man gespartes Geld nicht sinnvoller in Personal oder Spielplätze für Kinder für den Sommer investieren?
Hubert Aiwanger betonte bei der Übergabe des Förderschecks, er investiere lieber in große Projekte wie dieses statt in viele kleinere. Denn viele kleine Investitionen würden verhindern, dass das Geld am Ende für die Großprojekte reicht.
Auch Landrat Sebastian Gruber sieht keine Alternative zu der großen Investition. Würde man sie nicht tätigen, wäre das Skizentrum irgendwann gar nicht mehr nutzbar, ist er überzeugt. Zudem sei es viel sinnvoller, ein bestehendes Skigebiet auszuweiten, statt irgendwo anders ein komplett neues aus dem Boden zu stampfen. „Seit über 30 Jahren investiert der Zweckverband regelmäßig große Summen“, informierte Gruber. Dieses Mal geht es ihm zufolge darum, wettbewerbsfähig zu bleiben, die tschechischen Gäste zu halten und die Attraktivität des Skigebietes vor allem auch durch die Sommerangebote zu stärken. Damit schaffe man ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Mit Diskussionen seien Veränderungen im Skizentrum schon immer verbunden gewesen.
Grundpfeiler des Projektes stehen fest
Das weitere Vorgehen rund um das Modernisierungs-Projekt soll nicht zuletzt deshalb in allen Schritten transparent für die Bürgerschaft des Landkreises gestaltet werden, betont Gruber gegenüber dem Onlinemagazin da Hog‘n. Die Grundpfeiler für das Projekt stehen allerdings fest: Dass es ein 6er- und ein 4er-Sessellift werden soll, dass es Canopy-Tours und Flyline geben wird, habe man bereits fest in den Versammlungen des Zweckverbandes Skizentrum Mitterdorf beschlossen, wie auch Geschäftsführer Bernhard Hain bestätigt.
Die Ideen dafür seien in Zusammenarbeit mit den technischen und wirtschaftlichen Planern sowie allen Beteiligten seitens des Skizentrum entstanden. Nun müsse man noch alle erforderlichen Genehmigungen einholen – dann stehe dem Projekt nichts mehr im Wege.
Geschäftsführer Hain betont gegenüber dem Hog’n, dass auch nach der Modernisierung die Preise weiterhin attraktiv für Einheimische und vor allem auch für Familien gestaltet werden sollen. „Mit einer leichten Preiserhöhung muss man nach den Umbaumaßnahmen natürlich rechnen“, gibt er offen zu. „Aber wir werden Preisanpassungen so moderat wie nur möglich vornehmen.“
Tourismus im Woid soll von Investition profitieren
Das Dorf Mitterfirmiansreut soll auch indirekt vom großen Umbau des Skizentrums profitieren: Für die Lebensqualität der Menschen vor Ort sei die Modernisierung genauso förderlich wie zum Beispiel für die Gastronomie in und um Mitterdorf – da waren sich Landrat Gruber und Minister Aiwanger einig. In Bereich Gastro und Übernachtung wolle man nachfolgende Investitionen anregen.
- Den Förderbescheid über knapp 5,8 Millionen Euro übergab Hubert Aiwanger persönlich
- Landrat Sebastian Gruber überreicht dem Wirtschaftsminister einen Geschenkkorb
- Eintrag Aiwangers ins Goldene Buch der Gemeinde Philippsreut
Hubert Aiwanger argumentierte, dass man durch Angebote wie den auch im Sommer nutzbaren Sessellift die Touristenströme lenken könne: Er könne hier aus der Sicht eines Jägers sprechen, der es gar nicht mag, wenn die Leute mitten durch den Wald laufen – abseits von Wegen oder Pisten. „Diesen Kreuz-und-Quer-Tourismus gilt es zu verhindern“, sagte er. „Und wenn wir die Touristenströme lenken, ermöglichen wir damit zugleich den Einheimischen, mit dem Tourismus Geld zu verdienen.“ Die Tourismusmarke Bayerischer Wald werde durch die geplanten Maßnahmen in Mitterfirmiansreut seiner Meinung nach definitiv gestärkt. Bei seinem Eintrag ins Goldene Buch der Gemeinde Philippsreut wünschte er abschließend „allzeit gute Schneelage“.
Sabine Simon