Philippsreut. Selten sind Veränderungen nach Neuwahlen so offensichtlich wie in der Gemeinde Philippsreut. Den neuen Boden in den Räumlichkeiten der Verwaltung, das neue Schild an der Fassade des Rathauses, neue Fensterbänke am Bauhof – all diese Dinge hat Bürgermeister Helmut Knaus nicht nur initiiert, sondern auch selber durchgeführt. „So spart man Geld“, erklärt das handwerklich geschickte Gemeinde-Oberhaupt in der für ihn typisch-pragmatischen Ausdrucksweise. Bis zu 18 Stunden arbeitet der ehrenamtliche Bürgermeister eigenen Angaben zufolge täglich. Eben, weil er neben seiner „normalen“ Tätigkeit als Rathaus-Chef gern auch mal selbst zu Hammer und Kelle greift.
Dass Helmut Knaus der etwas andere Kommunalpolitiker ist, wird beim Gespräch mit den Hog’n-Redakteuren im Philippsreuter Amtszimmer schnell deutlich. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ist der 53-Jährige keiner, der blumige Phrasen drischt und große Reden schwingt. Dabei wirkt der Hinterfirmiansreuter fast etwas zurückhaltend – gleichzeitig aber sehr ehrlich und sympathisch. Der gelernte KFZ-Meister und Fernmeldeanlagentechniker berichtet im Hog’n-Interview über die schwierige Zeit nach seinem überraschenden Wahlsieg und der Wahlfälschungs-Affäre. Außerdem schlägt Knaus wegen der Wasserknappheit in Mitterfirmiansreut Alarm – und erklärt, wie er die Wirtschaft in der Grenzgemeinde vorantreiben möchte.
„Wichtig ist mir eine gute Zusammenarbeit im Gemeinderat“
Herr Knaus: Mittlerweile sind Sie mehr als ein Jahr im Amt. Wie fühlt es sich an, Bürgermeister der Gemeinde Philippsreut zu sein?
Inzwischen habe ich mich gut eingearbeitet. Es dauert aber seine Zeit, um möglichst viel kennenzulernen – und man lernt dabei nie aus. Auch jetzt kommen immer noch neue, unerwartete Situationen auf mich zu, die ich dann lösen muss.
Es hat aber eine Art Bürgermeister-Lehrgang für Sie gegeben, oder?
Ja, das hat es. Vor meinem Amtsantritt habe ich an einer Schulung teilgenommen, die einen Tag gedauert hat. Titel: ‚Die ersten 100 Tage als Bürgermeister‘. Dabei ging es hauptsächlich um den Umgang mit der Presse. Später ist noch ein dreitägiges Seminar hinzugekommen.
Also sind Sie mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen worden?
Ja, genau, das war nur eine kleine ‚Grundausbildung‘ – ansonsten lernt man Tag für Tag dazu. Gott sei Dank kann ich mich auf meine Mitarbeiter in der Verwaltung und im Bauhof verlassen. Wichtig ist mir aber vor allem eine gute Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat. Das gelingt uns bisher ganz gut. Es geht schließlich um uns alle.
„Ich möchte mit den Bürgern auf einer Ebene stehen“
Landratsamt, Landtag, Bundestag – wie knüpft man Kontakte zur „höheren“ Politik?
Ich nehme an einer Vielzahl politischer, vor allem auch parteiübergreifender Veranstaltungen teil, bei denen man jede Menge einflussreiche Personen kennenlernt. Vor allem im ersten Amtsjahr war ich deshalb sehr viel unterwegs. Der persönliche Kontakt und das individuelle Gespräch miteinander stehen dabei im Vordergrund. Förderanträge bearbeite ich mit unserer Verwaltung und den Planungsbüros. Bei grenzüberschreitenden Projekten spreche ich viel mit der Bürgermeisterin von Strazny sowie mit Kaspar Sammer von der Euregio. Sich ein solches Netzwerk aufzubauen geht nicht von heute auf morgen – ich versuche hier mein Bestes.
Ist es ein Vor- oder Nachtteil, dass Sie vor ihrer Amtszeit keine größeren politischen Erfahrungen sammeln konnten?
Es ist für mich aus jetziger Sicht kein Nachteil. Ich gehe an viele Sachverhalte nicht politisch heran, sondern eher praktisch und konsequent. Ich versuche dabei stets, alle Beteiligten einzubinden, bevor ich eine Entscheidung treffe. Ich möchte mit den Bürgern auf einer Ebene stehen.
Sind Sie eigentlich ehren- oder hauptamtlicher Bürgermeister?
Es ist formell betrachtet eine ehrenamtliche Stelle – aber nur rein theoretisch. Praktisch ist es ein Fulltime-Job. Ich arbeite etwa zehn bis 18 Stunden pro Tag.
Bis zu 18 Stunden pro Tag – da bleibt das Privatleben ja vollkommen auf der Strecke, oder?
Ja so ist es. Ich versuche dennoch, Privatleben und Beruf möglichst in Einklang zu bringen.
Was prognostizieren Sie: Wird das in absehbarer Zeit einfacher?
Das weiß ich nicht. Es gilt, Problemstellungen zu lösen – ob einfach oder schwierig, das spielt keine Rolle.
„Es war noch schlimmer, als in den Medien beschrieben“
In den Schlagzeilen ist die Gemeinde Philippsreut vor allem unmittelbar nach der Kommunalwahl 2014 aufgetaucht – Stichwort: Wahlfälschung. Wie blicken Sie heute auf diese turbulente Zeit zurück?
Das war wirklich hart. Ehrlich gesagt war es noch schlimmer als in den Medien beschrieben. Eigentlich hatte ich nie damit gerechnet, dass ich die Wahl gewinnen werde. Mir war es immer ein Anliegen, dass die Bürger eine Auswahlmöglichkeit haben – deshalb habe ich mich aufstellen lassen. Und wer kandidiert und dann die Mehrheit bekommt, der muss sich auch der Verantwortung stellen. Und das tue ich. Ich habe keinen Wahlkampf geführt. Meine Wiedersacher wollten dann im Nachgang der Wahl so viel Druck auf mich aufbauen, dass ich den Wahlsieg nicht annehme. Das ist für mich jedoch nie in Frage gekommen. Offensichtlich trauten mir die Bürger der Gemeinde Philippsreut aber das Amt des Bürgermeisters zu.
Warum haben sich letztendlich so viele Philippsreuter für Helmut Knaus entschieden?
Man kennt mich und weiß, dass ich für die Gemeinde immer mein Bestes gebe.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie zuerst den Republikanern angehörten – und nun der Bayern-Partei?
Das war eher ein bisschen zufällig, weil die Republikaner immer ihre Versammlungen bei mir im Wirtshaus abgehalten haben. Deswegen wurde ich damals Mitglied. Die Partei ist hier aber nicht entscheidend. Trotzdem bin ich 2008 in den Gemeinderat gewählt worden. Schon damals wurde mir im Vorfeld der Gemeinderatswahlen nachgesagt, ich würde in keiner Sitzung erscheinen. Letztendlich war ich dann der Einzige, der nie gefehlt hat.
Wasserknappheit: „Es wird nicht einfacher“
Warum dann der Wechsel zur Bayern-Partei?
In Kommunen wie Philippsreut soll Parteipolitik generell keine Rolle spielen – da steht das Persönliche über der Partei. Mit vielen Inhalten des Programms der Bayern-Partei kann ich mich jedoch identifizieren.
Hat sich die angespannte Lage zwischen Ihnen und Ihren Widersachern von der CSU denn wieder etwas beruhigt?
Ja, ich meine schon. Die überregionale Berichterstattung hat dazu beigetragen, die Wogen zu glätten. Aber auch unsere fruchtbare Zusammenarbeit im Gemeinderat fördert dies.
Themawechsel. Stichwort: Wasserknappheit. Das Onlinemagazin „da Hog’n“ berichtete vor einem Monat darüber. Wie hat sich die Situation seitdem entwickelt?
Es wird nicht einfacher. Die Niederschläge zuletzt haben zu keiner feststellbaren Entspannung geführt. Der Wasserzulauf von unseren Quellen wird immer weniger.
Woran liegt das?
Wie damals schon erwähnt: An der großen Trockenheit. Deshalb suchen wir derzeit nach neuen Quellen. Auf Anraten von Geologen und dem Wasserwirtschaftsamt haben wir in der Nähe des Fernsehturms in Mitterfirmiansreut gebohrt. Die ersten zwei Bohrungen umfassten eine Tiefe von jeweils 98 Metern, die dritte 40 Meter – und die vierte 60 Meter. Wir sind aber noch nicht auf ausreichende Wasserquellen gestoßen. Finden wir innerhalb der nächsten zwei Wochen kein Wasser, müssen wir das THW oder andere um Hilfe bitten. Der Gemeinderat versucht mit mir übergreifende Lösungen zu finden – auch finanzieller Art.
„Unser großes Problem ist die unmittelbare Nähe zu Tschechien“
Wasserknappheit in unserer Gemeinde gab es schon früher. Seitdem ich Bürgermeister bin, kommen aber viele ungelöste Probleme zum Vorschein. Die Wasserversorgung in Mitterfirmiansreut gibt es seit 1968 – aber nur eine der 21 Quellen ist bisher saniert worden. Von Heldengut, Mauth und Philippsreut transportieren wir mittlerweile Wasser nach Mitterfirmiansreut. Aus dem Hochbehälter von Philippsreut kann nicht mehr so viel Wasser entnommen werden – auch hier sinkt der Wasserzulauf. Das Thema Wasserknappheit ist eine enorme Belastung für die Gemeindekasse.
Warum ist die Gemeinde Philippsreut eigentlich nicht an die Fern-Leitung angeschlossen – und kann mit Wasser vom Frauenauer Trinkwasserspeicher versorgt werden?
Das ist eine gute Frage. Die Leitung führt nur bis Hinterschmiding. Warum sie nicht bis zu uns geht, liegt meiner Information nach an der Entfernung.
In Sachen Gewerbe bzw. Industrie ist in der Gemeinde Philippsreut nicht allzu viel los. Haben Sie bereits Ideen gesammelt, wie man das ändern könnte?
Das Gewerbegebiet neben dem Feuerwehrhaus Philippsreut nimmt zwar langsam Gestalt an, dennoch gibt es noch viel zu tun. Wir sind erst am Anfang. Wir müssen das nach und nach in Angriff nehmen. Es gibt da eine Liste, die abgearbeitet werden muss. Ein großes Problem bei Industrie und Gewerbe ist unsere unmittelbare Nähe zu Tschechien. Dort sind Flächen und Personal günstiger als hier.
Wie ist es um die Finanzen der Gemeinde Philippsreut bestellt?
Unsere Pro-Kopf-Verschuldung liegt vergleichsweise niedrig: bei 874 Euro pro Person, da in der Vergangenheit nicht so viel investiert wurde. Aber in den nächsten Jahren stehen größere Investitionen an – wie zuletzt die in Vorderfirmiansreut sanierte Kläranlage, die Sanierung des Bauhofs und des Feuerwehrgerätehauses in Philippsreut.
Flüchtlingsfrage: „Notfall-Pläne liegen bereit“
Das wirtschaftlich stärkste Element in der Gemeinde Philippsreut ist der Tourismus, oder?
Ja, eindeutig. Dass wir hinsichtlich des Wintersports gut aufgestellt sind, ist allseits bekannt – hier erkennt man auch die Arbeit des Zweckverbandes. Zuletzt sind aber auch viele Wanderurlauber im Sommer zu uns gekommen. Heuer hatten wir bis September rund 57.000 Übernachtungen – in den vergangenen Jahren waren es jährlich um die 40.000.
Gibt es in Philippsreut Spekulationen bezüglich der Aufnahme von Flüchtlingen?
Ein Stockwerk in einer Pension ist bereits für unbegleitete Minderjährige bereitgestellt – dort sind aber keine Flüchtlinge dauerhaft untergebracht, nur phasenweise.
Sind durch die Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze die Aufgriffszahlen im Gemeindegebiet gestiegen?
Nein. Aber wir sind darauf vorbereitet. Es liegen Notfall-Pläne für den Fall der Fälle bereit.
Abschließende Frage: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Mein Wunsch wäre, unser Wasserproblem dauerhaft zu lösen. In naher Zukunft soll auch das Rathaus saniert werden. Vor allem aber möchte ich, dass sich die Bürger in unserer Gemeinde wohlfühlen und gerne da bleiben.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer
Da Helmut kann des scha, keine Sorge, der richt an Bulldog und an Auto,
a Telefon und a Dach, und jetzt a unsere Gemeinde
Helmut weiter so!!!!