Geyersberg. Derzeit wird eifrig gewerkelt am Geyersberg. Schließlich nähert sich die Landesgartenschau mit Riesenschritten – und es gibt noch viel zu tun. Eines aber steht jetzt schon fest: Das Herzstück der Freyunger Gartenschau wird ein Areal sein, das den Namen „Burgberg“ trägt. Nun fragt man sich, ob dieser griffige Begriff eine Erfindung kreativer Marketingstrategen ist – oder ob es hier tatsächlich einmal eine Burg gegeben hat. Die Antwort ist eindeutig: Neben der in der Zwischenzeit abgerissenen GESA-Klinik befand sich im Mittelalter tatsächlich eine Burg. Deren Standort ist vom Landesamt für Denkmalpflege auch als Bodendenkmal ausgewiesen. In der Denkmalliste heißt es unter der Nummer D-2-7247-0152 aber lediglich „Burgstall des Mittelalters“. Ein Gastbeitrag von Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland.
Diese karge Kennzeichnung hat ihren Grund: Man weiß einfach noch zu wenig über jene ehemalige Burg, von der heute lediglich noch eine Ansammlung von Felsen und Steinen zu sehen ist, die in dieser Form nicht natürlichen Ursprungs sein kann. Auch Paul Praxl, der wohl beste Kenner der Geschichte unserer Region, vermag über die Burg wenig zu sagen – außer dass sie zweifelsfrei existierte.
Er vermutet, dass es sich um eine relativ kleine Anlage mit einem Turm, Gräben, Wällen und Palisaden gehandelt haben könnte. Die Lage auf einem exponierten Felssporn war ideal für eine Burganlage. Schriftliche Quellen zu der Burg sind bisher nicht aufgetaucht. So schien es zumindest bis vor Kurzem.
Freude über den Fund, aber auch Skepsis
Doch in jüngster Zeit ergab sich hier eine interessante Wendung. Die Freyungerin Marita Sedlmayr-Bekmann stellte Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland ein altes Foto zur Verfügung. Dieses zeigt eine Infotafel, die sich vor Jahrzehnten einmal auf dem Geyersberg befunden haben muss. Der Text der Tafel – neben der Illustration eines Burgtores – lautet:
„Geyersberg 798 m höchstgelegenste Stadtgrenze v. Freyung. Der Burgstall Geyersberg war zum Schutz des III. Gold. Steiges (Klamm) angelegt. 1273 wird „Wölfel in dem Turm“ als Besitzer genannt. Waldvereinssektion Freyung“
Gerhard Ruhland kannte dieses Foto nicht und war höchst erfreut über den „Fund“. Zugleich aber regte sich Skepsis. Konnte die auf der Tafel vermerkte Jahreszahl 1273 stimmen? Gab es den „Wölfel in dem Turm“ wirklich? Und was sollte der Zusatz “Klamm“ nach „Schutz des III. Goldenen Steiges“ bedeuten. War damit die Buchberger Leite gemeint?
Ein origineller Scherz?
Das würde aber nicht zum Verlauf des „Oberen Goldenen Steiges“ passen. Gerhard Ruhland schloss sogar nicht aus, dass es sich bei der Tafel um einen originellen Scherz handeln könnte, um z.B. einem an Geschichte interessierten Mitglied der Waldvereinssektion eine Freude zu bereiten.
Aber manche der Bedenken ließen sich zerstreuen: Mit der „Klamm“ ist offenbar nicht die Buchberger Leite gemeint, sondern ein Flurname. Das Katasteruraufnahmeblatt von 1830 verzeichnet im Süden des Ortes Geyersberg mehrere Einzelfluren, die den Begriff „Klam“ tragen: Klamholz, Klamfeld, Klamwiesen. In neuerer Schreibweise spendierte man dem Begriff noch ein zusätzliches „m“. Daher also „Klamm“. Und durch diese Fluren verlief der Obere Goldene Steig tatsächlich.
Die Jahreszahl 1273 ergibt durchaus Sinn
Die Begleitumstände, unter denen die Familie Bekmann in den Besitz des Bildes gelangte, legen nahe, dass es sich bei der Tafel nicht um einen Gag, sondern um eine ernst gemeinte Information handelte. Das Foto wurde im Jahr 1918 aufgenommen, mündlichen Überlieferungen zufolge hing die Tafel früher an einem Haus im Ort Geyersberg. Das Ehepaar Bekmann bekam anlässlich seiner Vermählung eine gerahmte Collage mit mehreren historischen Abbildungen von Freyung geschenkt, darunter auch das besagte Geyersberg-Bild.
Und zwar von dem bekannten Freyunger Arzt Dr. Fritz Lang. Dieser war längere Zeit Heimatpfleger gewesen und arbeitete sehr aktiv in dem „Heimatkundlichen Arbeitskreis Wolfstein/Freyung-Grafenau“ mit, der von 1954 bis 1982 wertvolle und vor allem seriöse Arbeit leistete. Dr. Fritz Lang wusste wohl sehr genau, wie er die Tafel zu bewerten hatte – nämlich als ernstzunehmende Information.
Zudem ergibt auch die Jahreszahl 1273 durchaus Sinn: Die Gegend um den Geyersberg wurde im 12. und 13. Jahrhundert von zwei Geschlechtern, den Edlen von Griesbach und anschließend dann von den Poxruckern, urbar gemacht und besiedelt. Ein Mitglied eines dieser Geschlechter könnte die Burg Geyersberg errichtet haben, um das neu erschlossene Gebiet zu sichern und auch, um den Handelsweg Goldener Steig zu schützen, der in unmittelbarer Nähe an der Burg vorbeiführte. Zwar ist der Obere Goldene Steig erst ab dem 14. Jahrhundert urkundlich belegt, aber der Steig ist mit Sicherheit schon wesentlich älter.
Wer war „Wölfel in dem Turm“?
Zusammenfassend ließe sich dann über die Burg auf dem Geyersberg wohl Folgendes sagen: Sie könnte im 13. Jahrhundert entstanden sein. Ihr Zweck bestand darin, als Rodungsburg das neu erschlossene Gebiet zu sichern und insbesondere den Zweig des Goldenen Steiges zu schützen, der über den Geyersberg führte.
Burgherren könnten die Griesbacher oder die Poxrucker gewesen sein, später dürfte die Burg dann wohl dem Fürstbischof von Passau unterstanden haben. In der frühen Neuzeit, vermutlich im 16. Jahrhundert, verfiel die Burg. Die Überreste wurden von den Bewohnern der benachbarten Siedlungen sicherlich als Baumaterial benutzt. Groß und mächtig war die Anlage sicher nicht, aber sie stand an strategisch sehr günstiger Stelle und hatte da sicher wichtige Aufgaben zu erfüllen.
Nur eines bleibt weiterhin ein Geheimnis: Wer war der auf der Tafel erwähnte „Wölfel in dem Turm?“ Aber vielleicht gibt irgendein Archiv auch dieses Rätsel bald preis…
Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland
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Im zweiten Teil dieser kleinen Serie erklärt der ehemalige Geschichts-Lehrer am Gymnasium Freyung, woher der Name „Geyersberg“ eigentlich stammt…