Metten. Seine Partei muss weg vom Image der „Akademikerpartei“, findet der grüne Bundestagskandidat für den Wahlkreis Deggendorf, Matthias Schwinger. Es müsse klar werden, dass seine Vision einer ökologisch nachhaltigen Zukunft nicht aus Verboten und Verzicht besteht, sondern in wirtschaftlich und sozialer Hinsicht vielerlei Chancen bietet. Ein weiteres Kriterium für ein lebenswertes Niederbayern aus Sicht des 31-jährigen Metteners: Auch nach 20 Uhr fährt noch ein Bus.
Klimaschutz: Nicht morgen, sondern heute
Da Hog’n: In einem Satz: Politiker sein bedeutet…
Matthias Schwinger: … mich aktiv für die Gesellschaft einzusetzen und mit Bürgerinnen und Bürgern jeden Alters und jeder Herkunft zu sprechen.
Wieso glauben Sie, ist deshalb gerade der Deutsche Bundestag der richtige Ort für Sie und Ihre Arbeit?
Ich möchte vor allem als gelernter Elektroniker dafür sorgen, dass die Transformation hin zu einem klimagerechten Wohlstand, zu zukunftsfähigen und guten Jobs für alle führt. Mein Ziel ist es, den Menschen im Wandel Sicherheit und Perspektive zu geben. Jeder Mensch soll am Arbeitsleben teilhaben können, denn ein guter Arbeitsplatz ist eine wichtige Quelle für Einkommen, Anerkennung und Selbstverwirklichung.
Was sind für Sie auf Bundesebene derzeit die wichtigsten und drängendsten Themen?
Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. Wenn wir in den nächsten Jahren konsequent handeln, können wir die Krise noch stemmen. Ambitionierter Klimaschutz bringt riesige Chancen mit sich: Er schafft neue sichere Arbeitsplätze und klimagerechten Wohlstand, macht unsere ländlichen Räume lebenswerter und ist die Voraussetzung dafür, die Freiheit kommender Generationen zu erhalten. Diese Chance gilt es jetzt zu ergreifen.
Frauen besser vor Armut im Alter schützen
Alle Menschen sollen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben führen können. Sie müssen sich sicher sein, dass sich ihre Rentenbeiträge im Alter auszahlen und ihnen keine Armut droht. Priorität hat für uns daher die dauerhafte Stabilisierung des gesetzlichen Renten-Niveaus. Wer einen großen Teil seines Lebens gearbeitet, Kinder erzogen oder andere Menschen gepflegt hat, muss eine Rente erhalten, die oberhalb der Grundsicherung liegt. Insbesondere Frauen wollen wir besser vor Armut im Alter schützen.
Und auf kommunaler Ebene? Was braucht es in der Region?
In unserer Region braucht es auch in Zukunft lebendige Dörfer und Kleinstädte, in denen die öffentlichen Dienstleistungen funktionieren und man leben kann, ganz wie man mag. Wo das Internet schnell, der Handyempfang exzellent ist. Für den Einkauf muss man nicht umständlich weit fahren, Bus und Bahn kommen regelmäßig – und auch nach 20 Uhr. Es gibt Kita, Schule und Krankenhaus, interessante Ausbildungs- und Arbeitsplätze, eine intakte Wirtschaft sowie ausreichend Sportplätze und Jugendeinrichtungen. Zudem müssen wir in unserer Region vernetzter denken und wegkommen von einem „Kirchtum-Denken“.
„Wir Niederbayern fühlen uns in Bayern wohl“
So wie junge Familien eine Hebamme und Krankenhäuser mit Geburtsstationen in der Nähe brauchen, braucht es für ältere Menschen Pflegedienste, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen im Umfeld. Auch wenn der Ausbau telemedizinischer Angebote die Fahrt zur Praxis nicht immer ersetzen kann, kann er in manchen Fällen die Betreuung im ländlichen Raum erleichtern. Zudem muss das Gesundheitswesen so reformiert werden, dass nicht- ärztliche Gesundheits- und Pflegeberufe mehr Tätigkeiten eigenverantwortlich übernehmen können.
Schnelles Internet ist heutzutage einer der wichtigsten Schlüssel für ein gutes Leben und Wirtschaften auf dem Land. Für Schule und Arbeit, um online einkaufen zu können und für Telemedizin. Nicht nur für junge, sondern auch für viele ältere Menschen. Zudem braucht es mittelfristig eine grundsätzliche Neuordnung der Förderpolitik: weg von immer mehr einzelnen Förderprogrammen, hin zu einer höheren Grundfinanzierung, damit vor Ort entschieden werden kann, welche Ausgaben priorisiert werden.
In Niederbayern ist die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen traditionell eher gering. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Wie ließe sich das ändern?
Ich denke wir leben in einer Region mit gelebter Gemeinschaft – egal, ob in Feuerwehr, Sportverein oder im Mütterverein. Jedoch fühlen wir Niederbayern uns in Bayern wohl und suchen nicht die Großstadt. Ich sage immer: „Niederbayern ist Bayern ohne Make-up – natürlich und schön.“ Ich möchte Niederbayern und Berlin zusammenbringen. Denn manchmal hat man Hunger auf eine gute Weißwurst vom Metzger – und manchmal auf einen guten Döner.
Rot, blau – oder grün?
Müssten Sie eine Partei abseits Ihrer eigenen wählen, welche wäre das – und warum?
Es gibt viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich auf Lokalebene politisch engagieren, wofür ich mich herzlich bedanken möchte und eine Zusammenarbeit unabhängig von der Partei wichtig ist. Ich bin seit meiner Kindheit ein FC-Bayern-Fan und habe auch Freunde, die Fans von anderen Fußballvereinen sind, jedoch gehe ich nur zur FC-Bayern-Spielen. Denn genauso wenig wie ein FC-Bayern-Anhänger zu einem 60er-Spiel geht oder umgekehrt würde ich eine andere Partei wählen. Ich rede jedoch gerne mit Anhängern von anderen Parteien.
Woran muss Ihre eigene Partei in Zukunft am meisten arbeiten?
Wir wurden in Vergangenheit immer als Stadtpartei und Akademikerpartei bezeichnet. Jedoch merkt man, dass sich im Bayerischen Wald immer mehr Ortsverbände mit Handwerker*innen, Förster*innen, Erzieher*innen oder Renter*innen gründen. Jedoch wäre es noch schöner, wenn wir auch in unserer Region eine/n oder mehre Bürgermeister*innen stellen könnten und in noch mehr Gemeinde- und Stadträten vertreten wären.
Schafft es Annalena Baerbock (Grüne) ins Bundeskanzleramt, wäre das für Deutschland…
Am 26. September endet eine Ära – und Annalena Bearbock kann eine neue beginnen. Wir Grüne möchten diese Ära mit konkretem Klimaschutz, ökologischer Modernisierung der Industrie, besseren Schulen, Beschleunigung der Digitalisierung, bezahlbarem Wohnraum und einer Grundversorgung auf dem Dorf beginnen. So wird der Weg zu einem Weg, der schon heute mehr Freiheit gibt, der Spaß macht, ein Feuerwerk der Ideen und Innovationen in der Stadt und auf dem Land auslöst, der niemanden zurücklässt und uns alle wieder näher zusammen bringt.
Für Sie und Ihre Partei: mit welchem Wahlergebnis wären Sie zufrieden?
Ich freue mich auf einen schönen Wahlkampf und viele gute Gespräche vom Gäuboden bis zum Dreisessel. Genau wie unsere Natur, so ist auch unsere Bevölkerung vielfältig.
da Hog’n
Im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September 2021 verschickte da Hog’n Fragebögen an alle Direktkandidatinnen und -kandidaten aus den Wahlkreisen Deggendorf (227) und Straubing (231). Wir stellen sie in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle vor.