Deggendorf. Neben „traditionellen“ Piraten-Themen wie dem Schutz der Privatsphäre steht für Josef Reichardt der Umweltschutz an vorderster Stelle. Auch in Sachen Pflege- und Gesundheitsversorgung muss nachgebessert werden, fordert der Direktkandidat der Piratenpartei im Wahlkreis Deggendorf. Für den 26. September hofft der 35-Jährige, der als Software-Eentwickler im Bereich eGovernment tätig ist und im Deggendorfer Stadtteil Rettenbach lebt, dass es für seine Partei dieses Mal reicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen.
Schutz der Privatsphäre ein wichtiges Thema
Da Hog’n: In einem Satz: Politiker sein bedeutet…
Josef Reichardt: … mich für die Freiheit, Würde und Teilhabe aller Menschen einzusetzen.
Wieso glauben Sie, ist deshalb gerade der Deutsche Bundestag der richtige Ort für Sie und Ihre Arbeit?
Im deutschen Bundestag kann ich mich für die Themen einsetzen, die mir besonders wichtig sind, denn dies sind Bundesthemen. Sie erzielen eine größere Wirkung, wenn sie bundesweit angegangen werden.
Was sind für Sie auf Bundesebene derzeit die wichtigsten und drängendsten Themen?
Ein nachhaltiger Umwelt- und Klimaschutz. Wir müssen alles daran setzen, das 1,5-°C-Ziel doch noch zu halten. Auch der Schutz der Privatsphäre liegt mir sehr am Herzen. Massenüberwachung von Messenger-Diensten wie WhatsApp, automatisierter Abgleich sowie Tracking von Kfz-Kennzeichen und flächendeckende Videoüberwachung mit Gesichtserkennung dürfen nicht wehrlos hingenommen werden. Um die Schere zwischen Arm und Reich aktiv zu bekämpfen, setze ich mich für die stufenweise Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ein.
„Der Breitbandausbau kommt derzeit nur schleppend voran“
Und auf kommunaler Ebene? Was braucht es in der Region?
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass unser Gesundheitssystem durchaus Verbesserungspotenzial aufweist. Unsere Krankenhäuser sowie Pflege- und Forschungseinrichtungen müssen auf den aktuellen Stand gebracht und Gehälter in allen Pflegeberufen auf ein in der Wirtschaft vergleichbares Niveau angehoben werden. Beim Breitbandausbau kommen die Länder und Kommunen derzeit nur noch schleppend voran. Sowohl in der Bildung als auch im Arbeitsumfeld wird das Arbeiten von zu Hause immer wichtiger. Ein zeitgemäßer Internetanschluss muss für alle Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden. Hier ist Hilfe über die Bundesebene angebracht.
In Niederbayern ist die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen traditionell eher gering. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Wie ließe sich das ändern?
Eine Möglichkeit wäre das Herabsetzen des Wahlalters auf 14 Jahre. Das würde nicht nur die Anzahl der Wähler erhöhen, sondern auch einen Ausgleich zur immer älter werdenden Gesellschaft schaffen. Korruptionsfälle – wie zum Beispiel die „Masken-Affäre“ – müssen intensiv verfolgt und entsprechend bestraft werden, da solche Vorfälle zu höherer Politik-Verdrossenheit bei den Wählerinnen und Wählern führen. Mit mehr Transparenz kann man hier entgegenwirken. Außerdem kann politische Bildung in der Schule – aber auch darüber hinaus – zu einem größeren Politik-Verständnis in der Bevölkerung führen.
Zahlreiche Schnittmengen mit der V-Partei³
Müssten Sie eine Partei abseits Ihrer eigenen wählen, welche wäre das – und warum?
Die V-Partei³ hat in vielen Punkten sehr gute Ansätze und insbesondere in Bezug auf Ökologie ein sehr innovatives Programm. Außerdem gibt es viele Überschneidungen mit dem Programm der Piratenpartei, wie zum Beispiel dem bedingungslosen Grundeinkommen, der Stärkung des EU-Parlaments oder der Gleichstellung aller Geschlechter.
Woran muss Ihre eigene Partei in Zukunft am meisten arbeiten?
An der innerparteilichen Strukturierung, um unsere Inhalte auch wieder stärker nach außen tragen zu können. Dazu müssen wir auch mehr aktive Mitglieder gewinnen, um künftig stärker von den Wählerinnen und Wählern wahrgenommen zu werden und so unser vielfältiges Programm an Bekanntheit gewinnt.
Hoffen auf die fünf Prozent plus
Schafft es Annalena Baerbock (Grüne) ins Bundeskanzleramt, wäre das für Deutschland…
… besser, als wenn Armin Laschet oder Olaf Scholz Kanzler werden, weil man bei Annalena Baerbock zumindest noch darauf hoffen kann, dass umwelt- und klimapolitische Themen ernster genommen werden als bisher.
Für Sie und Ihre Partei: Mit welchem Wahlergebnis wären Sie zufrieden?
Leider gibt es bei der Bundestagswahl eine Fünf-Prozent-Hürde. Somit ist dies natürlich für jede Partei, die nicht bereits im Bundestag vertreten ist, das Ziel um dort einziehen zu können. Wir würden uns also mindestens fünf Prozent und somit den Einzug in den Bundestag wünschen.
da Hog’n
Im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September 2021 verschickte da Hog’n Fragebögen an alle Direktkandidatinnen und -kandidaten aus den Wahlkreisen Deggendorf (227) und Straubing (231). Wir stellen sie in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle vor.