Deggendorf/Zwiesel. Die Basisdemokratische Partei Deutschland wurde erst vergangenes Jahr im Zuge der Proteste gegen Schutzmaßnahmen wegen der COVID-19-Pandemie gegründet. Sie hat aktuell mehr als 25.000 Mitglieder. Mit einem Senkrechtstart will er es im Herbst in den Bundestag schaffen: Lothar Wandtner, Bundestagskandidat von „dieBasis“ im Wahlkreis Deggendorf. Die etablierte Politik habe den Kontakt zu „den ganz normalen Menschen“ verloren, kritisiert Wandtner, der beruflich als Buchhändler in Zwiesel tätig ist. Daran wollen er und seine Mitstreiter etwas ändern – auch wenn es gelegentlich parteiintern noch „etwas chaotisch“ zugeht, wie der 56-jährige Buchautor sagt. Wichtig sei, dass man sich selbst treu bleibt.
„Der Stimme des Volkes mehr Gewicht verleihen“
Da Hog’n: In einem Satz: Politiker sein bedeutet für mich…
Lothar Wandtner: … in einer Zeit des Wandels und Umbruchs aktiv mitzugestalten, unsere freie, offene und demokratische Gesellschaft weiter zu entwickeln.
Wieso glauben Sie, ist deshalb gerade der Deutsche Bundestag der richtige Ort für Sie und Ihre Arbeit?
Alle Gewalt geht in unserem Land vom Volke aus – und die Vertreter des Volkes werden in den Bundestag gewählt. Hier ist der Ort, an dem über die Zukunft der Menschen, der Menschlichkeit und der demokratischen Werte entschieden wird. Ich sehe als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Partei dieBasis an, der Stimme des Volkes im Parlament wieder mehr Gewicht zu verleihen. Die Politik der etablierten Parteien hat sich zu weit vom normalen Menschen entfernt – wir wollen wieder die direkte Verbindung zwischen den Belangen der Einzelnen und den Entscheidungen im Bundestag herbei führen.
Was sind für Sie auf Bundesebene derzeit die wichtigsten und drängendsten Themen?
Der Erhalt unserer freiheitlichen Grundordnung. Dazu ist es in allererster Linie nötig, das Grundgesetz wieder vollumfänglich in Kraft zu setzen. Die teilweise Aufhebung der Grundrechte ist absolut inakzeptabel. Dass der Erhalt der Grundrechte an Bedingungen geknüpft ist, widerspricht alleine schon dem Begriff „Grundrecht“ – und befeuert die Spaltung der Gesellschaft in unerträglichem Maße.
Die Unterscheidung von Menschen in „geimpft“ und „ungeimpft“ ist in einem Rechtsstaat eigentlich undenkbar – trotzdem wird diese Spaltung durch die aktuelle Politik aktiv betrieben. Dem muss ein Ende gesetzt werden. Es kann nicht sein, dass man nur dann in den Genuss von Grundrechten kommt, wenn man beweist, gesund zu sein. Covid-19 hat uns gezeigt, dass wir in Deutschland in der Gesundheitspolitik umdenken müssen – weg vom Sparen, hin zu einer vernünftigen Finanzierung unseres Gesundheitssystems. Dessen Qualität misst sich nicht an den Kosten, sondern am Nutzen für die Bevölkerung.
Der lokale Einzelhandel soll attraktiver werden
Und auf kommunaler Ebene? Was braucht es in der Region?
Die Infrastruktur muss in beinahe allen Bereichen verbessert werden. Das gilt natürlich vor dem Hintergrund der Digitalisierung für den Ausbau von schnellen Internetverbindungen – da liegt in unserem Wahlkreis noch viel im Argen. Ähnlich wichtig wäre ein weiterer Ausbau der Nahverbindungen mit Bus und Bahn. Auch hier macht es keinen Sinn, in erster Linie auf die Kosten zu blicken – gerade im ländlichen Raum können Busse und Bahn nicht kostendeckend betrieben werden, da braucht es finanzielle Hilfen vom Staat. Neue Ideen und Konzepte sind da gefragt.
Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Portal an den Landratsämtern gibt, das Autofahrer und mögliche Mitfahrer miteinander in Verbindung bringt und so eine Art Mitfahrzentrale entsteht. Wie viele Autos fahren herum, in denen nur eine Person sitzt? Und wie viele Menschen haben kein Auto und kommen nur schwer in die nächste größere Stadt, zum Arzt oder zum nächsten Supermarkt?
Schließlich ist es mir noch ein Anliegen, die Attraktivität unserer Städte und Märkte in den Landkreisen Deggendorf und Freyung-Grafenau zu erhöhen. Anstatt zuzusehen, wie sie langsam ausbluten, sollten wir uns auf die Hinterbeine stellen und dafür sorgen, diese zu lebendigen Einkaufsstätten mit Flair zu machen. Teilweise gelingt das ohnehin schon ganz gut – aber gerade das letzte Pandemiejahr hat den Onlinehandel noch mehr gestärkt und den lokalen Einzelhandel schwerst belastet. Nun ist es Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen für Einzelhändler und auch die Wirte in den kleineren Gemeinden, Märkten und Städten zu verbessern.
„Was hat das mit Vertretung des Volkes zu tun?“
In Niederbayern ist die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen traditionell eher gering. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Wie ließe sich das ändern?
Wie bereits gesagt: Die Politik in München und Berlin hat sich viel zu weit von den Menschen in den Regionen entfernt. Nur wenige Politiker und Politikerinnen verstehen, dass der Kontakt zu den „ganz normalen Menschen“ der Kern der Demokratie ist. Ich fühle mich als Waidler im Bundestag von niemandem wirklich vertreten. Was nützt es mir als einfachen Bürger, wenn im Bundestag von meinen Abgeordneten so abgestimmt wird, wie es die Parteizentralen vorgeben? Was hat das mit Vertretung des Volkes zu tun? Aus meiner Sicht nicht mehr viel. Und da kann ich gut verstehen, dass sich die Niederbayern abgehängt fühlen – und schließlich nicht mehr zur Wahl gehen.
Wir, dieBasis, wollen einen neuen Ansatz in die Politik bringen: Entscheidungen dürfen nicht von oben gefällt werden, sie müssen von der Basis kommen – es geht um den Willen des Volkes, nicht um die Machtphantasien von Spitzenpolitikern. Wir sind eine Partei, in der es keine Politiker gibt – wir wollen einfach dem ganz normalen Menschen eine Stimme geben. Und unsere Kandidaten sind ganz normale Menschen, die keine politische Karriere hinter sich haben – so wie ich. 56 Jahre alt, nie ein politisches Amt bekleidet oder auch nur angestrebt.
Wir treten an, mit dem Willen etwas zu verändern – hin zu mehr Mitspracherecht und zu weniger Macht für die Politiker. Volksentscheide auf Bundesebene würden die Menschen aktiver in das politische Geschehen einbinden, sie würden mehr Transparenz und mehr Mitsprachemöglichkeiten bieten. Wenn man spürt, jeder Einzelne kann etwas bewegen, dann wächst auch die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen.
Müssten Sie eine Partei abseits Ihrer eigenen wählen, welche wäre das – und warum?
Ich bin froh, dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss. Es wäre für mich tatsächlich sehr, sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen. Aber wegen meiner liberalen Grundhaltung würde ich wahrscheinlich die FDP wählen, weil sie die einzige Partei ist, die das Fähnlein der Freiheit hin und wieder noch hervorstreckt. Viel zu wenig aus meiner Sicht – aber immerhin.
Ein Blick in die Kristallkugel
Woran muss Ihre eigene Partei in Zukunft am meisten arbeiten?
Wir sind eine junge Partei, die erst 2020 gegründet wurde. Entsprechend geht es ab und an in unseren eigenen Reihen noch etwas chaotisch zu. Das macht aber nichts, weil es ein spannender, offener Prozess ist. Ich glaube, in erster Linie müssen wir daran arbeiten, uns selbst treu zu bleiben – also sich nicht in den Strudel der Parteienpolitik ziehen zu lassen, sondern das Ohr und das Interesse immer ganz nah an unseren Mitgliedern und den Belangen der Menschen zu haben. Wir gehen mit Freude an unsere Aufgaben heran, weil wir einen Weg eingeschlagen haben, auf dem wir uns gut fühlen: für die Freiheit, für Machtbegrenzung und für Achtsamkeit.
Schafft es Annalena Baerbock (Grüne) ins Bundeskanzleramt, wäre das für Deutschland…
…die zweite Bundeskanzlerin. Ich war in der elften Klasse am Gymnasium Grafenau, als Helmut Kohl Bundeskanzler wurde. Unser Sozialkundelehrer, ein eingefleischter Sozialdemokrat, hat damals gesagt, es müsse sich erst zeigen, ob er ein guter Kanzler wird. Ich dachte, er meinte das als versteckte Ablehnung eines CDU-Kanzlers. Dieser Satz des Lehrers blieb in mir haften – und irgendwann habe ich erkannt: Man kann im Voraus nicht sagen, wie sich jemand in einem Amt entwickeln wird.
Weder im Guten noch im Schlechten kann ich deshalb voraussagen, was eine Kanzlerin Baerbock für Deutschland bedeuten würde. Wenn ich aber in die Kristallkugel blicken darf, dann würde ich sagen: Ich glaube, dass keine Baerbock, kein Laschet und kein Scholz Kanzlerin oder Kanzler wird, sondern ein ganz anderer Name ins Spiel kommen wird. Es ist ein Gefühl, das ich habe – aber vielleicht irre ich mich ja.
„Wer zur Wahl antritt, will gewinnen“
Für Sie und Ihre Partei: Mit welchem Wahlergebnis wären Sie zufrieden?
Wer zur Wahl antritt, will gewinnen. Ich wäre zufrieden, wenn ich als Direktkandidat in den Bundestag gewählt werde. Für dieBasis wäre ich mit jedem Ergebnis zufrieden, das über fünf Prozent liegt.
da Hog’n
Im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September 2021 verschickte da Hog’n Fragebögen an alle Direktkandidatinnen und -kandidaten aus den Wahlkreisen Deggendorf (227) und Straubing (231). Wir stellen sie in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle vor.