Samstag, 21. März: Mit Beginn dieses Tages gilt im Freistaat Bayern die gestern von Ministerpräsident Markus Söder (der in diesen Tagen für sein Krisenmanagement ein Sonderlob verdient hat) verhängte Ausgangsbeschränkung. Egal, ob München, Freyung oder Herzogsreut – die Coronakrise hat immer drastischere Einschränkungen für uns alle zur Folge. Und als wäre eine höhere Macht im Spiel, sorgt die Natur selbst dafür, dass es uns – im Gegensatz zu den frühlingshaften Vortagen – an diesem Samstag nicht mehr nach draußen zieht: Im Bayerwald gibt der Winter sein unerwartetes, aber umso heftigeres Comeback. Starker Schneefall und stürmischer Wind bestimmen die Szenerie – nicht mehr Sonne und Temperaturen im zweistelligen Bereich.
Am Freitagnachmittag herrschte in unserer Nachbarschaft noch gewissermaßen Normalität. Wir alle waren im Garten mit ersten Arbeiten beschäftigt. Es wurden Bäume geschnitten, Laubreste entfernt und Winterabdeckungen verräumt. Trotz dieser gewohnten, alljährlichen Tätigkeiten war eine latente Anspannung zu spüren – vor allem, als das von Bischof Oster im gesamten Bistum Passau befohlene Glockengeläut um 15 Uhr das Örtchen dominierte. Traf man jemanden auf der Straße, wurde fast ausschließlich über die aktuellen Ereignisse diskutiert. „Iatzt wird’s gach“, so der einhellige Tenor. Und – als wäre eine höhere Macht im Spiel – die Dorfbewohner blieben (un)bewusst auf Distanz: der empfohlene Abstand von 1,50 Meter wurde eingehalten. Ohne Wenn und Aber.
Das liegt wohl daran, dass…
Ohne nun große Lobeshymnen auf den ländlichen Raum anstimmen zu wollen, aber im Bayerischen Wald wurden bereits vor der Ausgangsbeschränkung die vorgegeben Regeln im Großen und Ganzen eingehalten.
Das liegt wohl vor allem daran, dass in den Dörfern mehr Platz für den Einzelnen zur Verfügung steht als in den eng bebauten Städten. Das liegt wohl daran, dass hier an schönen Tagen jeder zuerst einmal mit irgendwelchen Arbeiten rund um sein Anwesen beschäftigt ist – und nicht sofort in die nächste Eisdiele oder an ein picknickträchtiges Gewässer hetzt. Das liegt wohl auch daran, dass auf dem eher als konservativ geltenden Land nach wie vor eine gewisse Obrigkeitshörigkeit herrscht. In diesen Tagen offenbar eher ein Vor- als ein Nachteil. Als wäre eine höhere Macht im Spiel…
Insgesamt erachte ich die aktuelle Ausgangsbeschränkung als richtig und wichtig. Lieber schränken wir uns die nächsten Wochen (und so ehrlich muss man sein: vielleicht auch Monate) etwas ein, als dass sich die Pandemie weiter dramatisch ausbreiten kann. Auch in Herzogsreut gibt es inzwischen den ersten bestätigten Fall eines Infizierten – die Gefahr einer Infektion ist selbst bei uns nicht mehr fiktiv, sondern reell. Deshalb gilt der (etwas abgewandelte) Hog’n-Slogan nun verstärkt: „Da Woid bleibt dahoam…“ (eigentlich: im Woid dahoam).
Helmut Weigerstorfer
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Im Rahmen des Hog’n-Corona-Tagebuches beschreiben die Hog’n-Redakteure Sabine Simon, Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer abwechselnd die Auswirkungen der sog. Corona-Krise auf ihr Privatleben, auf ihr Umfeld und die generelle Situation im Bayerischen Wald.
- Coronakrise im Woid – Tag 1: Ohne Kindergarten, aber mit Großeltern
- Coronakrise im Woid – Tag 2: Wenn die schönste zur absoluten Nebensache wird
- Coronakrise im Woid – Tag 3: Fake-News und gestricktes Klopapier
- Coronakrise im Woid – Tag 4: Weit weg war gestern!
- Coronakrise im Woid – Tag 5: Die, die weitermachen müssen
- Coronakrise im Woid – Tag 7: Die erzwungene Entschleunigung