Samstag, 4. April. Ja, es wird sie geben, die Zeit nach Corona. „Die Zeit nach Corona“ – wie sich das anhört! Wie eine neue Zeitrechnung. Der Beginn einer Epoche, ja vielleicht sogar eines neuen Zeitalters. Wie damals nach der Geburt Christi, die für den westlichen Kulturkreis ein so einschneidendes Ereignis darstellte. Künftig heißt es dann wohl nicht mehr „im Jahr 256 vor oder nach Christus“, sondern: „im Jahr 735 vor bzw. nach Corona…“
Ja, Corona wird die Welt verändern – darüber dürften sich mittlerweile selbst die ärgsten Zweifler und Verschwörungstheoretiker einig sein. Wie diese veränderte Welt aussehen könnte, hat jüngst unter anderem Zukunftsforscher Matthias Horx eindrücklich beschrieben. Im Folgenden schildert Hog’n-Redakteur Hörhammer seine Zukunftsvision – und berichtet darüber, auf was er sich nach der Krise besonders freut.
Dass die Menschheit nicht mehr so weiter macht wie bisher…
Positiv bleiben! Egal, was kommt: positiv bleiben! So lautet meine selbstgewählte Durchhalteparole für die Dauer der Corona-Pandemie. Freilich fällt es einem – gerade angesichts zahlreicher Meldungen über täglich zunehmende Infektions- und Sterbefälle – nicht immer leicht, den Kurs zu halten, im Fahrwasser des Optimismus zu bleiben und sich ein Mindset zu bewahren, in dem Ängste und Sorgen nicht die Oberhand gewinnen. Es gilt, sich selbst so zu justieren, dass die eigene mentale Flinte nicht vorschnell im Korn landet – und man weiterhin die positiven Momente des Corona-Alltags zu erkennen und zu schätzen weiß. Das erfordert Übung.
Und wenn dann (irgendwann einmal) die Gefahr gebannt, die Normalität zurückgekehrt und jene „Zeit nach Corona“ angebrochen ist – ja was dann? Dann wünsche ich mir vor allem, dass die Menschheit nicht mehr so weiter macht wie bisher. Dass diese unsägliche, destruktive und trennende „Höher, Schneller, Weiter“-Mentalität endlich ein Ende hat und wir uns auch mit weniger zufrieden geben – weil wir ja gesehen haben, dass es auch so ganz gut funktionieren kann. Ich wünsche mir, dass wieder mehr Füreinander und Miteinander im Mittelpunkt unseres Zusammenlebens steht – weniger das Gegeneinander und Konkurrierende. Ich wünsche mir, dass wir ehrlicher und fürsorglicher miteinander Kommunizieren, uns Zeit für unser Gegenüber nehmen, es in seiner Gesamtheit schätzen, ernst nehmen und würdigen – und uns mit mehr Nähe und Offenheit begegnen können als „vor Corona“. Ich wünsche mir, dass wir wieder mehr verzeihen können – allen anderen und auch uns selbst.
Ich wünsche mir, dass der Großteil der Menschen wieder angst- und stressfreier durchs Leben gehen kann. Dass sie sich nicht ständig vergleichen – und bei sich bleiben, sich treu bleiben. Dass sie verstanden haben, worum es in diesem überaus befristeten Dasein eigentlich geht – und was tatsächlich von bleibendem Wert ist: nämlich die zwischenmenschlichen Begegnungen, die gegenseitige Akzeptanz, der Respekt voreinander. Ja, dass wir alle gleich sind – und keiner besser oder schlechter ist als der andere. Zudem wünsche ich mir, dass wir alle unsere eigentliche Herkunft und Abstammung, unsere Mutter Natur, wieder mehr zu würdigen und zu achten wissen – und sie nicht weiter rücksichtslos ausbeuten für ein paar Euro mehr in der Tasche. Es geht um tatsächliche Weitsicht, nicht um Kurzsicht. Es geht um gelebte, praktizierte Nachhaltigkeit – und nicht um das schnelle Geld, irgendwelche Luxusgüter und Statussymbole…
Ich persönlich freue mich auf…
Sollten all diese Wünsche nach Corona Realität werden, hieße das, dass die Menschheit – entgegen etlicher Unkenrufe – am Ende doch lernfähig wäre. Doch weil ich als einzelnes Mitglied dieser Gesellschaft nichts an deren kollektiver Gesamteinstellung ändern kann, bleibt mir zum Schluss nur eines übrig: Gelassen zu bleiben und in meinem eigenen Umfeld so zu handeln, wie es der Theologe Reinhold Niebuhr einst so wunderbar in Form eines kurzen Gebets auf den Punkt gebracht hatte:
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Ich kann nur mich selbst in Ordnung bringen – und darauf hoffen, auf diese Weise auch mein Umfeld zu regulieren und es zu inspirieren. Ich kann nur selbst meinen „Corona-Moment“ schaffen – und so klarer, gestärkter und zuversichtlicher als zuvor aus der Krise hervorgehen. Das griechische Wort „crisis“ ist nicht umsonst doppeldeutig: Es kann „Krise“ heißen – aber auch „Chance“. Positiv bleiben!
Stephan Hörhammer