Ringelai. Viele Menschen genießen es zu wandern – gerade im Bayerischen Wald gibt es zahlreiche Wege, Steige, Pfade und viele weitere Möglichkeiten, sich dieser beliebten Freizeitbeschäftigung zu widmen. Für den einen ist es die gleichmäßige Bewegung, für den anderen die Ruhe in der Natur. Für viele gehört beim Wandern auch die Geselligkeit mit dazu, denn beim stundenlangen Herumstreifen lassen sich gute Gespräche führen oder sogar neue Kontakte knüpfen. Und genau das brachte Hans Putz aus Ringelai vor neun Jahren auf eine Idee.
In Zeiten von Online-Dating und Internet-Bekanntschaften, von Tinder, Parship und Lovoo, vermisste der damals 56-Jährige das Angebot, abseits des Internets Alleinstehende kennenzulernen. Anders als bei teils recht angespannten Single-Treffen wollte er jedoch die Leichtigkeit des Wanderns mit einbinden. Außerdem hätten die Teilnehmer mit ihrer Affinität zur Natur bereits die erste Gemeinsamkeit feststellen können. Nachdem der gebürtige Ringelaier vor zehn Jahren in Rente ging, wollte er seine Zeit sinnvoll nutzen. „Ich dachte mir: Wenn ich nun schon die Kapazitäten habe, möchte ich etwas Positives erschaffen.“
Wandern statt Web
Gesagt, getan. Und da er selbst frisch geschieden war, wusste Hans Putz nur allzu gut, wie schwer es sein kann, neue Menschen kennenzulernen und einen neuen Partner zu finden: „Ich habe damals einen Tanzkurs besucht, aber ich war viel zu schüchtern und es fiel mir schwer, auf andere zuzugehen.“ Deshalb beschloss er, sich etwas anderes einfallen zu lassen, um Menschen zusammen zu bringen und ihnen in lockerer Atmosphäre die Möglichkeit des Kennenlernens zu bieten. „Für mich stand eines fest: Es muss von Anfang an groß aufgezogen werden. Ich wollte direkt viele Leute erreichen, damit das Ganze nicht im Sande verläuft“.
Deshalb wandte er sich an ein regionales Anzeigenblatt, um seine Idee über diesen Kanal publik zu machen. Die Zeitung unterstützte den Rentner mit einer Titelstory. Und der Zuspruch war groß: „Ich hatte zwar gehofft, einige Interessenten ansprechen zu können, aber mit einer derart großen Resonanz hatte ich nicht gerechnet“, erinnert sich Hans Putz. Bei der ersten Singlewanderung am 16. April 2011 wanderten über einhundert Alleinstehende die ausgewählte Strecke an der Ilz entlang. Mittlerweile organisiert Gründer Putz die Wanderungen nicht mehr alleine: Gemeinsam mit anderen Freiwilligen bietet er verschiedene Wandergruppen an, um Alter und auch den Schweregrad der Wander-Routen auf einem ähnlichen Level zu halten.
Die so genannte „Fun-Gruppe“ etwa begibt sich auf kürzere Touren, die meist zwischen fünf und zehn Kilometer lang sind. Die gleiche Streckenlänge meistert auch die „Rottalgruppe“. Die beiden unterscheiden sich hinsichtlich des Alters der Teilnehmer. Passend zum Namen ist die „Powergruppe“ etwas für Wanderprofis, die 15 bis 20 Kilometer Strecke bewältigen. Seit 2019 existiert zudem eine Gruppe für Singles mit Kindern, die so nicht nur andere alleinstehende Eltern antreffen, sondern sich auch auf eine kinderfreundliche Route einstellen können. An unter 50-Jährige richtet sich das Angebot der „Jungen Singles„, deren Routen ebenfalls nicht länger als zehn Kilometer sind. Hier konnte Hans Putz die bisher größte „Erfolgsbilanz“ verzeichnen.
Freundschaften, Partnerschaften – und sogar einige Hochzeiten
Erfolge gab es in den vergangenen Jahren viele: Mehr als 165 Paare haben sich bereits durchs Singlewandern gefunden, vier von ihnen haben sogar geheiratet. „Das sind jedoch nur die Zahlen, die ich durch Rückmeldungen der Teilnehmer kenne“, meint Hans Putz. Denn nicht jeder Nicht-Mehr-Single informiere ihn über eine gefundene Partnerschaft. Jedes Paar, das sich findet, sei ein Grund zur Freude. Schließlich weiß der Initiator selbst, wie erfüllend es sein kann, jemanden kennenzulernen, der einen ergänzt: Vor neun Jahren lernte er seine heutige Partnerin Christa kennen. „Es war gerade mal meine dritte Wanderung.“ Da hatte es einfach gefunkt: „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und sind seit neun Jahren glücklich miteinander“, berichtet der Ringelaier.
Neben Partnerschaften entwickelten sich im Rahmen der Wanderungen auch Freundschaften. „Es gibt mittlerweile eine Menge Aktivitäten, die die Teilnehmer gemeinsam unternehmen“, erzählt Hans Putz. Egal, ob Radeln, Bowlen, Motorradfahren oder Tanzen – es sei für jeden etwas dabei. „Außerdem gibt es jedes Jahr feste Aktionen: Im Winter fahren wir gemeinsam Ski und veranstalten ein Advents-Treffen, im Sommer wird oft zusammen gegrillt.“ Auch nach den Wandertouren wird Wert auf Geselligkeit gelegt. Das gemeinsame Einkehren in ein Gasthaus ist Teil jedes Ausflugs in die Natur.
Willkommen sei jeder – mit Teilnehmern zwischen Ende 20 und 80 konnte der Initiator bereits eine weite Altersspanne ansprechen. Die kostenlosen Wanderungen finden zwischen März und November statt. Es bleibt also spannend, wie viele Pärchen der Ringelaier Liebes-Bote noch zueinander führen wird…
Malin Schmidt-Ott