Auf der Wiese sieht man ein großes buntes Muster aus Äpfeln, Kastanien und Blättern geformt. Die Künstler legen noch die letzten Naturmaterialien an ihren Platz, dann ist das Werk vollbracht: Die liegende Acht symbolisiert die Tagundnachtgleiche.
In früheren Zeiten feierten die Kelten die Jahreskreisfeste, die sich aus vier großen Sonnenfesten und vier dazwischen liegenden Mondfesten zusammensetzen. Auch heute noch üben manche Menschen diesen Brauch aus. Es geht dabei um die Veränderungen in der Natur im Laufe des Jahres und die Verbundenheit der Menschen zu ihr. Wir haben die wichtigsten Daten zu den Festen zusammengetragen. Diesmal geht es um das Sonnenfest „Mabon„, bei dem es um Gleichgewicht und Dankbarkeit geht. Die Herbst-Tagundnachtgleiche wird regulär um den 21. September gefeiert.
Herbstbeginn ist letzte Gelegenheit zum Ernten
Bei der Herbst-Tagundnachtgleiche sind – wie der Name schon sagt – Tag und Nacht gleich lang: Die Sonne steht direkt über dem Äquator. Nur zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, gibt es dieses Phänomen. Bei Mabon wandert die Sonne von der Nordhalbkugel der Erde auf die Südhalbkugel. Aus astronomischer Sicht markiert dieser Moment den Herbstbeginn nördlich des Äquators und den Beginn des Frühjahrs auf der südlichen Seite. Dieses Jahr sind am 23. September Tag und Nacht gleich lang, wie etwa auf der Website „timeanddate“ nachzulesen ist.
Das Mabon-Fest markiert die Wende: Die langen Tage des Frühlings werden abgelöst von den nun immer länger werdenden Nächten des Herbstes. Dieses Phänomen haben auch unsere Vorfahren schon bemerkt. Es bedeutete für sie die letzte Gelegenheit, um sommerliche Arbeiten zu erledigen, wie etwa die restliche Ernte einzuholen.
Stille Zeit – Mabon steigt in die Unterwelt
Nach keltischer Sage stieg der göttliche Sohn namens Mabon in die Unterwelt hinab und wurde wiedergeboren, wie unter anderem die Energetikerin Katharina Linhart erläutert. So wie Mabon eine Zeit der Stille erlebt hat, beginnen auch für die Menschen die stillen und besinnlichen Tage in der nun immer kälter werdenden Jahreszeit. Im Herbst, wenn die Bäume ihre Blätter verlieren, kommt die Natur zur Ruhe – ebenso können die Menschen dann ruhen und sich auf ihr Inneres besinnen, um die eigene Balance wiederzufinden.
Mabon kann auch dazu genutzt werden, um eine erste Bilanz für das Jahr zu ziehen: Haben sich die geplanten Vorhaben für das Jahr bereits erfüllt oder haben sie sich in Rauch aufgelöst? Welche Wünsche sollen noch erfüllt und welche Unternehmungen bewältigt werden?
Das Gleichgewicht finden – Unnötiges entsorgen
Bei Mabon geht es ebenso um die Frage, wo das Gleichgewicht im Leben liegt, wie Catherine Weitzdörfer von der Praxis für klassische Homöopathie auf Anfrage erklärt. Wenn man einen bestimmten Bereich seines Lebens vernachlässigt hat, während ein anderer Bereich sehr dominant war, sei nun die Zeit gekommen das Gleichgewicht wiederherzustellen. Zeit, diejenigen Dinge oder Unternehmungen hinter sich zu lassen, die einem nichts mehr nützen oder die einem kein positives Gefühl mehr geben. Zeit, um seine eigenen Sachen durchzugehen und Unnötiges zu entsorgen.
Wenn man unnötigen, emotionalen Ballast mit sich herumträgt, könne dieser nun losgelassen oder mit einem kleinen Ritual von sich geschieden werden: Man kann etwas verbrennen, auch wenn es nur ein mit dem Problem beschriebener Zettel ist, oder es in Wasser tränken oder in der Erde vergraben. Auch Catherine Weitzdörfer feiert Jahreskreisfeste wie Mabon stets gemeinsam mit Gleichgesinnten: mit Tanz und physischen Übungen zum Thema Gleichgewicht (wie auf einem Bein stehend seine Balance finden und halten).
Reflexion der Dankbarkeit
Von dem keltischen Fest leitet sich auch das Erntedankfest ab, ebenso das amerikanische Thanksgiving. Die Menschen hatten zu diesem Zeitpunkt den Rest der Ernte eingeholt und dankten dafür den Göttern. Oftmals wurde bis zum nächsten Vollmond gefeiert. Als Ritual haben die Landwirte häufig auch die letzten drei Stücke der Ernte, Früchte oder Ähren, auf dem Feld zurückgelassen, denn: Die Natur schenkte ihnen diese Gaben – und sie gaben der Natur zum Dank dafür etwas zurück.
Es gehe um die Reflexion der Dankbarkeit, wie Weitzdörfer erklärt. Die Menschen reflektieren ihr Inneres und stellen sich selbst die Frage: „Wofür bin ich dankbar? Was ist meine Ernte, die ich gehegt und gepflegt habe? Was habe ich geleistet?“ Es gehe also nicht nur um die Dankbarkeit gegenüber der Natur, sondern auch gegenüber den Menschen und einem selbst.
Die Natur mit Mustern schmücken
Man kann der Natur für ihre Gaben danken, indem man etwa Mandala in die Natur legt, wie die Heilpraktikerin Verena Langhagel-Behnk als Ritualbeispiel für Mabon aufzählt. Die farbenfrohen Muster bestehen aus Eicheln, Zapfen, Blättern, Früchten und alles, was sonst noch in der Natur zu finden ist.
Auch Weitzdörfers Gruppe feiert häufig die Jahreskreisfeste mit einer Variante von „Landart“. Sie legen dabei mit Naturmaterialien Muster auf die Erde: „Die liegende Acht steht für die Tagundnachtgleiche“, weiß die Homöopathin. Jeder sammelt und legt etwas dazu, bis das Muster der liegenden Acht vollendet ist. Auch das gemeinsame Zubereiten einer Mahlzeit – mit für die Jahreszeit geläufigen Zutaten wie Kürbis oder Kastanien – ist eine rituelle und zugleich gesellige Art, um sich an der Natur zu erfreuen und sich zu besinnen.
Lexa Wessel
Der keltische Jahreskreis ist sehr interessant. Das alte Wissen ist verloren gegangen, weil die heidnischen Feste nicht gewollt waren. Sich damit zu beschäftigen und der Natur wieder näher kommen, finde ich wichtig, um die eigene Balance in dieser Zeit zu finden.