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Passau/Freyung. Ob das Cineplex Freyung das höchst gelegene seiner Art in Deutschland ist, kann nicht abschließend geklärt werden. Und dennoch hat das Kino im Stadtplatzcenter ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal: Das 2013 eröffnete Lichtspielhaus hat nicht weniger als drei Chefs – genauer gesagt einen Theaterleiter sowie zwei Online-Marketing-Bosse. „Ja, das ist tatsächlich so“, bestätigt einer von ihnen und lacht herzhaft. „Bei uns gibt es viele, die delegieren und wenige, die wirklich arbeiten.“
Diese nicht ganz ernst gemeinten Worte stammen von Hans-Jürgen („Hajü“) Hödl. Und freilich ist der 37-jährige Theaterleiter der einzige tonangebende Mann im Freyunger Cineplex-Kino. Der Passauer, der sich selbst als „bunten, schrägen Vogel“ beschreibt, ist „absoluter Tiernarr“ und hat seinen Mischlingshunden namens Barney und Coco, die zum Kino genauso gehören wie Popcorn, Cola und Chips, vor einiger Zeit einen eigenen Aufgabenbereich übertragen. „Die beiden sind Online-Marketing-Bosse und bestücken unsere Facebook-Seite“, erzählt Hajü Hödl, schmunzelt und tätschelt Barney, der es sich auf seinem Schoß bequem gemacht hat, während Coco ihr Revier, den großen Eingangsbereich des Kinos, nicht aus den Augen lässt.
Das Cineplex Freyung – ein typischer Nebenjob-Betrieb
Diese Anekdote macht deutlich, was der 37-Jährige in Worten zu fassen versucht. „Bei uns läuft’s eben a bissal anders. Trotz aller Arbeit soll bei uns der Spaß nie zu kurz kommen.“ Doch während die Besucher das Kino als entspanntes Freizeiterlebnis wahrnehmen sollen, sind im Hintergrund viele Menschen damit beschäftigt, dass der Betrieb nicht ins Stocken gerät. Es müssen Dienstpläne geschrieben, Filme ausgewählt und Waren bestellt werden. „Klar, viele dieser Aufgaben sind automatisiert. Aber dennoch müssen die entsprechenden Programme immer wieder aktualisiert werden“, erklärt Hajü Hödl.
21 Mitarbeiter sind im Freyunger Kino beschäftigt. Neben dem Theaterleiter und seiner Stellvertreterin Anja Böhme gibt es nur zwei weitere Vollzeitkräfte. Der Großteil der Belegschaft setzt sich aus Studenten und Schülern zusammen, die nebenbei im Cineplex jobben. „Dieses Modell hat sich bewährt. Wir sind ein typischer Nebenjob-Betrieb, in dem vor allem die jüngere Generation eine Job-Möglichkeit bekommt.“ Der einfach Grund hierfür: Vor allem am Abend und an Feiertagen herrscht im Kino Hochbetrieb. Zeiten, die alles andere als familienfreundlich sind und in denen vor allem flexible Arbeitskräfte benötigt werden. Daher fühlen sich eher junge, ungebundene Menschen angesprochen.
„Deshalb können wir keine regionalen Getränke verkaufen“
Eine Eigenheit, die alle Kinos innerhalb des deutschlandweit agierenden Cineplex-Verbundes auszeichnet. „Auch wir gehören diesem Bündnis an – sind eine Art Franchise-Unternehmen, wobei das Freyunger und das Passauer Kino unter Leitung der Familie Vesper stehen.“ Dieser Zusammenschluss ermöglicht es Geschäftsführer Hajü Hödl in seinem Filmtheater im eher beschaulichen Freyung, Neuerscheinungen gleich am Premierentag präsentieren zu können. Die entsprechenden Verträge bringen aber auch Verpflichtungen mit sich. „Deshalb können wir beispielsweise keine regionalen Getränke verkaufen“, verdeutlicht der 37-Jährige.
Seit mehr als 15 Jahren ist das Kino – zunächst in Passau, seit 2013 in Freyung – die Heimat von Hajü Hödl. Der gelernte Fotograf arbeitete ebenfalls zunächst nebenberuflich im Cineplex in der Dreiflüssestadt mit. Nach und nach erhöhte sich seine Stundenzahl, sodass er irgendwann Vollzeit bei Familie Vesper beschäftigt war. „Und als ich gehört habe, dass für Freyung ein Theaterleiter gesucht wird, wollte ich das sofort übernehmen. Ich liebe die Mentalität der Waidler“, berichtet der leidenschaftliche Filmfan, zu dessen Markenzeichen diverse Tattoos und sich stetig wechselnde Haarfarben gehören. „Ich mag es, wenn ich auf der Straße erkannt und gegrüßt werde.“
Da Woid ist „interessant, weltoffen und friedvoll“
Denn ähnlich wie die Filmwelt ist seiner Meinung nach auch der Bayerische Wald gestrickt: „interessant, weltoffen und friedvoll.“ Hajü Hödls Aussage wird von Barney mit einem bestätigenden Bellen untermalt. Coco hingegeben ist weiter mit der Kontrolle des noch menschenleeren Eingangsbereiches beschäftigt. Nicht mehr lange – denn bald öffnet das Kino seine allabendlichen Pforten. Dann ziehen die drei Chefs hinter den Kulissen wieder die Strippen, um das Theater hinter dem Theater zu leiten…
Helmut Weigerstorfer
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