Freyung. „Das dauert viel zu lange“, erklärt Elke Pfeiffer einer Teilnehmerin ihres Welpenkurses. Die Neu-Hundebesitzerin kramt in ihrer Jackentasche, um ihren Welpen mit einem Leckerli dafür zu belohnen, dass er brav „Sitz!“ gemacht hat. „Du hast maximal zwei Sekunden Zeit für die Belohnung!“ Bekommt der Hund sie später, bezieht er sie nicht mehr auf sein gutes Verhalten. Er freut sich also über das Leckerli, lernt aber nicht, dass es gut war, was er gerade gemacht hat.

„Hundische“ Erziehung bedeutet: Erziehung auf die Art, wie Hunde ihre Welpen selbst auch großziehen würden.
Leckerli setzt Elke Pfeiffer zur Hunde-Erziehung ohnehin nur selten ein. Im Welpenkurs sind sie noch erlaubt, später bekommen die Hunde bei ihr nur noch ab und an eine essbare Anerkennung ausgehändigt. „Wir loben den Hund lieber verbal – oder streicheln ihn“, erklärt die 49-Jährige. Dies liegt in ihrer Philosophie begründet: Sie will Hunde „hundisch“ erziehen – sprich: auf die Art, wie Hunde ihre Welpen selbst auch großziehen würden. „Das Fressen zu teilen ist kein hundetypisches Verhalten. Wenn ich ständig Futter in kleinen Portionen an meinen Hund abgebe, mache ich mich dadurch ebenso klein“, erklärt die Hundetrainerin.
„Man kann Hunde auch lieben, ohne sie zu vermenschlichen“
Und es gibt einen weiteren Grund dafür, dass sie mit Leckerlis eher geizig umgeht: Wenn es ständig welche gibt, gewöhnt sich der Hund daran. Viel interessanter für das Tier ist es, wenn die Belohnung sparsam eingesetzt wird. „Es ist wie in der Spielhalle: Mal gewinnt man, mal verliert man. Und genau das macht die Sucht aus.“ Wenn ein Hund weiß: Ich bekomme eventuell dann ein Leckerli, wenn ich etwas gut mache – dann macht er es, auch wenn er die Prämie am Ende nicht immer tatsächlich auch bekommt. „Der Hund soll es ja für mich machen – das Leckerli ist nur ein zusätzlicher Anreiz“, meint Pfeiffer. Wer die ganze Hundeerziehung auf die kleinen Appetithappen aufbaue, solle sich überlegen: „Belohne ich damit meinen Hund? Oder besteche ich ihn? Oder animiere ich ihn sogar schon zum Betteln?“

Unter Anleitung von Hundetrainerin Elke Pfeiffer (links) werden im Welpenkurs Hund und Besitzer die Grundkommandos beigebracht.
Seit zehn Jahren betreibt Elke Pfeiffer ihre Hundeschule, zuerst in Hinterschmiding und seit zwei Jahren in der Leitenmühle bei Freyung. Davor war sie zusammen mit ihrem Mann im Schlittenhundesport aktiv. Ihr Leben lang interessiert sie sich bereits dafür, die Tiersprache und das Verhalten der Tiere zu verstehen. Jedes Jahr besucht sie daher zehn bis zwölf Fortbildungen, um ihr Wissen über Hunde weiter zu vertiefen.
Damit es zwischen Hund und Mensch klappt, müsse vor allem das „Hausmanagement“ funktionieren, wie Pfeiffer es nennt. Wie Mensch und Tier im Haus zusammen leben, hat ihrer Meinung nach entscheidenden Einfluss darauf, ob der Hund gewisse Kommandos lernt. „Ich muss mir überlegen, wie viel Raum, den ich kontrollieren kann, ich meinem Hund in den eigenen vier Wänden schenke“, erklärt die Frau mit den dunkeln Haaren. „Wenn der Hund mir ständig hinterher tapsen darf, dann kontrolliert er mich.“ Sie mag es nicht, wenn Hunde „vermenschlicht“ werden. Denn dann kommt es allzu leicht zu Missverständnissen. „Man kann Hunde auch lieben, ohne sie zu vermenschlichen.“ Wer also möchte, dass sein Hund aufs Wort hört, muss es der Trainerin zufolge schaffen, dass der Hund auf seiner Decke liegen bleibt, statt die Couch oder gar das Bett des Herrchens oder Frauchens zu erobern.
Wie erreicht man, dass der Hund macht, was man möchte?
Besonders „hundisch“ funktioniert die Erziehung der jüngsten Teilnehmer der Hundeschule: Im Welpenkurs dürfen die Babyhunde zwischen den Übungen immer wieder frei herumlaufen, sich gegenseitig beschnuppern, herumtollen. Wird einer der Welpen dabei zu übermütig, greifen nicht unbedingt die Hundetrainer oder die Hundebesitzer ein – meist übernehmen das Elke Pfeiffers eigene Vierbeiner. Erfahrene „Strukturierer“ und „Positionierer“, wie sie ihre speziell dafür ausgebildeten Hunde bezeichnet. „Hunde dürfen auch mal Konflikte austragen, bis zu einem gewissen Grad“, sagt sie. „So lernen sie von Anfang an, auch mit Frustration umzugehen.“ Dass die Welpen eine sogenannte Frustrationstoleranz aufbauen, ist wichtig. Denn die braucht man, wenn Herrchen oder Frauchen mal etwas verbietet. Je geringer die Frustrationstoleranz, desto stärker müssen die so genannten Abbruchsignale sein.
Verhält sich der Hund nicht so wie er soll, müsse von Menschenseite sofort ein entsprechendes Abbruchsignal erfolgen. „Jeder entscheidet individuell nach Hund und Rasse, wie dieses Signal aussieht“, informiert die Hundetrainerin. „Ich gebe da nur Tipps.“ Benimmt sich ein Hund nicht, kann sein Herrchen zum Beispiel in die Hände klatschen oder laut „Pfui!“ rufen. Das ähnelt dem „hundischen“ Abbruchsignal: Hunde bellen, wenn sie andere zurechtweisen wollen. Bei einem Rottweiler im Junghunde-Kurs greift eine der Trainerinnen zu einem etwas härteren Mittel: Sie drückt dem Hundebesitzer eine Wassersprühflasche in die Hand. Als der Rottweiler wieder am Herrchen hochspringt, sprüht ihm Wassernebel ins Gesicht – und er hört auf.
Starke Abbruchsignale widerstreben Elke Pfeiffer. Damit man sie gar nicht erst braucht, solle man sofort mit der Hundeschule beginnen, wenn man den Welpen nach Hause holt. „Welpenschutz gibt es nur im eigenen Rudel“, sagt sie. „Eine Woche kann man sich zu Hause aneinander gewöhnen, dann sollte man gleich mit der Hundeschule loslegen.“ Wer bei ihr einen Welpenkurs bucht, den besucht Elke Pfeiffer oder eine ihrer Mitarbeiterinnen zunächst zu Hause. Die Hundetrainer schauen sich dort um, wie Mensch und Tier miteinander umgehen und wie sie zusammen wohnen.
Dann besprechen sie, was man verbessern könnte. Im Welpenkurs selbst geht es für Herrchen und Frauchen dann vor allem darum, die Hundesprache zu erlernen. Wie erreicht man, dass der eigene Hund das macht, was man möchte? „Immer mit einer hellen, positiven Stimme zu sprechen, ist dabei sehr wichtig“, sagt Elke Pfeiffer.
Vor allem das Ballhol-Spiel führt oft zu Missverständnissen
Hohe Frustrationstoleranz zeigen die Hunde im Fortgeschrittenenkurs: Sie bleiben auch dann brav sitzen, wenn der Reiz wegzulaufen groß ist. Die 49-Jährige setzt dabei etwa eine Hasenattrappe ein, die wie ein echter Hase schnell über die Wiese huscht. „Die Hunde müssen lernen, ruhig liegen zu bleiben“, erklärt Pfeiffer. „Mir geht es darum, alltagstaugliche Hunde zu haben, die ich überall mit hin nehmen kann.“ Erst wenn alle Grundkommandos einwandfrei funktionieren und wenn sich das Tier jederzeit zurückrufen lässt, darf er frei laufen. „Wer nicht zu einhundert Prozent abrufbar ist, muss an die Schleppleine. Je mehr ein Hund kann, desto mehr darf er Hund sein und frei herumlaufen.“
Im Welpenkurs gehe es vor allem darum, die jungen Hunde zu sozialisieren und Herrchen und Frauchen die grundlegenden Dinge für das Leben mit dem Tier beizubringen. Elke Pfeiffer redet daher zwischendurch viel mit den Teilnehmern: Wie ist es den Hundebesitzern bisher daheim mit dem Babyhund ergangen? Wo gibt es im Alltag Probleme? Sie nimmt sich in ihren Kursen viel Zeit für Gespräche. Diese sind zwischen den typischen Hundeschul-Übungen vor allem deswegen gegeben, weil neben der Leiterin der Hundeschule immer mindestens zwei ihrer drei Mitarbeiterinnen beim Training mit dabei sind. Natürlich übt man auch hier, wie der Hund brav an der Leine läuft, wie man ihn dazu bringt, „Sitz!“ und „Platz!“ zu machen. Doch in erster Linie beobachtet die Trainerin Hund und Herrchen, gibt Anregungen und Tipps, was man in der Kommunikation anders machen bzw. verbessern könnte.
Ein Beispiel aus dem Alltag, bei dem nach Elke Pfeiffers Meinung sehr häufig Missverständnisse zwischen Mensch und Tier entstehen, ist das typische Ballholen: „Wer seinen Hund ständig einem Ball, einer Frisbeescheibe oder Ähnlichem hinterher jagen lässt, der konditioniert das Tier darauf, sein Jagdverhalten auszuleben“, sagt die 49-Jährige. Wer dagegen sämtliche „Rennspiele“ weg lasse, der rege den Hund gar nicht erst zum Jagen an. Dann passiere es auch nicht so leicht, dass er einem Jogger hinterher läuft. Oder einem Ball, mit dem gerade kleine Kinder spielen.
Sabine Simon
Sehr guter Artikel! Bin selbst mit meinem Hund bei Elke in der Hundeschule. Elke und ihr Team sind echt super. Wenn ich mit meinem Hund (10 Monate) unterwegs bin und für das Verhalten meines Hundes gelobt werde, dann macht mich das doch ein bisschen stolz und ich bin Elke dankbar. Sie hat uns zu dem Mensch-Hund-Team gebracht das wir jetzt sind.
Der Hund muss aufs Wort folgen. Der Hund muss zu 100% abrufbar sein. Der Hund muss…., muss…. muss und er muss natürlich exakt zuverlässig sein. Super! Wenn der Mensch nur im Ansatz diese Ansprüche erfüllen würde, die gemäß Frau Pfeiffer jeder von seinem Hund ohne wenn und aber erwarten kann, was hätten wir doch alle für ein traumhaftes Leben. Für mich klingt der Bericht eher nach einer militärischen Befehlseinheit als nach einer Hundeschule mit Herz und Verstand. In meiner Familie hat jeder seine Ecken und Kanten und auch unser Hund muss kein perfekt funktionierendes Inventar sein.
Hallo ich hab ihren Kommentar gelesen und bin völlig ihrer Meinung. Ein Hund sollte auch noch ein Hund bleiben und nicht an der Schnur lang gezogen werden. Er soll ja auch schließlich die Familie beschützen und meine beiden machen das. Alles gute und viele Grüße
Ich bin mit meinem Golden Retriever zwar nicht bei Elke, sondern 150 km weiter in Mengkofen, aber ich lernte genau das gleiche.
Viele sagten mir, mit einem Golden Retriever bräuchte man keine Hundeschule,
man hat mir das Gegenteil bewiesen, wir üben seit dem Welpenalter.