Arber/Perlesreut. 600 Läufer, eine bis zu 60 Kilometer lange Strecke, nasskalt-stürmisches Wetter – der Arberland Ultratrail, der am vergangenen Wochenende zum dritten Mal ausgetragen wurde, war wahrlich keine Angelegenheit für „sportliche Weicheier“. Dass Alfred Kretschmer (53) aus Perlesreut eine Leidenschaft für solch extreme Herausforderungen hat, konnte er in der Vergangenheit bereits mehrfach unter Beweis stellen (wir berichteten). Insofern kann er auf einen großen Erfahrungsschatz als Ausdauersportler zurückgreifen, den er auch gerne an andere weitergibt. Für das Onlinemagazin da Hog’n berichtet der passionierte Bergläufer von seinen Strapazen rund um die höchsten Erhebung des Bayerischen Waldes:
Nachdem ich mit der aktuellen Laufsaison innerlich bereits abgeschlossen hatte, übermannte mich dann doch noch einmal der Ehrgeiz. Bereits im vergangenen Jahr bin ich beim Arberland Ultratrail an den Start gegangen – und war von der Atmosphäre, die rund um das Organisationsteam von Chefin Steffi Felgenhauer herrschte, sowie der atem(be)raubenden Strecke derart begeistert, dass ich mich letztlich doch noch dazu entschieden habe, heuer erneut anzutreten. Leider ging die Anmeldung aufgrund meiner anfänglichen Unentschlossenheit ziemlich spät ein, sodass ich nur noch einen der letzten freien Plätze für die 41-Kilometer-Strecke, den sogenannten Auerhahntrail, ergattern konnte.
Eiskalter Wind am Arbergipfel – eine warme Jacke war Pflicht
Mit nur einigen längeren Lauftrainingseinheiten in den Beinen ging ich dennoch recht zuversichtlich im Hohenzollern-Skistadion an den Start. Die Stimmung war wieder einmal grandios, was meine Ambitionen zusätzlich anstachelte. Durch den unverhofft eingetretenen Kälteeinbruch war es jedoch empfindlich kalt. Die vorderen Läufer der Langstrecke meldeten Nebel und eiskalten Wind am Arbergipfel – eine warme Jacke war demnach Pflicht.
Pünktlich um 9 Uhr schickte man uns auf die abwechslungsreiche sowie fordernde Strecke. Ich war im Mittelfeld gestartet und es lief von Anfang an alles in allem recht gut. Mit lockeren Beinen ging ich die erste Steigung zum Arbergipfel hinauf an. Oben angekommen, klarte es auf und für einen kurzen Moment blitzte sogar die Sonne durch die ansonsten dichte Wolkendecke. Es folgte ein sehr technischer, nicht ganz einfach zu laufender Downhill-Abschnitt, den ich mit angezogener Handbremse absolvierte, um keinen frühen Sturz im Rennen zu riskieren.
Der nächste Höhepunkt: das Mittagsplatzl. Dort entschädigte der tolle Ausblick für die Anstrengungen beim Aufstieg. Rasch ging es wieder hinunter durch den herbstlichen Bergwald. Ich fühlte mich prima – und ließ es einfach laufen. Nach 16 Kilometern kam der erste Durchlauf im Skistadion sowie die erste Verpflegungsstation – das hieß: kurz Flaschen auffüllen und ein paar Bissen von dem wieder einmal sehr schmackhaften Kuchen zu sich nehmen. Danach ging’s auch schon wieder weiter – rasant bergab zum Flusswanderweg, der trotz vieler Wurzeln und verblockter Steine gut zu bewältigen war.
Dann aber doch irgendwann: Krämpfe, immer wieder Krämpfe
Langsam kroch jedoch die Müdigkeit in meine Oberschenkel – die nicht allzu ausgeprägte Vorbereitung machte sich bemerkbar. Über alte Glashüttensteige ging es anschließend wieder steil bergauf zum ehemaligen Glashüttenstandort „Schachtenbach“ und dann weiter zum Silberberg, dem Wahrzeichen von Bodenmais. Nachdem ich mir erhoff hatte, erneut etwas Lockerheit in meine Beine zurückbringen zu können, zwang mich diese Erhöhung zu einigen unfreiwilligen Gehpausen. Da ich wusste, dass die weitere Strecke hinauf zum Bretterschachten noch vor mir lag, benötigte ich dann doch etwas mehr Zeit am Verpflegungsstand als eingeplant, um mich zu stärken und meine jetzt doch immer wieder kommende Krämpfe im Zaum zu halten.
Weitere Eindrücke vom dritten Arberland Ultratrail (Fotos: Felgenhauer)
Mit deutlich verringertem Lauftempo stürzte ich mich in den nicht enden wollenden letzten Anstieg. Die Lockerheit war verflogen und es ging nur noch ums Ankommen – wobei ich schließlich meinen inneren Schweinehund besiegen konnte: Das Ende war in Sicht, es folgte ein Schlussstück bergabwärts, bevor ich mit der letzten Energie und überglücklich das Ziel erreichte. Ich hatte gefinisht – und das trotz der suboptimalen Vorbereitung. Die Belohnung, ein frisches alkoholfreies Finisher-Bier, schmeckte einfach herrlich. Ich war im siebten Läuferhimmel angekommen und dankbar für eine gelungene Veranstaltung, die rundum perfekt organisiert war. Ein dickes Lob an alle, die dies möglich gemacht haben.
Alfred Kretschmer/da Hog’n