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Preying. „Eine solche Situation hatten wir noch nie“, schlägt Karl-Heinz Simmet von der solar-pur AG Alarm. Die derzeitige Vollbeschäftigung (gepaart mit der seit Langem „brummenden“ Konjunktur) hat zur Folge, dass das Preyinger Unternehmen dringend neues Personal sucht – und keins findet. Jener Fachkräftemangel wurde jüngst auch eifrig auf der Hog’n-Facebook-Seite diskutiert, wo ein Hog’n-Leser per Brief an die Redaktion die vor allem im Handwerksbereich zunehmend prekärer werdende Lage thematisierte. Auch Karl-Heinz Simmet such nach Lösungsansätzen für dieses Problem. Er stellt sich Fragen wie: Welche Rolle spielt dabei das Bildungssystem? Sind viele Jugendliche einfach zu bequem? Sind Flüchtlinge das Allheilmittel?
Herr Simmet: Die solar-pur AG ist derzeit händeringend auf der Suche nach neuem Personal. Wie „akut“ ist die Lage?
Sehr akut. Wir sind verstärkt auf der Suche nach qualifizierten Fachkräften. Leider gibt der Markt momentan jedoch keine neuen Mitarbeiter her. Es ist einfach so, damit müssen wir leben. Unsere derzeitigen Auswege sind Leiharbeiter und Montagefirmen, die als Subunternehmer für uns im Einsatz sind. Ohne diesen Kunstgriff wäre die derzeitige Auftragslage nicht abzuarbeiten.
Probleme gibt’s vor allem im handwerklichen Bereich, oder?
Ja. Die Gründe dafür sind sehr vielschichtig. Erstens sind in den vergangenen Jahren zu wenige Kinder geboren worden – das heißt: Es gibt weniger potenzielle Handwerker. Zweitens gehen immer mehr Jugendliche aufs Gymnasium und wollen anschließend studieren. Und drittens hat der Ruf des Handwerks in den vergangenen Jahren etwas gelitten. Außerdem nimmt uns die Industrie viele Arbeitskräfte weg.
„Es muss eine überregionale Imagekampagne her“
Droht der „Worst Case“? Sprich: Wurden Aufträge abgelehnt, da sie aufgrund des fehlenden Personals nicht umgesetzt werden können?
Leider ist das schon jetzt der Fall. Wir haben heuer bereits einige Aufträge ablehnen müssen – vor allem im Elektrobereich. Es fehlt aber nicht nur an Personal draußen auf den Baustellen – auch Bauleiter oder Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich sind Mangelware.
Die Personalsuche ist kein spezifisches Problem der solar-pur AG. Im Gegenteil. Zahlreiche Betriebe suchen nach Mitarbeitern. Wie könnte aus Ihrer Sicht dieses Problem generell beseitigt werden?
Hierbei gibt es mehrere Lösungsansätze. Zunächst einmal muss eine überregionale Imagekampagne her, die das Handwerk wieder in ein besseres Licht rückt. Das ist jedoch nicht Aufgabe der Betriebe, sondern das ist Aufgabe der Handwerkskammern und Innungen. Ein weiterer Punkt sind die Löhne: Wir werden nicht drumherum kommen, mehr Gehalt zu bezahlen. In der Folge muss aber auch der Kunde damit rechnen, dass die Kosten für den oder die Handwerker höher ausfallen werden. Natürlich müssen aber auch die Betriebe über sich selbst nachdenken und prüfen, wie die Arbeitsbedingungen verbessert werden können.
Welche Rolle spielt dabei die eigene Ausbildung?
Eine große Rolle, doch: Auch dieser Bereich gestaltet sich schwierig. Bis zum vergangenen Jahr hatten wir eigentlich immer geeignete und auch zahlreiche Bewerber. Wir hatten stets gute Lehrlinge. Heuer jedoch kam der Einbruch: Sowohl im Elektro- als auch im kaufmännischen Bereich ist der Markt nicht mehr so üppig gesät wie in der Vergangenheit. Wir hatten große Probleme unsere Ausbildungsplätze zu besetzen. Übrigens haben wir heuer erstmals einem Flüchtlinge die Chance gegeben, bei uns einen Beruf zu erlernen.
Thema Flüchtlinge: „Wir brauchen diese Menschen“
Wie ist Ihre Erfahrung mit geflüchteten Menschen?
Wir sind sehr zufrieden mit ihm, er macht sich sehr gut. Flüchtlinge könnten durchaus eine Lösung des Personalproblems sein. Es scheitert aber nicht an der Sprache oder am Miteinander, sondern vielmehr an den bürokratischen Hürden. Es kann auch nicht sein, dass Asylsuchende abgeschoben werden, die bereits bestens in der Berufswelt integriert sind; die engagiert sind und bei den Kunden gut ankommen. Die deutsche Wirtschaft braucht diese Menschen.
Welche Ausbildungsberufe bietet die solar-pur AG an?
Elektro- und Gebäudetechniker, Lagerfachleute und Bürokaufleute. Bei unserer Stelle im Büro sind wir weiterhin auf der Suche – hier konnten wir leider niemanden finden.
Sind nur die Bewerberzahlen zurückgegangen – oder auch die Qualität der Bewerber?
Beides. Dadurch, dass die Bewerberzahlen zurückgegangen sind, ist auch die Qualität gesunken. Es gibt nicht mehr die große Auswahlmöglichkeit wie früher. Die besten Schulabgänger haben die Qual der Wahl.
Was entgegnen Sie denjenigen Schulabgängern, die behaupten: „Ein handwerklicher Beruf ist mir zu anstrengend“- oder: „Damit kann ich kein Geld verdienen“?
Das sind längst überholte Aussagen. Als Handwerker verdient man inzwischen gutes Geld. In dieser Branche gibt es zudem die besten Aufstiegsmöglichkeiten überhaupt. In nächster Zeit sind genügend Aufträge da – das heißt: Die Arbeitsplätze sind sicher. Und, was man auch nicht vergessen darf: Ja, man wird dreckig und es ist anstrengend. Aber am Ende des Tages sieht man, was man geschaffen hat. Und ganz nebenbei hat man auch das nötige Wissen, um sich in den eigenen vier Wänden helfen zu können.
„Die Internationalisierung wird voranschreiten müssen“
Werden die Schüler heutzutage gut genug auf die Berufswelt vorbereitet?
Nein. Das Bildungssystem muss praxisorientierter werden. Praktika sind das A und O. Die Buben und Mädchen müssen am eigenen Leib erfahren, welche Berufe für sie geeignet sind.
Werfen wir abschließend einen Blick in die Zukunft: Wie wird sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren entwickeln?
Momentan ist unsere Wirtschaftslage so stabil, dass wir in eine gute Zukunft blicken können. Geld ist vorhanden, uns geht es gut. In der Folge sind die Auftragsbücher voll. Es wird aber nicht mehr möglich sein, diese Aufträge ausschließlich mit heimischen Mitarbeitern abzuarbeiten. Wir brauchen auswärtiges Personal und Firmen. Wie in wohl keinem anderen Bereich wird in der Wirtschaft die Internationalisierung voranschreiten.
Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen alles Gute.
Interview: da Hog’n
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kürzlich war zu lesen:
Nur noch 53 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag: „Gesellschaftlicher Skandal“
Die Zahl der Vollzeitstellen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Das schreibt die „Saarbrücker Zeitung“ und beruft sich dabei auf Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Danach wurden im zweiten Quartal dieses Jahres knapp 24,2 Millionen Vollzeitbeschäftigte gezählt. 1991, kurz nach der Wiedervereinigung, waren es noch 28,9 Millionen, also 4,7 Millionen mehr.
Hohe Beschäftigung liegt an Teilzeitjobs
Eigentlich erlebt Deutschland seit Jahren einen Beschäftigungsboom. Die Zahl der Beschäftigten wächst ungebrochen. Erst im Sommer meldete das Statistische Bundesamt einen neuen Rekord. Im zweiten Quartal zählte es 43,5 Millionen Beschäftigte.
Dieser Beschäftigungsboom geht offenbar auf Teilzeitjobs zurück. Denn seit 1991 hat sich die Zahl der Teilzeitarbeiter mehr als verdoppelt. Sie stieg von 6,3 auf gut 15 Millionen. Zu dieser Gruppe zählen neben den Arbeitnehmern mit einem versicherungspflichtigen Job auch geringfügig Beschäftigte und Ein-Euro-Jobber.
Parallel dazu ist das Arbeitsvolumen geschrumpft. Die Gesamtsumme aller geleisteten Arbeitsstunden ist im gleichen Zeitraum von knapp 52 Milliarden auf rund 50 Milliarden zurückgegangen.