Würzburg/Geiersthal. „Mein Name ist Anne Neumaier. Ich bin Praktikantin. Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich bei Ihrer Untersuchung dabei bin?“ – Diese Sätze habe ich sehr oft gesagt in der vergangenen Zeit. Ist ja auch wichtig – viele Leute verstehen sonst nicht, warum sich hinter dem Arzt noch eine weitere Person ins Untersuchungszimmer schleicht. Doch dass ich dabei sein darf beim Untersuchen eines schmerzenden Kniegelenks, beim Abhören einer Lunge oder auch einfach nur beim Gespräch zwischen Arzt und Patient, das ist für uns Medizinstudenten ein wichtiger Teil der Ausbildung. Auch einmal selbst mit Hand anzulegen – wie zum Beispiel beim Legen einer Infusionsnadel oder beim Verabreichen einer Impfung – ist für die praktische Erfahrung von großer Bedeutung. Ich bin sehr froh, dass ich an einem Plastikarm in unserem Untersuchungskurs an der Uni ein wenig Übung bekommen habe, doch die Hände zittern trotzdem, wenn man das erste Mal einem (echten!) Patienten Blut abnehmen soll.
Bei all diesen Tätigkeiten erfuhr ich stets freundliche Unterstützung und aufmunternde Worte – auch wenn mal etwas nicht gleich auf Anhieb geklappt hat wie gewünscht. Alle meine Fragen wurden mit sehr viel Geduld beantwortet. Zusammen mit 29 anderen Medizinstudenten aus ganz Deutschland nahm ich am Projekt „Exzellenter Sommer 2017“ der „Landarztmacher“ teil. Medizinstudenten kommen dazu in den Bayerischen Wald, um einen Monat des vorgeschriebenen Praktikums in Landarztpraxen der Region oder in den Kliniken Viechtach oder Zwiesel zu verbringen. Wir waren gemeinam in einer Ferienwohnung untergebracht, kochten miteinander und fuhren in Fahrgemeinschaften zu unseren jeweiligen Praxen bzw. Kliniken. Für den ein oder anderen waren die Straßen und die rasante Fahrweise der Waidler dabei eine Erfahrung für sich…
„Viele Projekte beschäftigen sich damit, junge Ärzte aufs Land „locken“ zu wollen, um dem drohenden Landärztemangel rechtzeitig vorzubeugen. Die darin enthaltenen finanziellen sowie geldwerten Vorteile haben jedoch nicht den erwarteten Effekt. Das Exzellent-Projekt im Arberland verfolgt einen ganz anderen Ansatz: Wir haben als langjährige und erfahrene Hochschullehrer die Gewissheit erlangt, dass die meisten jungen Ärzte grundsätzlich die Arbeit auf dem Land sehr hoch schätzen, sie aber zu viele Hindernisse auf dem Weg dorthin erleben und sich deshalb für die zweitbeste Möglichkeit, die Tätigkeit in der Stadt entscheiden. Diese Hindernisse einfach aus dem Weg zu räumen und den engagierten angehenden Kollegen den Weg zum Traumberuf „Arzt und Ärztin auf dem Land“ zu ebnen, ist unser Ziel.“ (Quelle: landarztmacher.de)
Ultraschall – mehr als nur ein schwarzweißes Chaos
Das vorrangige Bestreben der „Landarztmacher“ ist es, dass wir Studenten im Rahmen unseres einmonatigen Praktikums so viel Erfahrung wie möglich sammeln. Deshalb standen in unseren jeweiligen Landarztpraxen bzw. Kliniken meist noch verschiedenste Kurse auf dem Programm:
wie z.B der Naht-Kurs, bei dem wir im Krankenhaus Zwiesel an Schweinefüßen die verschiedenen Nahttechniken übten. Oder auch der Ultraschall-Kurs in Viechtach, bei dem ich das erste Mal auf dem Bildschirm des Ultraschallgeräts mehr erkennen konnte als ein schwarzweißes Chaos. Ein besonderes Highlight fand in Untermitterdorf statt, bei dem wir Kinder „untersuchen“ durften.
Trotz des vollen Programms hatten wir auch Freizeit, in der wir den Bayerischen Wald und seine Angebote kennen lernen und genießen durften. Es gab tatsächlich Teilnehmer, die das erste Mal überhaupt in dieser Region zu Besuch waren. Dies ist nämlich ein weiteres Anliegen der Landarztmacher: den „Stodaran“ (Stadtmenschen) zu zeigen, wie schön das Leben und Arbeiten auf dem Land sein kann. Ich würde sagen, einige konnten davon überzeugt werden. Andere wussten das zum Teil auch schon vorher. Zu Letztgenannten gehöre ich.
Besonders gefielen mir die Wanderungen. An unserem ersten Wochenende wanderten wir auf den Großen Arber und übernachteten auf der Chamer Schutzhütte. Ein anderes Mal sind wir zusammen mit der Bergwacht Lam zur Osserwiese marschiert – beide Male hatten wir sehr viel Glück mit dem Wetter. Wenn man dann – ein wenig außer Atem – bei strahlendem Sonnenschein am Gipfelkreuz angekommen ist, fragt man sich wirklich, warum man das nicht viel öfter macht…
Habe Dinge gelernt, die in keinem Buch stehen
Ich habe zwei Wochen in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Stern und Dr. Stauber-Stern in Geiersthal im Landkreis Regen verbracht. Die restliche Zeit meines vierwöchigen Praktikums war ich dann in Schöfweg bei Dr. Schoder. In beiden Praxen war ich meistens im Sprechzimmer mit dabei, durfte mir Beschwerden und Symptome der Patienten anhören und oft meine eigenen Schlüsse ziehen. Auch Untersuchungen konnte ich selbstständig durchführen, wie zum Beispiel Lunge und Herz abhören, ins Ohr leuchten und den Bauch abtasten.
Einige Patienten waren so geduldig, dass sie mich noch einmal eine Ultraschalluntersuchung an sich durchführen ließen. Damit taten sie mir einen großen Gefallen, denn es bedarf viel Übung, um sicher mit dem Ultraschallgerät umzugehen und damit erste Diagnosen stellen zu können.
Ich nahm außerdem einfache Wunden versorgen und Verbände anlegen. Alles in allem: Ich habe sehr viel gelernt – hauptsächlich Dinge, die man sich schwer aus Büchern aneignen kann.
Mein Fazit: Der Monat ist rasend schnell vergangen. Neben den vielen Erlebnissen habe ich auch viele nette Leute kennengelernt. Ein Landarztmacher-Praktikum im Bayerischen Wald kann ich deshalb nur wärmstens weiterempfehlen!
Anne Neumaier
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Anne Neumaier (21) hat familiäre Wurzeln im Bayerischen Wald. Nach ihrem Abitur in München hat sie ein Medizinstudium in Würzburg begonnen. Als Gastautorin berichtet sie von ihrem Praktikum, das sie im Rahmen des „Exzellenten Sommers 2017“ der „Landarztmacher“ in Geiersthal im Bayerischen Wald absolviert hat.
Super Geschichte, Anne.Ich wünsche mir, das du bald als junge Ärztin zu
uns in den Bayer. Wald kommst und Tag und Nacht für unsere „Wunden“
im Einsatz bist. Viele Grüße