Altnußberg. Nein, für rege Betriebsamkeit ist Altnußberg wahrlich nicht bekannt. Doch genau das macht den Charme des idyllischen 300-Einwohner-Dorfes in der Gemeinde Geiersthal (Landkreis Regen) aus. Kinder spielen ungestört auf den Straßen, auf den zahlreichen Bauernhöfen im Dorf erleben die Tiere, was es heißt, artgerecht gehalten zu werden. In einer zunehmend schnelllebigen Welt ist Altnußberg – etwas überspitzt formuliert – eine der letzten Bastionen absoluter Gelassenheit.
Wanderer und Schwammerlsucher schritten über die Reste
Nichts deutet heutzutage darauf hin, dass das sympathisch-verschlafene Dorf einmal einer der wichtigsten Orte im Bayerischen Wald war. Zugegeben: Das ist ein paar Jahre her – genauer gesagt rund 550. Damals thronte über dem Dorf die größte Wehranlage der Region, die zunächst vom Geschlecht der Nußberger (daher auch der Name) und später von den Degenbergern bewohnt wurde.
Lange war von dieser historischen Bedeutung Altnußbergs (im Mittelalter: Nußbach) nur in Geschichtsbüchern zu lesen. Nach der Zerstörung der Burganalage im Jahre 1469 wurden die Mauerreste langsam von Laub und Humus bedeckt. Während dem über 500 Jahre dauernden Dornröschenschlaf der Ruine schritten viele Wanderer und Schwammerlsucher über die verborgenen Reststücke des historischen Gemäuers, ohne es zu merken.
Dem ehemaligen Geiersthaler Bürgermeister Ludwig Hilmer ist es zu verdanken, dass die Historie Altnußbergs heutzutage nicht nur mehr in Büchern nachzulesen, sondern für jeden greifbar ist. Zusammen mit rund 30 Mitstreitern – darunter einige Archäologen – initiierte Hilmer 1983 erste Ausgrabungen auf dem Gelände der mutmaßlich Ende des zwölften Jahrhunderts erbauten Wehranlage.
Bei Grabungen stieß man auf Überreste der Zisterne
Die ersten archäologischen Arbeiten, die die Mitstreiter Hilmers bis 1989 tätigten, lieferten Erkenntnisse, die die Fachleute beeindruckten. Die Reste der 500 Jahre zuvor im so genannten Böcklerkrieg zerstörten Mauern gaben nahezu vollständigen Aufschluss darüber, wie es auf der Burganlage bis 1469 ausgesehen hat. Bei Grabungen stieß man auf Überreste der Zisterne, des Bergfriedes und entdeckte sogar ein vollständiges erhaltenes Bodenpflaster. Doch die Arbeiten beschränkten sich nicht nur auf Ausgrabungen – man entschied sich dafür, die Ruine teilweise wieder aufzubauen.
So entstand im Rahmen der Restaurierungsarbeiten, die insgesamt bis 1999 andauerten, ein originalgetreuer Nachbau der Zisterne und des Hauptturmes. Letzterer thront seither über dem nordöstlich gelegenen Dorf und ist schon von Weitem zu sehen. Für die Ausstellung zahlreicher Ausgrabungsfunde wurde ein kleines Museum am Eingang zum Burganger errichtet.
Sich für einen Tag wie im Mittelalter fühlen
1985, also zwei Jahre nach Beginn der Ausgrabungen, formierte sich in Altnußberg ein Burgverein, der sich bis heute um den Erhalt und die Pflege des historischen Burggeländes kümmert. Für dessen Mitglieder ist das Engagement eine Herzensangelegenheit, spiegeln die Mauern doch die mittlerweile fast 900 Jahre überdauernde Geschichte des Dorfes wieder.
Der Verein lädt jedes Jahr zum traditionellen Burgfest ein, das heuer am 7. August stattfindet. Dieses lockt immer wieder unzählige Besucher aus Nah und Fern in den Woid. Für einen Tag können sich die Altnußberger dann wie im Mittelalter fühlen – als das Dorf mit seiner imposanten Burganlage eines der Zentren des Bayerischen Waldes war.
Text und Fotos: Alexander Augustin
Wer sich näher mit der Burg Altnußberg und ihrer Geschichte befassen möchte, kann das Gelände jederzeit besichtigen. Dort gibt es auch ein Buch mit vielen spannenden Hintergründen zur Nutzung der Burg im Mittelalter und zur Ausgrabung zu kaufen.b