Teisnach/Freyung. „Wer das Pensionsalter von 65 Jahren erreicht hat, darf nicht mehr kandidieren.“ Das Bundesverfassungsgericht bestätigte im September 2013 jene Regel, die seitdem für Oberbürgermeister und Landräte in Bayern gilt. Eine Regelung, die für SPD-Landratskandidatin Rita Röhrl und deren Wählerschaft für klare Verhältnisse sorgt, denn: Im Falle ihrer Wahl zur neuen Landrätin des Landkreises Regen bedeutet dies, wie sie selbst im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n betont: „Die Rita Röhrl kann nur sechs Jahre – dann ist’s vorbei.“ Mit derzeit 63 Jahren ist bei ihr nur eine Kandidatur möglich. Das weiß sie, das wissen ihre Wähler.
Rita Röhrl gilt dennoch als Favoritin. Ihr größter Trumpf: Die immense politische Erfahrung, die sie über Jahrzehnte hinweg als Bürgermeisterin, Kreis- und Bezirksrätin sammeln konnte. Sie weiß, wie der Laden läuft, wäre thematisch sogleich „mittendrin“ im Geschäft, sollte sie die Nachfolge von Michael Adam nach den Wahlen im September antreten. „Ich setze mich ins Landratsamt – und kann durchstarten. Das ist ein Vorteil, den mir niemand nehmen kann.“ Rita Röhrl über Michael Adam und dessen Rückzug aus der Politik, über ihre Mitkontrahenten Ebner, Schlüter und Müller – und die Frage, welche Themen ihr als potenzielle Landrätin wichtig sind.
Frau Röhrl: Wie ist es für Sie, Nachfolgerin von Ihrem eigenen „Ziehsohn'“ Michael Adam zu werden?
Ungewöhnlich… das war so nicht geplant (schmunzelt). Ich sehe mich aktuell jedoch nicht als Nachfolgerin, sondern als Kandidatin der SPD. Und in dem Fall ist der Vorgänger jünger als der Nachfolger…
„Adam brauchte einen echten Schlussstrich, den harten Cut“
Können Sie mit dem Begriff „Ziehmutter“ bzw. „Ziehsohn“ mittlerweile leben?
Ich habe damit noch nie sonderlich viel anfangen können, weil Michael Adam für mich immer ein politisches Talent war, das ich innerhalb der Partei gefördert habe. Der Begriff Ziehsohn ist etwas weit hergeholt, weil ich niemanden erzogen habe. Zudem hätte ich in diesem Fall bei der Erziehung an der ein oder andere Stelle wohl etwas versagt (lächelt)… Michael ist zweimal in gewisse Situationen hineingestoßen worden – einmal bei der Bürgermeisterwahl in Bodenmais, das andere Mal bei der Landratswahl. Das waren Ausnahmesituationen, die ihm natürlich gute Chancen dargeboten haben und bei denen er erfolgreich war. Ansonsten wäre der normale Gange der Dinge gewesen, dass ich 2011 für den Landratsposten kandidiert und er noch sechs Jahre gewartet hätte – und eben jetzt antreten würde. Doch diese Frage hatte sich nicht gestellt, weil er dies damals so wollte. Und ich habe zu ihm gesagt: Okay, Du bist jung, dann mach es.
Können Sie – nachdem nun einige Zeit vergangen ist – Adams Entscheidung, nicht mehr antreten zu wollen, immer noch nachvollziehen?
Seine Gründe sind nachvollziehbar, sie sind aber auch vernünftig. Warum er sich so unvermittelt entschieden hatte, weiß ich nicht. Das hatte vermutlich mit seiner damaligen persönlichen Situation zu tun. Er wusste, jetzt ist es an der Zeit, einen echten Schlussstrich zu ziehen. Er brauchte den harten Cut. So wie die Frau, die sich nach 30 Jahren Ehe entschließt, von zu Hause auszuziehen (lacht)…
Sind sie ihm böse? Sind sie enttäuscht?
Nein, um Gottes Willen.
Welches Gefühl war vorherrschend, als Sie von seiner Entscheidung erfahren haben?
Überraschung. Enttäuscht war ich nicht, nein. Und wenn wir schon beim Mutter-Sohn-Verhältnis sind: Ich gehöre nicht zu denjenigen Müttern, die solche Dinge sagen wie: Jetzt hast Du mich aber fürchterlich enttäuscht, weil Du nicht das tust, was ich möchte. Seinen Weg muss jeder selbst finden – sonst wird man kreuzunglücklich. Ich selbst habe eine Tochter, die mir, wie ich finde, ganz gut gelungen ist (lacht).
„Die Parole lautete: Mama, da musst Du jetzt selber ran!“
Adams Entscheidung hatte die SPD in arge Bedrängnis gebracht. Wie groß war der Schock?
Meine erste Reaktion war: Oje, wie kommt er jetzt auf diese Idee? Mir war dann schnell klar, dass ich mich als Unterbezirksvorsitzende der SPD auf Kandidatensuche begeben muss. Denn eine Landratswahl ohne SPD-Kandidat wäre für mich niemals in Frage gekommen. Zunächst hatte ich den Landratsstellvertreter Erich Muhr im Blick, der mir freudestrahlend mitteilte, dass er gerne möchte – aber nicht mehr kann, weil er schon zu alt ist (lacht). Er war also raus aus dem Spiel. Meine nächste Überlegung war, einen der jungen Bürgermeister aus Drachselsried bzw. Regen zu kontaktieren. Beide hatten mir versichert, überregionale Kandidaturen anstreben zu wollen – doch bitte nicht zu diesem Zeitpunkt. Ich hatte das zu akzeptieren – ich würde zu keinem sagen: Du musst das jetzt machen. Und dann wusste ich, dass es nicht viele Alternativen geben wird. Die Parole lautete: Mama, da musst Du jetzt selber ran! (lacht)
Würden Sie sich selbst als eine Art „Notlösung“ betrachten?
(lacht) Nein, niemals. Das würde auch keiner so einschätzen – außer der Zwieseler CSU-Ortsvorsitzende, den ich bis dato gar nicht kannte. Bei meiner Nominierung hatte er gemeint, wir würden keinen ‚Notnagel‘ für die nächsten sechs Jahre brauchen. Dies zeigt zum einen, dass er meine Erfolgschancen durchaus hoch einschätzt (lacht). Zum anderen hätte er den Begriff ‚Notnagel‘ wohl etwas besser recherchieren müssen: Dieser stammt nämlich aus dem Feuerwehrbereich und bezeichnet einen sehr sicheren und stabilen Abseilhaken. Als Feuerwehr’ler hätte er’s eigentlich besser wissen müssen…
Sie gelten als Favoritin im Kampf um das Amt des Landratspostens – sehen Sie sich selbst auch in dieser Position?
Wenn man sich als Favoriten sieht, macht man bereits den ersten großen Fehler. Man wird schnell zu siegessicher, wird faul und neigt zur Überheblichkeit. Ich liege sicher gut im Rennen und habe realistische Chancen. Feststeht: Ich werde um diesen Posten kämpfen, denn wenn ich kandidiere, will ich’s auch werden. Ich trau mir’s zu.
Zumeist bekommt man im eigenen Umfeld ohnehin nur die positiven Stimmungen mit – ich denke trotzdem, dass auch die allgemeine Stimmung derzeit sehr positiv ist. Mich überrascht, dass das Alter – ein Thema, das ja die CSU hochzukochen versucht – offensichtlich so gar keine Rolle spielt bei den Leuten. Überraschenderweise auch nicht bei den jüngeren.
„Graßl ist nicht so impulsiv und temperamentvoll wie ich“
Wie rechtfertigen Sie sich im Falle eines Wahlsieges eigentlich gegenüber ihrer Teisnacher Bürgerschaft? Wenn Sie dann mitten in Ihrer Amtszeit als Bürgermeisterin die Gemeinde Richtung Landratsamt Regen verlassen sollten?
Die Teisnacher haben mir mitgeteilt, dass sie mich nicht wählen… (lacht). Woraufhin ich gesagt habe: Ok, dann geh ich aber trotzdem in drei Jahren – der Abschied ist vorhersehbar. Ich hatte bereits vor der letzten Bürgermeisterwahl angekündigt, dass ich das letzte Mal kandidieren werde – und dabei bleibt’s. Ich mache da auch keinen Rückzieher – 2020 ist Schluss mit dem Bürgermeisteramt. Definitiv. Dass ich nun für den Landratsposten kandidiere ist den Umständen geschuldet, nicht meinem Karriere-Willen.
Was passiert dann in Teisnach? Gibt’s Neuwahlen, sollten Sie zur Landrätin gewählt werden?
Richtig. Der Amtsantritt des neuen Landrats ist der 1. Dezember. In Teisnach müssen dann innerhalb einer bestimmten Frist Neuwahlen stattfinden. In der Zwischenzeit übernimmt der Stellvertreter die Amtsgeschäfte.
Laufen hier bereits entsprechende Planungen – etwa bei der Suche eines potenziellen Nachfolge-Kandidaten?
Natürlich. Mein Teisnacher Fahrplan ist durch die Landratskandidatur etwas durcheinander geraten. Ich habe einen jungen, guten Kandidaten, den wir die nächsten Jahre über in aller Ruhe hätten aufbauen wollen. Es handelt sich um meinen Fraktionsvorsitzenden Daniel Graßl. Doch die Zeit hat er jetzt dann möglicherweise nicht mehr. Sollte ich gewählt werden, startet er natürlich mit der Unterstützung der amtierenden Landrätin in den Bürgermeister-Wahlkampf – was auch nicht die schlechteste Ausgangsposition wäre. Graßl ist nicht so impulsiv und temperamentvoll wie ich, sondern ein eher ruhigerer Mensch – was meiner Gemeinde vielleicht auch mal nicht schaden kann (schmunzelt). Er hat ein unheimlich gutes Gespür für Notwendigkeiten – er saugt alles in sich auf wie ein Schwamm und setzt die Dinge dann auch richtig um. Das fasziniert mich.
Mehrere Stimmen prognostizieren einen Zweikampf zwischen Ihnen und Stefan Ebner von der CSU. Wie sehen Sie das?
Genauso. Ich möchte die jetzige Situation mit der Landratswahl 1994 vergleichen, als es fünf Kandidaten gab: Heinz Wölfl und ich – sowie drei weitere Kandidaten, die miteinander nicht einmal zehn Prozent der Stimmen erhalten haben. Das Feld haben uns demnach Heinz Wölfl und ich aufgeteilt. Ich hatte knappe 40 Prozent erreicht, Heinz Wölfl die absolute Mehrheit. Ich denke, dass es dieses Mal ähnlich verlaufen wird.
Jens Schlüter ist im Landkreis sehr wenig bekannt – er wird die Stimmen der Grünen bekommen, mehr nicht. Ich denke, dass das Thema AfD bei einer Kommunalwahl wie dieser keine Rolle spielen wird – da liegt der Fokus eher auf den Personen. Ich müsste mich schon sehr verschätzen, wenn Schlüter und Müller mehr als zehn Prozent bekommen – und dann ist’s klar, worauf es hinausläuft. Einer von uns beiden, Ebner oder ich, erhält die absolute Mehrheit. Die Qual der Stichwahl würde uns somit erspart bleiben.
„Ich bin nicht Michael Adam senior – ich bin ein anderer Typ“
Und wenn Josefa Schmid noch eingreift?
(lacht) …interessante Frage. Sie hatte letztes Mal, als sie für den Landrat kandierte, um die acht Prozent bekommen. Wenn es also noch einen fünften Kandidaten gibt, könnte es am Ende doch zur Stichwahl kommen.
Ihr Hauptkontrahent Stefan Ebner scheint im angelaufenen Wahlkampf ja bereits sämtliche Geschütze aufzufahren. Wie sieht der Wahlkampf von Landratskandidatin Rita Röhrl aus?
Die Art, wie er Wahlkampf betreibt, wird bei uns aus mehreren Gründen nicht funktionieren. Zum einen verfügen wir nicht über die finanziellen Mittel, um einen vergleichbaren Wahlkampf aufzuziehen. Und ich werde jetzt sicher nicht die Unterbezirkskasse plündern, damit Rita Röhrl Landratswahlkampf mit einem Gesamtvolumen von 80.000 bis 90.000 Euro machen kann. Das geht einfach nicht.
Zum anderen ist Stefan Ebner beurlaubt, das heißt, er kann sich voll und ganz in den Wahlkampf hineinstürzen. Meine Arbeit als Bürgermeisterin geht hingegen weiter. Was ich zudem derzeit beobachte: Sämtliche bayerische CSU-Prominenz wird in den Landkreis Regen gehievt, weil Ebner dies sehr wichtig zu sein scheint. Das zeugt davon, dass die CSU alles versuchen wird, dieses Landratsamt zurückzuerobern. Mir ist das klar – deswegen werde ich mich auf so einen Wettkampf überhaupt nicht erst einlassen. Ich mache meine Werbemaßnahmen in einem vernünftigen Maß. Ich bin ohnehin viel draußen bei den Bürgern. Daran wird sich wenig ändern. Und dann sollen die Leute entscheiden.
Ist Michael Adam auch in Ihrem Wahlkampf-Team?
Nein. Ich habe ihn ganz bewusst nicht gefragt, ob er in mein Wahlkampf-Team geht. Wir telefonieren viel miteinander, wenn es um Hintergrundinfos zu bestimmten Sachthemen geht. Das läuft prima. Doch es geht jetzt um meinen Wahlkampf – und mir hat erst letztens wieder jemand gesagt: Du bist nicht Michael Adam senior. Ich bin ein anderer Typ, bin ein anderer Mensch. Ich werde auch andere Schwerpunkte haben als er.
Gibt’s bei Ihnen dann kein Schaulaufen von namhaften SPD’lern?
Doch, a bisserl Schaulaufen gibt’s bei mir auch. Andrea Nahles hat sich schon angekündigt. Katarina Barley kommt vielleicht auch noch. Ich habe aber ohnehin eine eigene Meinung, was dieses Schaulaufen der Polit-Prominenz anbelangt: Es geht doch darum, was ich mir für diesen Landkreis vorstelle – ich möchte ja gewählt werden. Was bringt es, wenn Hinz und Kunz, die keine Ahnung haben von diesem Landkreis, hier herumturnen und die gewohnten politischen Plattitüden von sich geben? Als Regionalpolitiker sonnst Du Dich dann in deren Licht – und das war’s. Das war noch nie so recht mein Ding. Selbstverständlich kann uns jeder besuchen kommen – aber ich bin nicht die, die täglich beim Schulz anruft und ihn anfleht: Bitte, komm!
„Das wird eine sportliche Leistung für den neuen Landrat“
Wie schätzen Sie die Chancen Ihres Mitkonkurrenten Johann Müller von der AfD ein?
Er ist ein völlig unbeschriebenes Blatt. Er ist völlig unbekannt, ist noch nie irgendwo politisch in Erscheinung getreten. Die Protestwähler, die AfD wählen, werden eventuell bei der Bundestagswahl nochmals in Erscheinung treten. Bei der Landratswahl hingegen wird es in erster Linie um die Person gehen. Wer ‚Ausländer raus‘ schreit, wird sein Kreuzerl sicherlich nicht bei Rita Röhrl machen, das halte ich für sehr unwahrscheinlich – und wäre mir auch nicht ganz recht.
Sollten Sie neue Landrätin des Landkreises Regen werden – wie lauten Ihre Ziele? Was möchten Sie anpacken?
Verschiedene Ziele wurden ja bereits in dieser Legislaturperiode durch den Kreistag vorgegeben – etwa was die Krankenhäuser, den Straßenbau oder die Gymnasiumserweiterung angeht. Diese Projekte werden finanzielle Mittel binden, die dem Landkreis sehr wohl weh tun. In den nächsten sechs Jahren werden mehr als 50 Millionen Euro investiert. Das muss irgendwie finanziert werden – entweder durch eine Erhöhung der Kreisumlage oder eine vermehrte Schuldenaufnahme. Das wird eine sportliche Leistung für den neuen Landrat, dies auf die Reihe zu bringen. Doch das war der Punkt, an dem ich gesagt habe: Ich trau mir das zu. Wir haben innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als 50 Millionen in unserer kleinen Gemeinde Teisnach investiert. Ich bin mit Vorhaben dieser Größenordnung vertraut und kann diese umsetzen. Ich weiß, was wo zu tun ist.
Wo sehen Sie Ihre Schwerpunkte?
Wo wir auf jeden Fall genauer hinschauen müssen, ist das Thema Bahn. Ich werde ja als eindeutiger Bahngegner in der Öffentlichkeit wahrgenommen (lacht). Das war meine Meinung – und ist sie immer noch: Die Sache ist problematisch. Nur: Die Entscheidung ist gefallen – so demokratisch wie nur irgend möglich, per Bürgerentscheid. Wir sollten jedoch nicht aus dem Auge verlieren, dass die Anliegergemeinden samt und sonders gegen die Reaktivierung der Bahn waren. Und dass die Entscheidung für die Reaktivierung im anderen Teil des Landkreises gefallen ist. Nun kommt es im Landkreis darauf an, die richtigen Maßnahmen zu treffen, um diesen zweifelsohne verärgerten Bevölkerungsteil zu befrieden. Meine Einschätzung ist folgende: Die Bahn wird bleiben. Ich halte es für sehr illusorisch, dass sie – auch wenn gewisse Zahlen nicht zu einhundert Prozent erreicht werden sollten – nach all den Investitionen wieder eingestampft wird. Und wenn sie bleibt, heißt das, dass wir endlich einmal mit den Verkehrsunternehmen von Straße und Schiene an einem Tisch reden müssen, um kombinierte Beförderungsmöglichkeiten zu erörtern, sprich: ein Kombi-Ticket muss her.
Wir hätten alle so viel weniger Ärger, wenn wir mit einem Kombi-Ticket sowohl Bus als auch Bahn nutzen könnten. Und ich frage mich: Wenn’s woanders geht – warum soll’s dann nicht auch bei uns gehen? Dieses gemeinsame Gespräch hat in dieser Deutlichkeit aus meiner Sicht bisher noch nicht stattgefunden.
Es wird auch um die technische Sicherung der bisher noch unbeschrankten Bahnübergänge gehen. Nicht nur das Teisnach-Tal ist genervt vom Warn-Gepfeife der Züge, weil eben keine Schranken da sind. Der Zug muss mindestens zweimal pro Bahnübergang ein Signal abgeben. Allein durch das Teisnach-Tal macht das 20 mal pfeifen – und zwar ab 4 Uhr morgens. Das ist nervig. Hier muss etwas passieren – und hier wird auch Geld in die Hand genommen werden müssen.
Ein weiteres wichtiges Thema: Wir müssen uns überlegen, was wir von Seiten des Landkreises in Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege, die die Altenheime betreuen, tun müssen, damit wir mehr Nachwuchskräfte für unsere Heimbewohner bekommen. Der Pflegenotstand ist absehbar. Man könnte hierbei überlegen, ob der Landkreis gemeinsam mit den Trägern nicht so eine Art Stipendium für Schulabgänger einführt, um für diese den Weg in die Pflegeausbildung zu erleichtern und attraktiver zu gestalten. Somit können wir ermöglichen, dass Auszubildende im Landkreis bleiben.
„Systematische Bestandsaufnahme bei der Infrastruktur nötig“
Welche weiteren Themenschwerpunkte haben Sie?
Es gibt folgendes Problem bei uns im Landkreis: Kommunale Hallenbäder wurden zugesperrt. Irgendwo muss aber der Schwimmunterricht für die Schüler stattfinden. Wir haben jetzt in Regen die faszinierende Situation, dass die örtliche Wasserwacht das Bad im ehemaligen Falter-Hotel in Poschetsried angemietet hat, dieses seit zwei Jahren ehrenamtlich betreut und unterhält – nur damit ein Schwimmunterricht stattfinden kann. Das ist Wahnsinn.
Dies ist einer der Gründe, warum ich vorschlage: Wir sollten über den Landkreis einmal ein Raster drüberlegen, um festzustellen, wo welche Einrichtungen für die Schulen gebraucht werden und wo welche touristischen Einrichtungen im Verbund im Landkreis genutzt werden können. Wir müssen eine systematische Bestandsaufnahme bei der Infrastruktur vornehmen.
Ich bezweifele etwa, dass es richtig war, sich als Landkreis in Bayerisch Eisenstein nicht am Erhalt eines sehr attraktiven Hallen-Wellenbads zu beteiligen. Das Bad wurde vor einigen Jahren abgerissen. Ein Hallen-Wellenbad vom Feinsten, mit einer grandiosen Förderung. Dass Eisenstein dies unmöglich aus eigener Kraft hatte halten können, hätte eigentlich jedem klar sein müssen. Es war aus heutiger Sicht ein Fehler, dass sich der Landkreis kein vernünftiges Konzept erdacht hatte, wie so eine Einrichtung gemeinsam gestemmt werden könnte. Das war eine riesige Verschwendung von Steuergeldern. Hier wurde ein touristisches Highlight einfach so fallen gelassen.
Was würden Sie anders machen als Ihr potenzieller Vorgänger Michael Adam?
Ich denke, ich bin etwas detailbesessener als er. Ich begnüge mich nie damit, dass mir jemand meiner Mitarbeiter etwas vorlegt und sagt: Das ist der Sachstand – und darüber müssen wir nun entscheiden. Ich will dies alles selbst nochmal aufdröseln, weil ich möglicherweise zu einer ganz anderen Einschätzung komme wie mein Mitarbeiter. Und ich kann mit meinem Mitarbeiter ja auch nur dann diskutieren, wenn ich im Detail über alles Bescheid weiß.
„Alter spielt für mich keine Rolle – für den Wähler evtl. schon“
Sind Sie ein sehr kontrollbewusster Mensch?
Ja, das stimmt. Auch im Privaten. Ich hoffe, das ist nicht zu negativ, aber ich bin ein sehr kontrollierter und disziplinierter Mensch. Ich überlasse nur sehr wenige Dinge dem Zufall. Demnach kommen sehr hinterfragende Zeiten auf die Mitarbeiter des Landratsamts zu, sollte ich gewählt werden.
Schlüter und Ebner vertreten eher die jüngere Kandidaten-Fraktion. Sie vertreten die ältere, erfahrenere. Inwiefern wird das Alter bei dieser Wahl eine Rolle spielen?
(überlegt) Ich tue mich etwas schwer mit einer Einschätzung, weil für mich das Alter generell keine Rolle spielt. Für mich ist immer nur entscheidend, was mir mein Gegenüber mitteilt. Da ist’s mir egal, ob dieser 18 oder 78 ist. Für den Wähler wird das Alter eventuell eine Rolle spielen müssen, weil ihm klar sein muss: Die Rita Röhrl kann nur sechs Jahre – dann ist’s vorbei. Doch ich fühl mich fit: Mein Herz ist gesund, die Nieren sind in Ordnung, die Zähne sind okay… (lacht).
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer
Asylrecht ist Menschenrecht, hat kürzlich unser Landrat gemeint. Das wäre auch für die Einheimischen nicht schlecht, um sich gegen die Willkür der staatlichen Gewalt wehren zu können.