Frauenau. Eigentlich hätte bereits zu Beginn dieses Jahres alles vorbei sein sollen. Im Mai 2015 hatte die Nachtmann-Gruppe, die zum österreichischen Glasunternehmen Riedel gehört, angekündigt, ihr Werk in Frauenau Anfang 2016 schließen zu wollen. Diese damals vollkommen überraschend verkündete Nachricht schockierte nicht nur die Menscher in der „Au“, sondern den gesamten Bayerischen Wald – ist doch die Glasproduktion seit einer halben Ewigkeit dort tief verwurzelt. Nach dem Aus der Werke in Spiegelau und Riedlhütte verschwindet nun also auch das letzte Überbleibsel der einstmals so stolzen Kristallglasfabrik Spiegelau GmbH von der Bildfläche. Trotz der angekündigten Schließung ist die Frauenauer Glashütte („Gistl“) jedoch immer noch in Betrieb – jüngst hatte die Nachtmann-Geschäftsführung gar mitgeteilt, dass dies bis zum Frühsommer 2018 der Fall sein soll.

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Ein „Schrecken ohne Ende“? Die Nachtmann-Geschäftsführung hat angekündigt, dass die Produktion in der Frauenauer Glasfabrik nun doch noch bis Frühsommer 2018 bestehen bleiben soll.

Ein Zeichen dafür, dass der Glaskonzern die Hilferufe aus dem Bayerischen Wald erhört hat? Dürfen die (übrig gebliebenen) Mitarbeiter des Frauenauer Werks darauf hoffen, dass ihre Arbeitsplätze nun doch erhalten bleiben? Hat die Politik die Nachtmann-Verantwortlichen dahingehend beeinflusst, dass sie ihre Entscheidung noch einmal überdenken bzw. revidieren? Diese drei Fragen lassen sich allesamt mit einem eindeutigen „Nein“ beantworten. Liegen doch die Gründe für den zeitlichen Aufschub des Betriebsendes – für alle klar ersichtlich – auf der Hand: Die Modernisierung und die damit verbundenen neuen Produktionsabläufe des Nachtmann-Werks in Weiden – die Oberpfälzer sollen künftig die Frauenauer Arbeit übernehmen – verzögern sich. Da das Glasunternehmen jedoch bis zum reibungslosen Einsatz der Weidener Produktionsstraße keinesfalls auf Umsatz und Gewinn verzichten will, müssen (dürfen? können?) nun eben die bereits geschassten und dem Beschäftigungsende „geweihten“ Arbeiter im Bayerischen Wald noch länger in Frauenau ran. Eine Quasi-Verlängerung der „Galgenfrist“.

Treibstoff ist die Hoffnung auf ein eventuelles Weiterbestehen

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Läuft die Produktion in Weiden wie gewünscht, wird Frauenau relativ schnell dasselbe Schicksal ereilen wie Riedlhütte und Spiegelau.

Auf die Menschen an sich wird dabei (einmal mehr) nur wenig Rücksicht genommen. Der Familienvater, der bereits seit Jahren in der Glashütte gearbeitet hat, steht weiterhin vor einer ungewissen Zukunft. Der Lehrling, der bald seinen Gesellenbrief entgegen nehmen darf, weiß nicht, wo er künftig seinen Beruf ausüben kann. „Ich bin nervlich angeschlagen“, gab Betriebsratsvorsitzender Roland Köck im Oktober 2015 gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n zu, nachdem endlich der Sozialplan ausgearbeitet worden war. Diese Worte machen deutlich, welche Stimmung im Werk herrschte (und vermutlich immer noch herrscht).

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Und nun das: Auf dem ohnehin arg geschundenen Rücken der Auerer Arbeiterschaft will der österreichische Glasgigant nun schlichtweg seine Zahlen „retten“. Treibstoff für das menschliche Kapital – der einzelne Beschäftigte ist in den Mühlen der Wirtschaft längst zur unpersönliche Nummer im System mutiert – stellt dabei die Hoffnung auf ein eventuelles Weiterbestehen der Frauenauer Glashütte (und somit des Arbeitsplatzes) dar, genährt durch das verzögerte Ende der Nachtmann-Geschäftsführung.

Empathie, Fairness und soziale Verantwortung sind nur Statisten

Die Verantwortlichen nutzen somit geschickt aus, was sie scheinbar selbst längst verloren haben: Gefühle der Mit-Menschlichkeit. Empathie, Fairness und soziale Verantwortung sind in Zeiten von ständigem Gieren nach Profitsteigerung längst zu (gar nicht mehr wahrgenommenen) Statisten verkommen. Das einzig „Soziale“ an der ganzen Sache sind die ersten beiden Silben des Wortes „Sozialplan“. Auch wenn die Wahrheit schmerzt, aber: Läuft die Produktion in Weiden wie gewünscht, wird Frauenau relativ schnell dasselbe Schicksal ereilen wie Riedlhütte und Spiegelau, die noch heute mit den Industrieruinen früherer Glas-Glanzzeiten zu kämpfen haben. Traurig, aber wahr…

Kommentar: Helmut Weigerstorfer

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