Adldorf. Wo „Graf Arco“ draufsteht, ist auch „Graf Arco“ drin. Die 1630 in Adldorf bei Eichendorf (Lkr. Dingolfing-Landau) gegründete Brauerei, die sich im Besitz der gräflichen Familie Arco-Valley befindet, verarbeitet größtenteils Rohstoffe, die in der familieneigenen Landwirtschaft hergestellt worden sind. Auch das „Adldorfer Mineralwasser“ wird vom mittelständischen Betrieb mit 120 Mitarbeitern produziert.
Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ sprechen Gesamtdirektor Georg Reichert (55) und Brauereidirektor Walter Edmaier (61) über die Entwicklung der Unternehmensgruppe, über die Werbeaktion „Mia san Bia“ – und über die „Modeerscheinung“ Craft Beer.
Herr Reichert, Herr Edmaier: Beschreiben Sie unseren Lesern bitte Ihren Betrieb.
Georg Reichert: Hinter dem Namen „Graf Arco“ steckt eine kleine Unternehmensgruppe, die sich im Privatbesitz des gräflichen Hauses Arco-Valley befindet. Wir bedienen insgesamt drei Geschäftsfelder. Zum einen die Land- und Forstwirtschaft, zum anderen die Getränkeherstellung. Dazu gehören die Brauerei „Graf Arco“ und der Mineralbrunnen „Adldorfer Mineralwasser“. Außerdem sind wir noch im Bereich der Immobilienverwaltung und – entwicklung tätig.
„In Niederbayern sind wir ein größerer Brauerei-Betrieb“
Am Getränkestandort in Adldorf haben wir 120 Mitarbeiter – während der Saison sind es zirka 150. Wir verstehen uns als mittelständischer Betrieb. Was Absatzzahlen betrifft, äußern wir uns grundsätzlich nicht. Nur so viel: In Niederbayern sind wir ein größerer Brauerei-Betrieb. In den vergangenen Jahren haben wir unseren Marktanteil beim Bier halten, bei den alkoholfreien Getränken stark steigern können.
Ursprünglich haben wir vier Braustätten betrieben – in Bad Birnbach, in Oberköllnbach, in Valley bei München und eben hier in Adldorf. Die auswärtigen Standorte haben wir nach und nach geschlossen und die Produktion komplett nach Adldorf verlagert. Zwischenzeitlich revitalisieren wir unserem Selbstverständnis folgend unsere Niederlassung in Valley wieder. Dort errichten wir die handwerkliche Brauerei ‚Schlossbrauerei Valley‘ mit rund 4.000 Hektoliter geplanter Jahresproduktion. Im kommenden Jahr soll es dort losgehen. Diese Entscheidung beruht vor allem auf marktstrategischen Überlegungen, im Speckgürtel von München aktiv zu werden.
Was hebt Graf Arco von anderen Brauereien ab?
Walter Edmaier: Ein Alleinstellungmerkmal innerhalb des Brauereiwesens zu haben ist gar nicht so einfach, das stimmt schon. Wir haben aber ein Konzept entwickelt, wonach wir einen erheblichen Anteil unserer Rohstoffe selber produzieren. Hier spielt unsere selbstbetriebene Landwirtschaft eine große Rolle. Natürlich kaufen wir einige Zutaten auch zu, dennoch haben wir einen genauen Überblick, was genau bei uns verarbeitet wird. Mit unseren Hopfenbauern stehen wir in ständigen Kontakt, um die Qualität sicher zu stellen.
„Nehmen uns Zeit, zu brauen – und lassen dem Bier Zeit, zu reifen“
Darüber hinaus sind wir Mitglied bei „SlowBrewing“, einer Gemeinschaft von Brauereien, die nach ganz bestimmten Regeln arbeitet. Wir nehmen uns Zeit, zu brauen – und lassen dem Bier auch Zeit, zu reifen. Wir verarbeiten ausschließlich Rohstoffe aus der Region nach traditionellem Brauverfahren und streng nach dem Bayerischen Reinheitsgebot.
Welche Vor- und Nachteile hat der Betriebsstandort im doch eher ländlichen Adldorf?
Walter Edmaier: Adldorf ist ein Teil von Eichendorf. Und Eichendorf ist eine flächenmäßig sehr große Gemeinde mit relativ vielen Einwohnern. Trotzdem ist die Gegend eher ländlich. Wir können uns auf eine intakte Natur verlassen. Unter anderem können wir auf zwei Brauwasserbrunnen zurückgreifen, die in angrenzenden Waldgebieten lokalisiert sind. Produktionstechnisch hat es viele Vorteile, in Adldorf zu sein. Wir haben einen Standort, der sich in der Nähe von Städten wie Plattling, Straubing oder Deggendorf befindet. Auch die Autobahn ist nicht weit entfernt. Nichtsdestotrotz sind wir etwas abseits gelegen – eine Anhäufung an Abnehmern wie bei einer Produktion in einer großen Stadt haben wir nicht. Wir bedienen deshalb einen größeren Radius, sind aber glücklich und stolz, dass unsere Brauerei ihre Heimat an diesem Standort hat.
Anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Reinheitsgebot“ ist ein Jubiläumssud gebraut worden. Was ist das Besonders an diesem Bier?
Georg Reichert: Zum eigentlichen Geburtstag des Reinheitsgebotes, am 23. April, haben wir einen Jubiläumssud gebraut, richtig. Die Bevölkerung hat live bei uns in der Brauerei zuschauen können, wie ein Biersud gemacht wird und welche fachliche Kompetenz dazu nötig ist – immerhin hat man ja nur vier Zutaten zur Verfügung. Da gibt es einige Herausforderungen zu meistern. Wir haben ein naturtrübes Kellerbier in Exportbier-Qualität gebraut.
„Für mich ist Craft Beer ein Modebegriff, der wieder verschwindet“
Wie hat sich die Produktpalette bei „Graf Arco“ innerhalb der vergangenen Jahrhunderte verändert?
Georg Reichert: Wir sind eine klassisch-bayerische Vollsortiments-Brauerei. Bedingt durch den Mineralbrunnen, den wir haben, bieten wir ein sehr breites Angebot an alkoholfreien Getränken und auch Bieren an. Dazu zählen eine Reihe von Sorten wie Helles, Weißbier, Pils, Festbier und das Birnbacher Schwarzbier.
Sind weitere innovative Bier-Ideen in Planung – Stichwort: Craft Beer?
Georg Reichert: Eigentlich sind doch gerade wir die Craft-Beer-Brauer. Dieser Begriff ist aus den USA zu uns gekommen. Und darauf können wir stolz sein. In Übersee hat es nur noch ein paar Großbrauereien gegeben – die Folge: eine langweilige Einheitsplörre. Deshalb haben Brau-Pioniere versucht, sich auf die Ursprünge des Bieres – natürlich unter Berücksichtigung des Reinheitsgebotes – zu konzentrieren. Das war auch ein großer Gewinn für uns. Denn so ist man auch in Bayern zu den eigenen Wurzeln zurückgekehrt. Obwohl man nur vier Rohstoffe verwenden darf, gibt es unzählige Möglichkeiten, ein Bier zu brauen. Für mich ist Craft Beer ein Modebegriff, der ziemlich schnell wieder verschwinden wird.
Walter Edmaier: Mit ein Grund, warum die Kleinbrauerei in der Nähe von München eröffnet wird, ist die Idee, spezielle Biere in kleinem Umfang herzustellen. Die Braukompetenz soll dadurch dem Kunden nahegebracht werden.
„Ehrlichkeit und Verlässlichkeit – das soll man mit uns verbinden“
„Mia san Bia“ – so lautet Ihre aktuelle Werbeaktion. Was wollen Sie damit aussagen?
Walter Edmaier: Wir wollen damit ausdrücken, dass wir Bier leben. Wir kümmern uns um den Gerstensaft, er soll uns und den Verbrauchern schmecken. Mit diesen plakativen Werbeaussagen wollen wir dies verdeutlichen. Wir haben uns bewusst für den Dialekt entschieden, weil wir Bayern sind – und gleichzeitig Bayern irgendwie für Bier steht. Kurz: Bayern ist Bier – und Bier sind wir.
Es ist auch von einer „fünfjährigen Technikoffensive“ die Rede. Was beinhaltet diese?
Walter Edmaier: Dabei geht es darum, unsere Brauerei, die ohnehin schon sehr modern ist, weiter auf den neuesten Stand zu bringen. Hier geht es nicht nur um die Technik bei den Brauvorgängen, sondern vor allem um Neuerungen, was Energieeffizienz und Nachhaltigkeit betrifft.
Welche Pläne verfolgen Sie in der Zukunft – expandieren oder auf „klein, aber fein“ setzen?
Georg Reichert: An dieser Stelle will ich einen kaufmännischen Spruch zitieren: Wir wollen die Ertragslage des Unternehmens so sichern, dass wir auch in Zukunft noch existieren können. Im Vordergrund steht nicht Mengenwachstum, sondern der Erhalt der Qualität. Wir streben keine Marktführerschaften an, sondern vielmehr die Zufriedenheit unserer Kunden. Ehrlichkeit und Verlässlichkeit – diese Dinge soll man mit uns verbinden.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen eine durstige Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer