Regen/Zwiesel. Dass die Holzmanufaktur Liebich GmbH einen intensivierten Blick gen Zukunft wirft, ist schon seit Längerem bekannt. So wird das Unternehmen für rund vier Millionen Euro ein neues Firmengelände in Zwiesel errichten. Wichtig ist der Betriebsleitung um Geschäftsführer Dr. Thomas Koy aber nicht nur die bauliche, sondern auch die personelle Nachhaltigkeit. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht Personalchefin Katrin Koy unter anderem über ihren einzigen Auszubildenden, einen Asylbewerber aus Sierra Leone, über das Handwerk an sich – und die Qualität der heutigen Schulabgänger.
„Ganz klar: Die männlichen Bewerber überwiegen“
Frau Koy: Beschreiben Sie unseren Lesern bitte kurz Ihren Betrieb.
Wir sind ein mittelständischer, holzverarbeitender Betrieb, der hochwertige Verpackungen aus heimischem, zertifiziertem Holz herstellt.
Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es in Ihrem Unternehmen?
Bei uns kann man Holzmechaniker werden.
Wie viele Azubis haben Sie derzeit?
Derzeit haben wir einen Auszubildenden.
Gibt es bei Ihnen eigentlich mehr männliche oder mehr weibliche Bewerber?
Ganz klar: Die männlichen Bewerber überwiegen.
„Unser jetziger Azubi, Kann Williams, kommt aus Sierra Leone“
Kommen die Bewerbungen ausschließlich aus der Region?
Nein, die Bewerber kommen nicht nur aus der Region. Unser jetziger Azubi beispielsweise stammt aus Sierra Leone – und ist ein Asylbewerber. Kann Williams heißt er und ist 27 Jahre alt.
Was denken Sie: Sind Handwerksberufe heute noch gefragt bei den jungen Leuten?
Wir bilden ausschließlich im Handwerk aus – das ist körperliche und keine staubfreie Arbeit. Viele Bewerber möchten im Büro oder im Bereich Informatik arbeiten. Holzberufe sind zurzeit nicht so gefragt, obwohl es eine interessante Ausbildung ist – mit vielen, spannenden Möglichkeiten im Anschluss. Im Vorfeld der Ausbildung zum Holzmechaniker muss ein Berufsgrundjahr in der Berufsschule Regen absolviert werden. Das ist für viele Jugendliche ein Problem, da sie für dieses Jahr keine Ausbildungsvergütung bekommen und sie so lieber Alternativausbildungen wie Schreiner oder Zimmerer – mit festen Verträgen ab dem ersten Azubijahr – vorziehen.
Was antworten Sie denjenigen Schulabgängern, die behaupten „Ein handwerklicher Beruf ist mir zu anstrengend“ – oder: „Damit kann ich kein Geld verdienen“?
Der Spruch ‚Handwerk hat goldenen Boden‘ ist so aktuell wie noch nie. Ein handwerklicher Beruf sollte immer Basis einer Erwerbsbiografie sein. Darauf lässt sich einfach aufbauen. Es gibt fast unbegrenzte Entwicklungsmöglichkeiten: Holzmechaniker können anschließend ihren Schreinermeister machen oder nach abgeschlossener Ausbildung zum Studium der Forstwirtschaft gehen – was bei uns vor zwei Jahren der Fall war. Auch ein Dr. Robert Hartel von Zwiesel Kristallglas oder ein Ernst Hinsken haben einen handwerklichen Beruf erlernt. Handwerker bekommen heutzutage ein viel höheres Entgelt als Verwaltungsberufe, Berufe im sozialen Bereich oder Pflegeberufe. In den nächsten Jahren werden Handwerker so begehrt und teuer wie noch nie sein, weil es einfach zu wenige geben wird. Viel zu viele Jugendliche machen Abitur und wollen studieren. In den nächsten Jahren wird es eine hohe Arbeitslosigkeit unter Akademikern geben, im Handwerk wird weiter Personal gesucht.
Wenn Sie in die Vergangenheit blicken: Was hat sich in Ihrer Branche in Sachen Ausbildung alles getan, was hat sich verändert?
Die letzten fünf Jahre hat sich viel verändert. Bei den Bewerbern sind wir zu viel mehr Kompromissen bereit. Im ersten Jahr wurden noch Assessments durchgeführt, Mathematik und räumliches Verständnis geprüft. Das tun wir jetzt nicht mehr. Schulische Leistungen stellen wir in den Hintergrund – der Wille zum Lernen und Arbeiten, die Motivation und Zuverlässigkeit sind uns wichtiger.
„Jetzt ist ein Azubi ein voll integriertes Mitglied“
Sind die Anforderungen an die Azubis gestiegen?
Ja, schon. Früher war es so, dass der Lehrling für alle Beteiligten des Betriebes das letzte Rad war. Er musste die Reinigung übernehmen, Zuarbeiten erledigen, Frühstück holen, einfach ’niedrige Arbeiten‘ leisten. Nicht umsonst hieß er ja ‚der Stift‘. Jetzt ist es so, dass ein Azubi ein voll integriertes Mitglied in einem Team ist – mit gleichen Rechten und Pflichten, er unter anderem auch am monatlichen Bonus-System der Prämierung in der Manufaktur automatisch teilnimmt.
Was sollte aktuell an der Ausbildungssituation verbessert werden?
Ich wünschte mir, dass das Berufsgrundjahr in seiner jetzigen Form abgeschafft wird. Dass die Berufsschule in Regen wieder Holzberufe ausbildet und die Auszubildenden nicht mehr nach Deggendorf und Waldkirchen fahren müssen.
Hat es der Bayerische Wald in Bezug auf Ihr Handwerk schwerer als anderswo in Deutschland?
Im Gegenteil. Holzver- und bearbeitung sind hier stark verankert und traditionell. In keiner Region gibt es so viele Sägewerke, Schreinereien, Zimmereibetriebe und andere holzverarbeitende Betriebe wie im Bayerischen Wald, wo der Grundrohstoff gleich nebenan wächst. Der Landkreis Regen als waldreichster Landkreis Deutschlands, der Bayerische Wald mit dem Böhmerwald als größtes zusammenhängende Waldgebiet Mitteleuropas verbinden hervorragend Tradition mit Moderne, den Werkstoff Holz mit seinen entsprechenden Ausbildungsberufen.
Werden die Schüler in unseren Breitengraden heutzutage eigentlich gut genug auf die Berufswelt vorbereitet?
Die Schüler werden in den Sonder-, Mittel- und Realschulen sehr gut auf die Berufswelt vorbereitet. Während der Schulzeit finden Berufstage, Berufsfindungspraktika, praktische Erprobungen und vieles mehr statt. Die Betriebe der Region unterstützen die Schulen bei Messen, praktischen Bewerbungstrainings, Betriebsbesichtigungen und vielen anderen Veranstaltungen.
„Es gibt ein Überangebot an Ausbildungsplätzen“
Wie ist es um die soziale Kompetenz der heutigen Azubis/Bewerber bestellt?
Im Bayerischen Wald haben die Bewerber durchschnittlich eine höhere soziale Kompetenz als zum Beispiel in Ballungszentren. Das zeigt sich nicht nur im Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten. Die Motivation, Teamorientierung, Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein sind stärker ausgeprägt.
Was sollte ein Schüler mitbringen, der eine Ausbildung bei der Holzmanufaktur Liebich beginnen möchte?
Interesse am Beruf und Zuverlässigkeit.
An welchen Stellschrauben muss gedreht werden, damit im Bayerwald die Ausbildungschancen wieder steigen?
Die Ausbildungschancen sind sehr hoch. In kaum einem Betrieb sind alle angebotenen Ausbildungsplätze belegt worden. Es gibt ein Überangebot an Ausbildungsplätzen. Sicher kann nicht jeder Schüler seinen Traumberuf erlernen. Aber die Chance ist zurzeit so hoch wie nie zu vor.
Vielen Dank für das Interview!
Interview: Helmut Weigerstorfer
Irgendwann wird wohl auch der letzte kapieren, dass die sogenannte „gebildete“ Elite samt ihrer elitären Arroganz in Wirklichkeit gar keine ist.
Zu wissen, wie man einen Schraubenzieher richtig in den Händen hält, war schon immer mehr Wert als das „Können“, das Volumen der Sonne zu berechnen.
Die wahren Gebildeten sind und waren schon immer die Handwerker und nicht der Wasserkopf, der in den Büros der Verwaltungsgebäude sitzt und dort nur unnötig Kosten verursacht.
Hoch lebe das Handwerk, denn wir schaffen wirklich was und philosophieren nicht nur darüber!
Sigi, hast recht. Das beste Beispiel, die derzeitige Regierung und alle die es sooo gut meinen und was kommt dabei raus?