München/Freyung. Ja, der Mann hat was zu erzählen, das steht fest. Axel Hacke – preisgekrönter Schriftsteller und Journalist, bekannt geworden als Sport- und Politkreporter sowie „Streiflicht“-Autor der Süddeutschen Zeitung, für deren Magazin er unter dem Titel „Das Beste aus aller Welt„ seit Jahren eine viel gelesene Alltagskolumne schreibt. Der 1956 in Braunschweig geborene und heute in München lebende Hacke ist Vater von vier Kindern und ein großer Familienmensch, wie er im Hog’n-Interview verrät. Der 58-Jährige, der an den deutschen Qualitätsjournalismus glaubt, war noch nie im Bayerischen Wald – glaubt er zumindest. Und wer Weltmeister wird, steht sowieso in den Sternen…
„Der Journalismus hat sich von Grund auf verändert“
Herr Hacke: Auf was dürfensich die Besucher bei Ihren Lesungen freuen?
Bei meinen Lesungen ist immer alles dabei, was ich bereits geschrieben habe. Grundsätzlich geht es dabei sehr lustig zu. Das heißt: Ich lese aus meinen Kolumnen der Reihe ‚Das Beste aus meinem Leben‘ vor, aus meinem Buch ‚Der weiße Neger Wumbaba‘, in dem es um missverstandene Liedtexte geht; dann lese ich aus ‚Oberst von Huhn bittet zu Tisch‘, das von witzig-falschen Übersetzungen von Speisekarten handelt; und ich lese natürlich auch aus meinem neuesten Buch mit dem Titel ‚Fußball-Gefühle‘ – ein Buch über den Fußball-Wahnsinn und alle Gefühle, die damit zusammenhängen.
Sie waren ja auch als Sportreporter aktiv, deshalb gleich die Fußball-Frage: Wer wird in diesem Jahr Weltmeister? Die Deutschen?
Offen gesagt: Ich hab keine Ahnung. Bei den Deutschen bin ich – wie die meisten – ziemlich skeptisch im Augenblick, weil es so viele Verletzte gibt und weil man das Gefühl hat, der Jogi Löw rückt da eher in ein Krankenlager als ins Trainingslager ein. Andererseits ist das natürlich oft so bei deutschen Mannschaften vor einer WM gewesen – und häufig ist dann daraus doch etwas ganz Gutes entstanden. Die Favoritenrollen sind klar verteilt: Spanien, Brasilien, Italien.
Sie sind ja ein erfahrener Journalist und Publizist. Was sagen Sie zum heutigen Journalismus? Was hat sich verändert? Wohin geht die Reise?
Der Journalismus hat sich natürlich von Grund auf verändert – schon alleine deshalb, weil wir’s mit völlig neuen Medien zu tun haben. Das heißt: Wir arbeiten völlig anders – und wir lesen auch völlig anders. Es gibt einen großen Unterschied bei den Arbeitsbedingungen der Journalisten, das geht heut alles viel schneller, alles passiert unter viel größerem Druck; und bei den Lesern ist es so, dass sie eine ganz andere Vielfalt von Medien vor sich haben – und sich das generationsspezifisch sehr unterschiedlich auswirkt. Ich bin nach wie vor ein großer Zeitungsleser. Meine Kinder hingegen lesen fast überhaupt keine Zeitung mehr, sondern lesen im Internet.
Grundsätzlich finde ich aber: Der größte Fehler, der im Journalismus heute gemacht wird, ist sich selber schlecht zu reden. Insbesondere in der Zeitungsbranche. Wir haben nach wie vor eine unheimlich hohe Qualität des Journalismus, gerade in den großen, überregionalen Medien. Darüber sollte man reden, über das Positive – und nicht nur darüber, dass die Zeitungen dem Untergang geweiht sind.
„Sie sollen das machen, was ihr Ding ist, was sie lieben“
Glauben Sie, dass die Zeitungsverlage insgesamt alle zu sehr jammern?
Allen Zeitungen geht es längst nicht mehr so gut wie es ihnen mal gegangen ist – und da gibt’s natürlich Gründe zu klagen. Nur: Jammern ist immer schlecht. Wenn die Öffentlichkeit den Eindruck bekommt, dass es sich um eine Branche von Leuten handelt, die immer nur klagt anstatt in die Zukunft zu schauen und die Dinge anzupacken, dann hat das keine guten Auswirkungen… weil die Leute das Jammern nicht so gerne mögen.
War denn früher alles besser im Journalismus?
Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: Es war vieles schlechter. Ich finde es großartig, welche Möglichkeiten wir heute haben. Wenn ich meine Kolumne für das SZ-Magazin schreibe, die jeden Freitag erscheint, dann habe ich heute die Möglichkeit, diese von überall in der Welt zu schreiben. Dazu muss ich nicht in München sein, dazu muss ich in keiner Redaktion sein. Ich kann von meinem kleinen Haus in Italien aus schreiben, in irgendeinem Hotel während einer meiner Lesereisen, im Zug – von überall. Und ich auch von überall Zugriff auf Informationsquellen, auf Archive usw. Das ist eine unglaubliche Bereicherung, die hier stattgefunden hat. Wenn ich an die alten Zeiten denke, in denen ich als Sportrepoter mit kalten Fingern auf der Tribüne saß und auf meine Schreibmaschine eingehackt habe, um den Text anschließend per Telefon einem Stenografen zu diktieren – also dahin möchte ich wirklich nicht zurück.
Würden Sie es den jungen Leuten heute empfehlen, Journalist zu werden?
Mit den Empfehlungen ist das so: Wenn meine Kinder mit mir besprechen, was sie einmal werden sollen, dann sage ich ihnen immer, sie sollen ihren Leidenschaften folgen. Das heißt: Sie sollen das machen, was ihr Ding ist, was sie lieben, was ihnen wichtig ist. Wenn sie das tun, dann werden sie sich auch durchsetzen. Aber wenn man mit halbem Herzen und aus Kalkül irgendeinen Beruf ergreift, nur weil man denkt, der hat gute Zukunftsaussichten, dann wird das bedeutend schwieriger… Insofern: Wenn jemand die Leidenschaft hat, Journalist zu werden, dann soll er das unbedingt tun – und nicht denken: Bei Wirtschaftsingenieuren sind die Berufsaussichten besser und ich quäle mich jetzt durch ein Studium, das ich eigentlich nicht mag und später durch ein Leben, das ich so nicht wollte.
„Ein guter Vater ist jemand, der seinen Kindern zugewandt ist“
Sie haben viele Kolumnen, Reportagen, Portraits geschrieben. Was war ihre beste/schönste/emotionalste Geschichte, an die Sie sich gerne erinnern?
Mit die schönste Zeit, die ich in dem Beruf je hatte, war meine Anfangszeit als Sportreporter bei der Süddeutschen Zeitung. Das war etwas, das ich eigentlich gar nicht so unbedingt wollte. Ich wollte eigentlich politischer Reporter werden, das war mein Ziel. Doch der einzige Job, den ich kriegen konnte, war der eines Sportreporters bei der SZ. Das habe ich vier Jahre lang gemacht – und zu meiner Überraschung war das eine großartige Zeit, in der ich wahnsinnig viel Spaß hatte und in der ich sehr viel gelernt habe. Was mir gezeigt hat, dass man seine Ziele im Leben schon im Auge behalten muss, aber auch dafür bereit sein, sich vom Leben überraschen zu lassen und Dinge auch mal spontaner zu machen.
Und hat es dann schlussendlich noch geklappt mit dem politischen Reporter?
Ja, ich bin dann 1985 bei der SZ in die politische Redaktion gewechselt und war dann 15 Jahre lange politischer Reporter bei der Süddeutschen. Da waren auch tolle Jahre dabei, keine Frage. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Zeit der Wende, als ich zwei Jahre lange ständig irgendwo in der DDR bzw. den neuen Bundesländern unterwegs gewesen bin. Ich habe damals in der Zeit unheimlich viel erlebt.
Sie haben ja viele Bücher zum Thema Erziehung verfasst, sind selbst Vater von vier Kindern. Wie schwer ist es denn heutzutage ein guter Vater zu sein?
Ein guter Vater ist jemand, der seinen Kindern zugewandt ist, der sich für sie interessiert, sich mit ihnen beschäftigt. Der aber auch nie vergisst, dass er nicht der beste Freund seiner Kinder ist, sondern deren Vater. Das heißt, dass er ihnen auch Orientierung im Leben geben muss, ihnen auch mal sagen muss, wo’s langgeht; dass er durchaus auch bereit ist, eine Autorität für seine Kinder zu sein, aber dass er andererseits auch fähig ist, sich von seinen Kindern auch mal mitnehmen und überraschen zu lassen – und nicht immer auf irgendwelchen Positionen beharrt, sondern in der Lage ist sich mit den Kindern das Leben auch nochmal neu zu erarbeiten. Das ist wichtig.
„Das Beste in meinem Leben ist meine Familie“
Große Bekanntheit haben Sie mit Ihrer Rubrik „Das Beste aus meinem Leben“ erlangt, die ja regelmäßig im SZ-Magazin erscheint. Was war denn bisher so das Beste in Ihrem Leben?
Das Beste in meinem Leben ist schon seit vielen Jahren meine Familie. Ich hatte und hab‘ immer noch wahnsinnig viel Erfolg in meinem Beruf – doch das worauf ich am meisten stolz bin, sind meine vier Kinder, wie sie sich entwickelt haben und wie sich meine Frau und ich gemeinsam für sie eingesetzt haben. Jeden Tag erfreue ich mich am allermeisten daran, wenn ich sehe, wie es meinen Kindern geht.
Abschließende Frage: Waren Sie denn schon mal im Bayerischen Wald zu Gast?
(zögert) … öhm, ehrlich gesagt: Ich glaube nicht… ich kann mich nicht erinnern… aber das Schöne an diesen Lesereisen ist es ja, dass man eben dadurch in diese Orte kommt. Im Rahmen von Lesereisen hab ich eigentlich schon ganz Deutschland kennengelernt – mit Ausnahme des Bayerischen Waldes (lacht).
Vielen Dank für das Interview, Herr Hacke.
Interview: Stephan Hörhammer